Künstlertreffen
Atelier unter freiem Himmel
Schwedt / Lesedauer: 3 min

Eva-Martina Weyer
Der wohl härtesten Materie haben sich sieben Künstler in Schwedt verschrieben. Ihr Atelier ist ein Platz unter freiem Himmel. Der Gegenstand ihres Tuns ist tonnenschwer: Findlinge. Sechs Männer und eine Frau sind Teilnehmer eines Bildhauertreffens.
Das einzigartige Symposium „Glaziale Brandenburg“ findet zum ersten Mal in Schwedt statt. Dabei werden Findlinge aus der Uckermark von Bildhauern aus den Niederlanden, Japan, Australien und Deutschland bearbeitet. Bis zum 30. September wollen sie die Kolosse auf dem Platz bezwingen, ihnen eine neue Gestalt geben und Denkanstößiges schaffen.
Was bedeutet Glaziale?
Das Wort Glaziale kommt von Gletscher und meint die Eiszeit, die die Findlinge von Skandinavien bis nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg geschoben hat. Dieses harte Gestein zu bearbeiten, das ist eine echte Herausforderung. Am Ende entstehen sieben Großskulpturen, die in der Stadt ihren Platz erhalten.
Schon zur Eröffnung des Bildhauertreffens waren viele neugierige Einwohner gekommen. So etwas wie Steinbezwinger, die sich mit Köpfchen, Körper- und Maschinenkraft den harten Riesen widmen, hat man hier noch nicht gesehen. Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe wandte sich an die Bildhauer: „Die Schwierigkeit besteht ja darin, dass Sie als Künstler zwar die Art des Gesteins sehen. Aber es birgt sicher beim Bearbeiten so manche Überraschung.“
Schwere Werkzeuge
Dass sie den Teilnehmern eine unfallfreie Zeit wünschte, ist kein Wunder. Gehören doch Hammer und Meißel sowie diverse Kaliber von Trennjägern zu ihren Werkzeugen. Stein splittert und staubt. Mancher Künstler arbeitet wie Antone Bruinsma aus Australien in voller Schutzmontur in Stiefeln, dicker Hose, Schürze und mit Handschuh.
„In Australien haben wir keine Eiszeit gehabt und deshalb auch keine Findlinge. Aber wir haben solche Steine trotzdem in Australien, weil wir viele Vulkane haben“, sagt er und lobt die Organisation. Es sei eine wunderbare Erfahrung, in einer Gruppe zusammenzuarbeiten. Diskussionen untereinander seien ein wichtiger Teil dieses Treffens.
Initiator aus Schönermark
Initiator ist der in Schönermark lebende Künstler Jörg Steinert. Er ist froh, dass er mit seinem Ansinnen, die „Glaziale“ durchzuführen, in Schwedt auf so viel Gastfreundschaft gestoßen ist. Erst vor wenigen Tagen sei er mit seinen Bildhauerkollegen in der Nähe von Penkun gewesen und habe sich die Steine angesehen. Nun lägen einige davon mitten in Schwedt zum Bearbeiten.
„Die größte Schwierigkeit war es, dass die Bildhauerkollegen international erfahren sein müssen. Sie müssen solche Tonnen wie hier bewältigen können und aus den sehr anspruchsvollen Hartgesteinen — den Findlingen — innerhalb des engen Zeitrahmens eine großformatige Skulptur fertigstellen“, erläuterte Jörg Steinert.
Riese von fünf Tonnen
Er selbst bearbeitet einen Riesen von fünf Tonnen und will aus ihm eine „Europa“ machen. Seine Bildhauerkollegin Karin van Ommeren aus den Niederlanden wagt sich gar an einen Neuntonner heran. Einen Stein von dieser Größe bearbeitet sie zum ersten Mal und hat Respekt davor.
„Wir machen hier Öffentlichkeitsarbeit für die Region und ganz nebenbei noch Kunst“, sagt Jörg Steinert, der von der Insel Rügen stammt und sich längst in der Uckermark zuhause fühlt. Werke von ihm stehen beispielsweise in Schwedt, Prenzlau und Angermünde.
Einfach vorbeikommen
Die riesige Open-Air-Werkstatt auf der Schwedter Festwiese an der Flemsdorfer Straße soll Einwohner, Kunst und Tourismus zusammenbringen. Einfach vorbeikommen, zugucken und Fragen stellen, das ist ausdrücklich erwünscht.
Am 16. September wird Bergfest gefeiert. Am 30. September um 10 Uhr sind alle Interessenten zum Abschluss des Symposiums auf die Festwiese eingeladen.