Landbäckerei Schmölln
Bäcker verzweifelt: Niemand will unser Verkaufsmobil fahren
Schmölln / Lesedauer: 3 min

Claudia Marsal
„Vorübergehend nur noch bis 16 Uhr geöffnet” – Wer nach Feierabend bei Bäcker Börner in Schmölln noch schnell Kuchen und Brot holen will, hat zurzeit schlechte Karten. Wenn Viola Lüdtke, die Urenkelin von Firmengründer Eduard Börners, zufällig noch im Laden ist und sauber macht, schließt sie selbstverständlich auf: „Aber wir mussten die Öffnungszeiten verkürzen, weil uns Personal fehlt.”
++ Bäcker bleibt auf Ware sitzen ++
Krankheitsbedingte Ausfälle hätten zu einer Ausnahmesituation geführt, berichtet die Chefin. Das betrifft nicht nur das Ladengeschäft. In ihrer Not mussten die Lüdtkes jetzt sogar die Landtouren mit dem Verkaufsfahrzeug canceln.
Mobil steht still
„Das tut uns besonders leid, schließlich haben wir damit an fünf Tagen die Woche die Dörfer in der Umgebung versorgt. Wir fahren in der Regel sogar die entlegensten Orte an und sind dort vor allem für alte Menschen häufig der einzige Kontakt in der Woche“, resümiert Viola Lüdtke. Doch das Bäckermobil steht momentan leider still. Man kann sich vorstellen, wie groß das Dilemma ist, in dem die Betreiber derzeit stecken. „Das Geschäft in Schmölln ist auch wichtig. Hier können wir die Kunden doch nicht verprellen. Aber es kann sich niemand zerreißen.” Neueinstellungen wären die Lösung, ist den Schmöllnern bewusst: „Doch wir finden partout keine Leute.”
Niemand will früh aufstehen
Ihr Sohn Alexander, der das 124 Jahre alte Familienunternehmen vor ein paar Jahren von Opa Horst Börner als Meister übernommen hat, könne in der Bachstube noch so gute Arbeit leisten, „wenn vorne niemand steht und verkauft, sehen wir alt aus”, wirbt seine Mutter um Verständnis. Doch all ihr Bemühen, die Belegschaft aufzustocken, seien bislang gescheitert: „Es findet sich partout niemand, der so früh aufstehen, mit in der Backstube stehen oder Ware verkaufen will.” Denn das sei harte Arbeit.
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Das Sortiment der beliebten Landbäckerei ist seit Jahrzehnten riesengroß, und die Qualität hat sich über die Kreisgrenzen hinaus herumgesprochen. Ein Großteil der Kunden kommt nach wie vor aus dem angrenzenden Mecklenburg-Vorpommern.
Feste fehlen
Die Coronakrise hat die Lage zwar nicht einfacher gemacht, denn sie bescherte den Inhabern zusätzliche Kosten. Die Lüdtkes mussten zum Schutz von Mitarbeitern und Kunden beispielsweise Plexiglasscheiben im Verkaufsraum montieren lassen. Zudem weisen Schilder darauf hin, dass jeweils nur ein Kunde eintreten darf und Abstände zu wahren sind. Aktuell halten weniger Autos an, es ist zu merken, dass viele Menschen bewusst zu Hause bleiben, um die Kontaktbeschränkungen umzusetzen. Und es fehlen natürlich die großen Feiern und noch größeren Dorf- und Firmenfeste, bei denen sonst um diese Zeit immer Dutzende Torten, Blechkuchen und vieles mehr über den Ladentisch gingen. Oder auch das Brot, das nach alten Rezepten, mit besten Zutaten und vor allem ständig neuen Ideen des jungen Bäckermeisters gebacken wird.
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