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Photovoltaik

Hier dürfen Bürger zum Thema Solar mitreden

Nordwestuckermark / Lesedauer: 3 min

Nach mehreren Workshop wurde nun ein Kriterienkatalog an die Gemeindevertretung übergeben. Dieses beinhaltet etliche Forderungen, wie die Größe einzelner PV–Anlagen und die Definition der Bodenwerte.
Veröffentlicht:28.06.2023, 15:36

Von:
  • Matthias Bruck
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Unterschiedlicher kann eine Herangehensweise nicht sein: Obwohl beide Gemeinden direkt aneinander grenzen, gestaltet sich der Umgang mit dem Thema Photovoltaik–Anlagen in den Gemeinden Boitzenburger Land und Nordwest–Uckermark höchst unterschiedlich. Während im Boitzenburger Land bereits riesige Investitionen in Photovoltaik–Anlagen (PV–Anlagen) auf Ackerflächen getätigt worden waren, was zu erheblichem Widerstand bei einigen Bürgerinitiativen und einem bevorstehenden Rechtsstreit führte, galt in Nordwestuckermark bislang ein Moratorium: Keine PV–Anlagen auf Ackerflächen! Anfragen diverser Investoren ließ Bürgermeister Roland Klatt auf der Grundlage dieses Beschlusses bislang ins Leere laufen.

Breite Bürgerbeteiligung

Und während die Gemeinde Boitzenburger Land ganz offensichtlich die Aktivitäten der Bürgerinitiativen zu behindern versuchte (so war erst jüngst einer Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative in letzter Minute die Genehmigung entzogen worden, auf öffentlichem Raum zusammenzukommen), war in der Gemeinde Nordwestuckermark ein Prozedere gestartet worden, der eine breite Bürgerbeteiligung in Sachen Photovoltaik absichern sollte. „Uns war klar, dass der Photovoltaik–Boom auch an uns nicht vorbeigehen würde“, berichtet Katja Neels vom Dörfernetzwerk Nordwestuckermark. „Und so haben wir eine Bürgerbeteiligung gestartet mit dem Ziel, einen Katalog mit Richtlinien für künftige Investitionen in PV–Anlagen zu entwickeln.“

Unterschriften gesammelt

Das ganze Verfahren folgte streng demokratischen Regeln. Zunächst sammelten die Aktiven vom Dörfernetzwerk Unterschriften, um einen Einwohnerantrag für den Start der Bürgerbeteiligung in der Gemeindeversammlung stellen zu können. Laut Kommunalverfassung müssen mindestens fünf Prozent der wahlberechtigten Einwohner einer Gemeinde ihre Unterschrift leisten, um einen solchen Antrag in die Gemeindeversammlung einbringen zu können. Binnen weniger Tage unterschrieben an die zehn Prozent. „Ein Zeichen für uns, wie sehr dieses Thema die Leute umtreibt“, erklärt Normen Hagel vom Dörfernetzwerk.

Workshops

Es folgten mehrere Workshops in verschiedenen Dörfern der Gemeinde, auf denen die Bürger über das Thema Photovoltaik diskutierten. „Und am Ende dieses Prozesses haben wir einen ganzen Kriterienkatalog entwickelt, wie mit dem Thema PV–Anlagen in unserer Gemeinde umgegangen werden sollte“, berichtet Normen Hagel.

In diesem Katalog, der am Dienstagabend in Wilhelmshof der Gemeindevertretung übergeben wurde, finden sich etliche Forderungen, wie sie auch anderswo — bislang vergeblich — von Bürgerinitiativen erhoben worden. So sollten einzelne PV–Anlagen nicht größer als zehn Hektar sein. Bei Investitionen in PV–Anlagen sollten versiegelte Flächen oder Konversionsflächen beziehungsweise Flächen entlang von Radwegen und Gemeindestraßen Vorrang vor Ackerflächen haben. Auch sollten Bodenpunktwerte definiert werden, ab denen keine PV–Anlagen auf dem Acker gebaut werden dürfen, um wertvolle Ackerflächen für die Landwirtschaft zu erhalten. Abstandsregelungen zur Wohnbebauung werden definiert. Und auch der bereits angefragte Bau von schwimmenden PV–Anlagen auf den Seen solle ausgeschlossen werden.

Kriterien sind noch nicht rechtsverbindlich

Diese Kriterien sind freilich noch nicht rechtsverbindlich für die Gemeinde Nordwestuckermark. „Wir werden sie jetzt fachlich und rechtlich prüfen lassen“, kündigte Bürgermeister Roland Klatt an. „Dann wird die Gemeindevertretung im Herbst über die Kriterien entscheiden. Und dann ist der Beschluss bindend“, erläuterte er. Inwieweit die jetzt vom Dörfernetzwerk aufgestellten Kriterien noch geändert, verschärft oder doch noch aufgeweicht werden, könne jetzt noch niemand sagen. „Wir gehen aber davon aus, dass sie auf jeden Fall Berücksichtigung finden“, erklärte Katja Neels. Schließlich spiegelten sie die Interessenlagen vieler Bürger der Gemeinde wider. In dem Kriterienkatalog, der nun der Gemeinde vorliegt, heißt es dazu: Es werde „als erforderlich angesehen, eine Vereinbarkeit zu erzielen, die die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt und deren Anliegen als handlungsleitend ansieht.“ Das bedeute, „dass der Ausbau der erneuerbaren Energien maßvoll, mit Respekt für die Bedürfnisse der Anwohner und den Erhalt der Lebensqualität in der Region vollzogen wird. Die erarbeiteten Bürgerkriterien möchten dies sicherstellen.“