Stadtverordnetenversammlung
Prenzlauer Abgeordnete stimmen gegen Flüchtlingsheim
Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Nach der umstrittenen Entscheidung des Uckermark–Kreistages, in Prenzlau ein neues Aufnahme– und Verteilzentrum für Flüchtlinge zu errichten, hat der Prenzlauer Bürgermeister Hendrik Sommer (parteilos) die Kreisverwaltung und den Kreistag mit massiver Kritik überzogen. Die Uckermark–Landrätin Karina Dörk (CDU) wolle offenbar die Meinungsfreiheit verbieten, sagte er am Donnerstagabend auf der Prenzlauer Stadtverordnetenversammlung. Dem Landkreis bescheinigte er ein Verwaltungshandeln, „das mich an tiefste DDR–Zeit erinnert“, so Sommer. Hintergrund dieser Kritik ist offenbar eine Ankündigung, die Landrätin wolle einen zur Abstimmung stehenden Beschluss der SVV beanstanden, in dem sich die Prenzlauer Stadtverordneten gegen den Bau des Flüchtlingszentrums aussprechen. „Dieser Beschluss ist nichts anderes als eine politische Meinungsäußerung unseres Gremiums. Ihn zu beanstanden, heißt, uns unsere Meinung verbieten zu wollen“, sagte er. Am meisten in Rage brachte ihn, dass der Kreistag ihm auf dessen Sondersitzung am Dienstag zunächst das Rederecht verbieten wollte. Sommer, der in der Einwohnerfragestunde des Kreistages Stellung zu dem geplanten Zentrum nehmen wollte, sei durch den Büroleiter der Landrätin Jörg Brämer mitgeteilt worden, er dürfe nicht sprechen, weil er Bürgermeister sei. „Ich habe Herrn Brämer gesagt, ich wohne in Prenzlau, und hätte noch nie davon gehört, dass Prenzlau nicht in der Uckermark liegt. Also bin ich ein Einwohner der Uckermark“, sagte Sommer. Letztendlich wurde ihm das Rederecht dann doch erteilt.
Unter der Gürtellinie
Die Sondersitzung des Kreistages, deren Zeuge er gewesen sei, sei nicht in der inhaltlichen Auseinandersetzung, sondern in der Form, in der diese geführt wurde, katastrophal verlaufen. Einen derartigen Umgang, der teilweise unter der Gürtellinie verlief, sei er von der Prenzlauer Stadtverordnetenversammlung nicht gewohnt, sagte Sommer. Er danke den Stadtverordneten für den respektvollen Umgang, die sie pflegen. „Ich weiß jetzt, warum die Landrätin sich so vehement dagegen wehrt, dass die Kreistagssitzungen live im Internet übertragen werden. Diese Veranstaltung wäre einfach nicht sendbar gewesen. Das Bild, das nach außen getragen worden wäre, wäre eine Katastrophe“, bekräftigte der Prenzlauer Bürgermeister.
Kritik an der Zusammenarbeit
Kritik grundsätzlicher Art äußerte er an der Art der Zusammenarbeit zwischen der Stadt- und der Kreisverwaltung. Die Drucksache für die Einrichtung des Flüchtlingszentrums habe er nicht von der Kreisverwaltung, sondern vom Uckermark Kurier geschickt bekommen mit der Bitte um Stellungnahme. Das sei kein Umgang in dem bislang sehr guten Verhältnis mit der Landrätin. Auch habe er erfahren, dass die Verkaufsverhandlungen für das Gebäude lange begonnen hatten und auch schon unter Dach und Fach gewesen seien, ehe der Kreistag davon überhaupt Kenntnis erlangt habe. Vorschläge der Stadt Prenzlau, leerstehende Wohnungen anzumieten, um dort Flüchtlinge aufzunehmen, habe der Landkreis stets ins Leere laufen lassen. Dabei sei eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen weitaus besser geeignet, um sie zu integrieren, als sie am Rande der Stadt zusammenzupferchen.
Keine Integration möglich
Anlass dieser Generalabrechnung auf der Stadtverordnetenversammlung war eben jener Tagungsordnungspunkt, bei dem über einen gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und SPD abgestimmt werden sollte, in dem sich die Prenzlauer Kommunalpolitiker gegen den Bau des geplanten Flüchtlingszentrums im Bürohaus im Gewerbegebiet Ost aussprechen. Die Vertreter aller Parteien, einschließlich der AfD, bekräftigten, sie stünden auf dem Boden des Grundgesetzes und seien auch für das Asylrecht. Nur seien die Unterbringungspläne der Kreisverwaltung für die Geflüchteten nicht geeignet. Weder für eine Integration der Flüchtlinge, noch aus Fragen der Sicherheit, noch für die Unterbringung der Flüchtlingskinder in Kitas, ihre Beschulung. Die abrupte Erhöhung des Flüchtlingssaldos sei kein Zeichen von Augenmaß und Fingerspitzengefühl, sagte beispielsweise der Abgeordnete Ludger Melters (CDU), der als SVV-Vorsitzende den Beschlussentwurf der Stadtverordneten mit eingebracht hatte. Die Abgeordneten der Linken, die der Kritik an der Flüchtlingspolitik des Landkreises zwar generell zustimmten, erklärten dennoch, sie könnten dem Antrag nicht zustimmen, weil dieser den Eindruck erwecke, einen generellen Flüchtlingsstopp zu fordern. Daraufhin legte Jürgen Theil (Wir Prenzlauer) einen Änderungsantrag vor, der das korrigieren sollte, um auch den Linken die Möglichkeit zur Zustimmung zu geben. Das wiederum scheiterte jedoch an der Mehrheit der anderen Fraktionen. So dass am Ende 22 Abgeordnete für das Nein zum Flüchtlingszentrum stimmten. Zwei stimmten dagegen, ein Abgeordneter enthielt sich.