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Kreishandwerkerschaft

Damit die Firma nicht für immer schließt

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

43 Handwerker folgten der Einladung der Kreishandwerkerschaft und der VR Bank, um sich ganz gezielt einem brisanten Thema zuzuwenden.
Veröffentlicht:23.09.2023, 13:57

Von:
  • Sigrid Werner
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„Das hätte man alles viel früher wissen müssen ‐ schon, als man mit der Firma gestartet ist“, sagte ein Templiner Handwerker, als er am Donnerstagmittag die VR-Zentrale in Prenzlau verließ. Dorthin hatten die Kreishandwerkerschaft Uckermark und die VR-Bank Uckermark-Randow eG zu einem Handwerker-Frühstück eingeladen. Es ging um die rechtzeitige Vorbereitung der Unternehmensnachfolge. Der Templiner Handwerker hat inzwischen schon einen Haken unter das Thema gesetzt. Nur noch zwei Mitarbeiter zählt seine Firma. Er werde sein Unternehmen niemandem mehr übergeben, sondern, wenn die Zeit gekommen sei, die Firma einfach ersatzlos zuschließen.

Damit ist er nicht allein. Insgesamt werden deutschlandweit rund 190 000 Mittelständler bis Ende 2026 ohne eine Nachfolgeregelung vom Markt verschwinden, machte VR-Firmenberater Uwe Schumacher auf ein Problem aufmerksam, das nicht nur die Versorgung der Bevölkerung mit Handwerksdienstleistungen, sondern auch die Handwerkerfamilien und die regionalen Banken hart treffen könnte. „Denn wir sind nur so stark wie die Region“, so Schumacher. Umso mehr engagiere sich die VR-Bank dafür, gemeinsam mit ihren Kunden in der Handwerkerschaft rechtzeitig die Weichen zu stellen für eine geregelte Betriebsnachfolge.

Nachfolgebörse im Internet

Das beginne bei einem guten geführten Notfallordner, in dem alle wichtigen Vollmachten für den Fall enthalten sind, dass der Inhaber selbst einmal nicht handlungsfähig ist.  Aber auch wenn die Rente naht, Volksbank und Handwerkskammer bieten sich als Begleiter an. Denn in 11 000 Handwerksbetrieben im Kammerbezirk sind 40 Prozent der Inhaber älter als 55 Jahre. Die VR-Bank hat eine eigene regionale Nachfolgebörse auf ihrer Internetseite eingerichtet, auf der nach Gesprächen mit den Firmenberatern Übernahme- und Übergabe-Gesuche kostenfrei eingestellt werden können und potenziell Interessierte zu den Firmen finden, die Nachfolger suchen. „Die Interessenten melden sich bei uns, und wir vermitteln dann die Kontakte, begleiten auf Wunsch die Bewerber, aber wir steuern die Nachfolge nicht“, versicherte Schumacher vor 43 Handwerkern.

Wo liegen nun aber die Hemmnisse, geeignete Nachfolger zu finden? 43 Prozent der Betriebe hätten sich nicht rechtzeitig auf eine Übergabe vorbereitet, 39 Prozent forderten einen zu hohen Kaufpreis, 36 Prozent der Unternehmer könnten emotional nicht ihr „Lebenswerk“ loslassen, einige fürchteten hohe erbschaftssteuerliche Belastungen bei familieninternen Übergaben. Und andere wiederum unterschätzten einfach den nötigen Zeitfaktor. Mindestens zwei Jahre sollte man einplanen, um die vielen Entscheidungen unter Dach und Fach zu bringen, die dafür nötig sind, so Schumacher.

Tipp vom Fachmann

Martin Stadie, Betriebsberater der Handwerkskammer Frankfurt/Oder für die Region Ostbrandenburg, erläuterte, wie Handwerksfirmen zu einem realistischen Verkaufspreis für ihre Firmen kämen. Sie können dazu die für sie kostenfreien Beratungsdienstleistungen der HWK Ostbrandenburg nutzen. Als Betriebsberater der HWK übernehme er auch die Bewertung. „Sie kann aber immer nur eine Schätzung und Verhandlungsbasis sein.“ Bei dem Mangel an potenziellen Nachfolgern wäre es fatal, Interessenten gleich mit überhöhten Kaufpreisen abzuschrecken. Denn das Nadelöhr bleibe, jemanden zu finden, der bereit ist, das Unternehmen fortzuführen. Viele Meister ließen sich lieber anstellen, mit gutem Geld und pünktlichem Feierabend, statt Kredite aufzunehmen und Risiken einzugehen.

Blick auf Belegschaft

In die Unternehmensbewertung fließen zum einen die Ermittlung des Verkehrswertes der Immobilien, aber auch des bilanzierten Anlagevermögens, sprich der Maschinen, ein. Gleichermaßen werden die Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten vier Jahre als Grundlage genommen, um dem Käufer einen realistischen Einblick in die Ertragspotenziale zu vermitteln. Davon abgezogen werden müssten Unternehmerlohn, Miet- und Fahrzeugkosten. Kundenabhängigkeit, Produktpalette und Qualitätsparameter seien ebenso Bewertungskriterien wie die Frage nach noch verwertbaren Lagerbeständen oder ob diese „nur noch gehorteter Schrott“ seien. Aber auch Betriebsausstattung und Beschäftigungsstruktur könnten sich preissteigernd oder -mindernd auswirken. Martin Stadie empfiehlt, rechtzeitig mit Ausbildung für eine gesunde Altersstruktur im Betrieb zu sorgen. Wenn mit dem Inhaber gleich die halbe Belegschaft oder gar der Meister in Rente gingen, dann sei es für den neuen Firmenchef ungleich schwerer, das Unternehmen mit bisherigen Ertragserwartungen fortzuführen. Die Nachfolger, so Stadie, sollten bestenfalls schon im Vorfeld eingestellt, mindestens ein halbes Jahr mitgelaufen sein und Einblick in die Bücher haben. Auch Gewährleistungsverpflichtungen, Umweltrisiken oder Rechtstreitigkeiten müssten mit eingepreist werden.

Auf jeden Fall sollten Partner der künftigen Firmeninhaber von Anfang an mit ins Boot geholt werden, damit sie nicht 14 Tage vorher noch hineingrätschten und die Nachfolge zu Fall brächten. „Denn nur der bezahlte Preis stellt am Ende den Unternehmenswert dar“, so Stadie.