Preisanstieg

Familie beschließt: „Züchten unsere Bouletten eben selbst“

Werbelow / Lesedauer: 3 min

Schwindelerregende Fleischpreise und fragwürdige Produktionsmethoden ließen Thomas Moll aus Werbelow auf eine Idee kommen. 2023 ist sein Teller voll.
Veröffentlicht:17.03.2023, 16:30

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Die Entscheidung für die Durocs fiel vor etlichen Monaten beim Wochenendeinkauf am Fleischregal. „Meine Frau legte ein halbes Kilo Hack in den Wagen, und ich sah sie fragend an“, erinnert sich Thomas Moll schmunzelnd zurück. Wie um Himmels Willen das denn für ein Mittagessen ihrer fünfköpfigen Familie reichen solle, habe er sie gefragt, setzt der 39–Jährige erklärend hinzu: „Sie entgegnete, dass es reichen müsse, weil alles so sauteuer geworden ist.“

Kurz darauf entgegnete sie dann noch im Scherz, dass man für einen Fleisch(fr)esser wie ihn am besten ein eigenes Schwein in den Stall stellen müsste ... Eine Idee ward geboren. Der dreifache Vater besann sich auf eine Tradition: „Wir haben früher immer Schlachtvieh gehabt. Erst mein Opa, dann mein Vater — damit bin ich groß geworden.“

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Die ersten drei Schweine wurden vom Jüngsten betreut. (Foto: privat)

Warum also nicht selbst wieder damit beginnen? Sowohl bei Ehefrau Steffi als auch bei seinen Jungs (5, 11 und 16) stieß der Uckermärker damit auf offene Ohren: „Uns war natürlich klar, dass das Mehrarbeit für alle wird. Aber das war es uns wert.“ Wenig später standen drei kleine Exemplare der ältesten Hausschweinrasse der Welt auf dem Hof der Familie. Nach einem Jahr bester Pflege wiegen die Durocs mittlerweile über 200 Kilo und sind schlachtreif.

Nicht im Turbogang

Der im Bandelower Milchviehbetrieb beschäftigte Landwirt versichert, dass er die Schweine nicht im Turbogang gemästet, sondern schonend ran gefüttert habe. „Schön langsam mit Heu, Stroh, Gras und Luzerne; so wie das meine Vorfahren schon gemacht haben. Opa hat immer gesagt, dass es zwölf bis 13 Monate braucht, um vernünftiges Fleisch zu produzieren. Also welches, das schmeckt und nicht in der Pfanne verschwindet, weil es fast nur aus Wasser besteht. Das habe ich beherzigt.“

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Dass Thomas Moll dafür nun vor und nach seinen Schichten füttern und ausmisten muss, stört den Werbelower nicht. Tatkräftig unterstützt wird er bereits von seinem Jüngsten, den das neue Hobby des Papas begeistert. Und dessen Hilfe wird er mehr denn je benötigen, wenn die nächste Idee in die Tat umgesetzt wird. Thomas Moll hat nämlich den Entschluss gefasst, fortan nicht nur für den Eigenbedarf zu „wursten“, sondern im Nebenerwerb damit Geld zu verdienen. Der erste Versuch, bei den Schweinen für Nachzucht zu sorgen, ist zwar gescheitert. Aber der Bauer gibt nicht auf.

Schwester vermarktet

„Ich werde mir demnächst zehn neue Ferkel holen und zur Schlachtreife bringen. Die Aufzucht wird noch auf altbäuerliche Art gemacht.“ Die Vermarktung soll in der Familie bleiben, erzählt er stolz. Seine Schwester sitze seit kurzem nämlich an der Quelle. Franziska Glasow hat unlängst das Bandelower „Käsestübchen“ übernommen und bietet dort perspektivisch auch die Produkte ihres Bruders an. „Wissen, woher das Fleisch kommt — das wollen immer mehr Menschen. Bei mir haben sie die Sicherheit, dass es keine konventionelle Masthaltung ist.“

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Thomas Moll freut sich auf die Direktvermarktung seiner Durocs. (Foto: privat)

Am 17. April lässt er die ersten Prachtstücke bei der GWW in Woldegk schlachten. Danach geht es mit der Veredelung los. Angefangen von Grillfleisch über portionierte Braten bis hin zu Leberwurst und Schinken soll die Palette groß und schmackhaft sein. „Wir produzieren Klasse statt Masse. Ich bin sicher, dass dieses Konzept aufgeht.“ Die Direktvermarktung der Uckerländer Durocs läuft bereits an. Vorbestellungen werden im „Käsestübchen“ entgegengenommen. Und Thomas Moll wird der erste sein, auf dessen Teller ein saftiges Kotelett landet. Vielleicht auch ein paar Bouletten, denn um den Preis fürs Hack muss er sich fortan keine Gedanken mehr machen.