Der Doktor kümmerte sich noch mit Ü80 um Patienten
Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Vor 151 Jahren wurde Otto Albert Rostoski als ältester Sohn des Landwirtes und Domänenpächters Otto Rostoski (1844-1922) in der königlichen Domäne Wendemark in der preußischen Provinz Brandenburg geboren. An ihn erinnert Ortschronistin Bärbel Würfel, die für den Uckermark Kurier einen kurzen Abriss seines Lebens zusammengetragen hat. Seine Mutter war die Arzttochter Anna Marie Schachert. In Wendemark erlebte er ab 1872 eine unbeschwerte Kindheit. In die dortige Dorfschule wurde auch er eingeschult, zog dann aber bald nach Gramzow um, wo er eine von ihm als sehr gut eingeschätzte Schule besuchte.
+++ Diabetiker beunruhigt über Probleme bei Insulin-Versorgung +++
Um 1884 siedelte die Familie dann nach Schwetz in der Provinz Posen um. Dort besuchte Otto Rostoski das humanistisch ausgerichtete Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, welches er mit dem Abitur beendete. 1892 folgte er seiner Familientradition und studierte Humanmedizin in Würzburg, wo sein Onkel Eduard von Rindfleisch (1836-1908) als weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannter Ordinarius für Pathologische Anatomie tätig war. Während des Studiums wohnte er bei der Familie von Rindfleisch.
Mit 29 an Uni gelehrt
Schon im Alter von 24 Jahren verteidigte er seine Doktorarbeit. Nach dem Studium an der Universität Würzburg erfolgte im Alter von nur 29 Jahren die Habilitation (höherer Doktorgrad mit der Berechtigung, an einer Universität zu lehren) mit einer damals viel beachteten Arbeit „Zur Kenntnis der Präzipitine“. Hierauf erhielt er noch vor dem Ersten Weltkrieg Einladungen nach St. Petersburg und nach Moskau, wo er wissenschaftliche Vorträge hielt. Nach dem Studium wirkte er zunächst noch einige Jahre in Bayern und wurde noch in Würzburg zum Professor für Innere Medizin ernannt.
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1907 nahm er die Stelle des Leiters der II. Medizinischen Klinik in Dresden an und wechselte 1910 aus dieser traditionsreichen Einrichtung in die Medizinische Klinik des Johannstädter Krankenhauses über, die als ausgesprochen modern galt. Hier richtete er, nur zwei Jahre nach der Entdeckung des Insulins durch die kanadischen Forscher Banting und Best, eine mustergültige Diabetikerambulanz ein, welche Modellcharakter besaß und in den 1920er Jahren zahlreiche Experten des In- und Auslandes in die sächsische Elbmetropole zog. 1927 gründete er in seiner Klinik die erste Diabetesspezialstation. Stets trat er für eine enge Verzahnung von ambulanter und klinischer Diabetesbetreuung ein. Wissenschaftlich beschäftigte er sich unter anderem mit dem Coma diabeticum, einer damals noch häufigen lebensbedrohlichen Komplikation bei Diabetikern.
Lungenkrebs erforscht
Zusammen mit dem noch jungen Röntgenologen Dr. Saupe (1893-1943) und dem bekannten Pathologen Professor Dr. Schmorl (1861-1932) klärte er den Schneeberger Lungenkrebs auf, wobei er und seine Schüler frühzeitig darauf hinwiesen, dass daran ausschließlich Arbeiter in den im Erzgebirge vorhandenen Kobalt-, Arsen- und Wismutgruben erkrankten und diese Art des Lungenkrebses seine Ursache nicht in den Metallen an sich, sondern in der ständigen Einatmung gasförmiger, radioaktiver Materie habe.
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Der Internist Otto Rostoski war mithin nicht nur ein bekannter Diabetologe, sondern auch ein bedeutender Krebsforscher seiner Zeit. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war er zunächst im Reservelazarett in Lahmanns Sanatorium auf dem Weißen Hirsch in Dresden eingesetzt und seit 1941 wiederum als Leiter der Medizinischen Klinik in Dresden-Friedrichstadt. Er führte seine Klinik nach den verheerenden Bombenangriffen auf Dresden im Februar 1945 in verschiedenen Ausweichkrankenhäusern weiter durch die Zeiten des Wiederaufbaus bis 1952, als er – nun bereits 80 Jahre alt – sich nur noch „seinen“ Diabetikern widmen wollte.
Hochbetagter Nestor
Doch als im Jahre 1954 die Medizinische Akademie „Carl-Gustav-Carus“ in Dresden gegründet wurde, erhielt der 82-Jährige die ehrenvolle Berufung als deren Lehrstuhlinhaber für Innere Medizin. Dieser neuen verantwortungsvollen Aufgabe kam der hochbetagte Arzt, der mittlerweile als Nestor der Internisten im deutschsprachigen Raum galt, bis 1956 nach.
Erst 1958 im Alter von mehr als 85 Jahren zog sich Otto Albert Rostoski ganz aus seiner ärztlichen Tätigkeit zurück. Für seine Leistungen wurde Professor Rostoski wiederholt ausgezeichnet. Nur aus gesundheitlichen Gründen ließ sich der bereits 79-Jährige 1952 nicht zu einer Wahl als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin bewegen, wurde aber auf dem 60. Kongress Ehrenmitglied (1954). Am 10. Januar 1962 ist Professor Rostoski, dessen Wurzeln in der einst preußischen Uckermark liegen, im 90. Lebensjahr in Dresden verstorben.