Wettbewerb

Der lange Arm der Stasi und andere Ungeheuerlichkeiten

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Zehnt- und Elftklässler aus Prenzlau waren 2021 erfolgreich beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. Sie lieferten beeindruckende Arbeiten ab.
Veröffentlicht:25.08.2021, 08:47

Von:
  • Claudia Marsal
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Neben zwei Landes- und drei Förderpreissiegen darf sich das Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasium aus Prenzlau auch über die Ehrung als „erfolgreichste Schule in Brandenburg“ freuen. Trotz der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen für die Recherche hatten die Teilnehmer in den vergangenen sechs Monaten zu einer beeindruckenden Vielfalt von Sportthemen in ihrer Region oder ihrer Familiengeschichte geforscht, resümiert die Jury des Geschichtswettbewerbes. Wie Sport während des Nationalsozialismus oder während der deutsch-deutschen Teilung politisch instrumentalisiert wurde und Sportler selbst zum Propagandamittel wurden, wurde in vielen Beiträgen hinterfragt.

Erfolgreiche Sportler

Dass auch persönliche Geschichten einen Blick in die Vergangenheit wert sind, zeigten biografische Beiträge zu erfolgreichen Sportlern. Das Spektrum der behandelten Sportarten gestaltete sich dabei denkbar breit: Turnen, Tanzen, Reiten oder Skaten standen ebenso im Fokus wie Fußball, Handball und Tennis. Oftmals knüpften die Teilnehmenden dabei an die eigene Begeisterung für die jeweilige Sportart an. Am 27. August werden die Preisträger aus Brandenburg im Rahmen einer feierlichen Landespreisverleihung in der Staatskanzlei Potsdam ausgezeichnet.

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Bei den Förderpreisen konnte Elftklässlerin Nele Schwarz mit dem Beitrag „Max Schmeling – ein Boxer aus dem Kreis Prenzlau“ punkten. Ihr Tutor war Jürgen Theil. Die Schülerin beschäftigte sich mit der Lebensgeschichte des Profi-Boxers (1905–2005). „Durch seine Karriere wurde er zu einem Idol vieler Deutscher, im Nationalsozialismus dann propagandistisch missbraucht: Seine Siege im Ring, so behauptete man, seien auf die Überlegenheit der sogenannten arischen Rasse zurückzuführen.“

Gewaltiges Projekt

„Das Uckerstadion in Prenzlau ist toll, weil es so groß ist und weil man dort viel Sport machen kann.“ Einen Beitrag dazu verfassten Theres Bürstenbinder und Lisa Mariella Wagner (Klasse 10, Tutor: Jürgen Theil) In ihrer Forschungsarbeit beschreiben die Zehntklässlerinnen die sozialen Umstände zur Zeit des Stadionbaus im Jahr 1926: „Damals bot das gewaltige Bauprojekt insbesondere Geringverdienenden eine befristete Chance, ihre Familie zu ernähren. Im Nationalsozialismus wurde das Stadion für Propagandaveranstaltungen von Hitlers Gefolgschaft genutzt.“

„Turn-und Sportfeste in der DDR. Feste der Lebensfreude oder Propagandaveranstaltungen?“ fragten sich Neele Hübner und Julia Le aus Klasse 11, ebenfalls betreut von Tutor Jürgen Theil. Sie resümierten: „Das waren einerseits Feste, in denen das Beisammensein und die Freude am Sport zelebriert wurden. Auf der anderen Seite dienten sie Propagandazwecken. Die aufwendig ausgestatteten und inszenierten Schau-Veranstaltungen ließen den Alltag für die Zeit der Festlichkeiten im bunten Treiben vergessen. Schwungvolle Reden, leuchtende Feuerwerke, spannende Wettkämpfe und beeindruckende Massenchoreografien – sie waren ein Spektakel.

Doch wozu der ganze Aufzug?“ Die beiden Elftklässlerinnen kamen zu dem Schluss, dass Partei- und Staatsführung den Sport zur politischen Waffe deklarierten, um international zu glänzen.

Der lange Arm der Stasi

Sogar zum Landessieg brachten es Christiane Hering und Chiara Paegelow (Klasse 11, Tutor: Jan Markhoff) mit ihrer Arbeit „Ich bin so tief gefallen, wie man gar nicht fallen konnte. Der lange Arm der Stasi beim SC Neubrandenburg“. Sie resümierten, dass Sportclubs mit ihrer sozialistischen Wertevermittlung in der DDR eine wichtige Funktion hatten. Die Leistung der Sportler diente als Aushängeschild für den Erfolg der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands.

Elftklässler Konrad Biermann brillierte ebenfalls mit einem Landessieg. Thema seiner Arbeit „Politisch kontrollierter Sport in der DDR – das Beispiel des Sportlers Hartmut Flach“, Tutor: Jürgen Theil. Sein Fazit: „In der DDR war kaum ein Feld ideologisch und politisch so überwacht wie der Sport. Über sportliche Erfolge sollte die Identifikation mit dem Staat gestärkt und die Überlegenheit des sozialistischen Systems demonstriert werden.“ Konrad Biermann beschäftigte sich mit dem Judoka Hartmut Flach, dessen Leben stark von der Hinrichtung seines Vaters in der DDR geprägt war. Der Elfklässler zeigte am Beispiel seiner Biografie, dass Personen, die sich dem Regime nicht anpassten oder deren Familie politisch negativ auffielen, keine Chance auf eine sportliche Karriere hatten und gegebenenfalls mit Repressionen zu rechnen mussten.