Verfolgungsjagd

Diese fitte Krankenschwester stellte den Dieb

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Weil sie sauer war, dass ein Fremder ihr Fahrrad geklaut hatte, sprintete Susanne Brauchler hinterher. Der Bericht darüber machte die Prenzlauerin berühmt.
Veröffentlicht:15.08.2019, 12:15

Von:
  • Claudia Marsal
Artikel teilen:

„Ist das nicht die superschnelle Krankenschwester?“ Wenn Susanne Brauchler mit ihrem kleinen Sohn durch Prenzlau spaziert, blicken ihr die Leute häufig tuschelnd hinterher. Obwohl seit der Berichterstattung über ihre spektakuläre Verfolgungsjagd eines Fahrraddiebes schon einige Wochen vergangen sind, wird die 37-Jährige immer noch erkannt.

Keine Frage, die damals von ihr gezeigte Zivilcourage hat viel Anklang gefunden. Auch ihr Appell, in der Gesellschaft füreinander einzustehen, verhallte nicht ungehört. Dank der sozialen Netzwerke nahmen nach dem Artikel viele Menschen Kontakt zu ihr auf.

Selbst auf der Straße wird sie noch von Wildfremden angesprochen. Gefragt, ob sie die neue Popularität nicht auch nerve, winkt die junge Frau ab. Im Gegenteil, sie freue sich sehr darüber, dass ihre Botschaft angekommen sei, setzt Susanne Brauchler nachdenklich hinzu: „Wenn jeder einen Teil Verantwortung übernimmt, sind wir schon ein großes Stück weiter.“ Sie meint damit in erster Linie Verantwortung für die Gemeinschaft, „aber natürlich auch für sich selbst“. Susanne Brauchler sieht sich nämlich als Botschafterin für gesunde Lebensweise.

Nie mit Platz 2 zufrieden

Während ihres berufsbedingten „Exils“ in Berlin hat die gebürtige Prenzlauerin lange als Fitnesstrainerin gearbeitet. Ihr selbst wurde der Sport quasi in die Wiege gelegt, verrät sie schmunzelnd. „Vor allem den Männern dürfte mein Nachname noch ein Begriff sein“, deutet Susanne Brauchler vielsagend an: „Meinen Papa Hartmut halten viele bis heute für den besten Libero, den Prenzlau je hatte.“ Von klein auf habe ihr Vater auch bei ihr viel Wert auf sportliche Bestleistungen gelegt. Mit dem zweiten Platz sollte sie sich nie zufrieden geben, sondern immer nach dem ersten streben.

„So eine Erwartungshaltung prägt. Als Kind habe ich damit manchmal gehadert und nicht verstanden, warum Aufgeben keine Option war“, blickt sie zurück. Heute sei sie ihrem Vater dankbar dafür, dass er den Ehrgeiz stets befördert habe. „Das hat mich weitergebracht im Leben.“ Gleich nach der Schule war Susanne Brauchler für die Ausbildung im Gesundheitswesen nach Hamburg gegangen. Sie hätte sich auch vorstellen können, zu bleiben, denn die Hansestadt gefiel ihr sehr. Aber mit den Bewohnern selbst wurde die Uckermärkerin nie so richtig warm, wie sie bedauernd sagt: „Ich hatte immer den Eindruck, dass sie lieber unter sich bleiben würden.“

Reif für die Kleinstadt

Doch nach ihrer Rückkehr war sie offenbar auch noch nicht wieder reif fürs Kleinstadtleben. Deshalb zog sie nach einer einjährigen Prenzlau-Episode nach Berlin weiter, wo sie erstmals in Berührung mit der Crossfit-Bewegung kam. „In der Großstadt kennt man das, aber in Prenzlau ernte ich bis heute ungläubige Blicke, wenn ich davon erzähle.“

Das möchte sie ändern. Dank der durch die Berichterstattung im Uckermark Kurier erlangten neuen Popularität hat Susanne Brauchler in den letzten Wochen viele Kontakte knüpfen können. „Die ersten Mädels habe ich mit meiner Idee schon angesteckt.“ Mehrmals pro Woche treffen sich die jungen Frauen im Seepark Prenzlau, um etwas für ihr persönliches Wohlergehen zu tun. „Jeder kann jederzeit dazu stoßen“, wirbt die Mutter eines kleinen Jungen für den Freizeitspaß.

Bei den Übungen achte sie dann schon auf die unterschiedlichen Trainingslevels. „Man kann jede Übung scalieren, sodass sie selbst bei Knie- oder Bandscheibenproblemen noch geeignet ist.“ Susanne Brauchler hält Sport ohnehin für die beste Medizin. „Die ersten Frauen aus meiner Gruppe bestätigen bereits, dass sie weniger Kopf- und Nackenschmerzen haben. Sogar Schwindel kann verschwinden, wenn man die richtigen Übungen macht“, sagt die examinierte Krankenschwester. Ein Jobangebot hat ihr der Artikel in der Zeitung übrigens ebenfalls eingebracht.

Vielleicht bald Lehrerin

Wenn alles klappt, kann sie vielleicht als Seiteneinsteigerin im Lehramt anfangen. „Eine Grundschule sucht händeringend eine Sportlehrerin. Das würde mir natürlich riesigen Spaß machen.“ Ursprünglich sei ja angedacht gewesen, dass sie in ihren erlernten Beruf zurück kehrt. „Es hätte auch auf der Intensivstation eine Stelle gegeben. Aber als Single mit kleinem Kind ist Schichtdienst schwer zu leisten“, schätzt sie realistisch ein. Vor Ort stehen zwar ihr Vater und die Großeltern als Babysitter für den Sohn bereit. „Das nutze ich auch gern, um meinen sportlichen Aktivitäten nachzugehen. Aber eine Dauerlösung für den Alltag ist das nicht, zumindest nicht, solange er noch so klein ist.“

Einen Einsatz für die Babysitter „buchte” sie schon. Nach dem Beitrag hatte sich auch ein Fotograf gemeldet, der Interesse an einer Fotostrecke mit ihr hatte. „In Berlin habe ich ja viele Jahre als Fitnessmodel für Werbespots und Studios gearbeitet. Es wäre ganz klasse, wenn ich die Shootings hier auch machen könnte. Denn der Weg in die Hauptstadt ist mir dafür jetzt zu weit.“

Kontakt: 0151 23301224