Jobangebot

Dieser Chef lockt mit mietfreier Wohnung und Seeblick

Naugarten / Lesedauer: 4 min

Es ist wie verhext: Die Neueröffnung von „Hof Kokurin” scheitert am Küchenpersonal. Dabei gibt es bei der Stelle in Naugarten viele Annehmlichkeiten.
Veröffentlicht:08.07.2021, 12:00
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Von:
  • Author ImageClaudia Marsal
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Es ist jeden Tag bares Geld, das den neuen Pächtern von „Hof Kokurin“ durch die Finger rinnt: Seit Monatsbeginn entrichten Kai Stegemann (37) und Michael Piletzki (40) monatlich Pacht für den kleinen Landgasthof, ohne dass Einnahmen in die Kasse kommen. Das hatten sich die Betreiber sicher anders vorgestellt. Eigentlich wollten die beiden erfahrenen Wirte mit dem Naugartener Lokal im Juli an den Start gehen. Doch die Gastronomen, die in Neustrelitz bereits ein Theater mit Restaurant betreiben, unterschätzten die Herausforderung in der Uckermark. „Es ist ja ohnehin schon schwer, in der Branche gute Leute zu bekommen“, resümiert Michael Piletzki: „Aber sobald wir sagen, für welchen Standort wir die Mitarbeiter brauchen, winken die Bewerber ab.“ Entweder schrecke sie die „idyllische, aber etwas abgelegene Adresse ab oder sie stellen Gehaltsforderungen, dass einem die Ohren schlackern“, konstatiert der Chef ernüchtert. Der letzte Anwärter habe 5000 Euro auf die Hand gewollt – „das ist natürlich nicht drin“, sagt der Unternehmer ehrlich.

Regionale Produkte

Aber das, was man biete, könne sich sehen lassen in der Region, versichert Michael Piletzki und führt als Beispiel den Stundenlohn von 12,50 Euro, mietfreies Wohnen direkt am See, garantiert zusammenhängende freie Tage und vieles mehr an. Auch beruflich sei die Stelle eine schöne Herausforderung, betont der Wirt: „Wir legen Wert darauf, dass die Küche selbstständig arbeitet, lassen freie Hand bei der Gestaltung der Karte und beim Einkauf, vorausgesetzt es passt in unser regionales Frische-Konzept.“ Doch all die Pluspunkte waren bisher nicht zielführend bei der Kollegenakquise. Der Gastronom hat wenig Hoffnung, im Portfolio von Arbeitsagentur oder Jobcenter noch geeignete Kräfte zu finden.

„Die Guten haben alle eine Stelle“, ist er überzeugt. Der Wirt spekuliert deshalb eher auf Arbeitnehmer, die mit ihrer Firma unzufrieden sind, aber Angst vor einem Wechsel haben. Oder solche, die in der Coronakrise in sichere Arbeitsplätze in Pflegeheimen oder Großküchen gewechselt sind und dort keine Erfüllung gefunden haben.

Job wechseln!

„Wer sich schon länger mit dem Gedanken an Veränderung trägt, sollte es wagen“, empfiehlt Michael Piletzki den Wankelmütigen: „Hier in Naugarten ist die Chance, dass sich ein neues, ambitioniertes Team zusammenfindet und der Job wieder Spaß macht.“ Obwohl der „Hof Kokurin“ vornehmlich ein Saisongeschäft sei und es gewiss im Winter auch Schließzeiten geben werde, verspricht der Unternehmer, dass die Arbeitsverträge ganzjährig und unbefristet sind. „Wir wären ja dumm, gutes Personal in umsatzschwachen Zeiten vor die Tür zu setzen. Das kann sich heute keiner mehr leisten.“ Sie hätten dank des Theaters die Möglichkeit, solche Monate mit Arbeitsplatzwechseln zu kompensieren. „Unser Neustrelitz-Team ist ab Herbst dankbar für jede helfende Hand, denn dann beginnt dort die Hochsaison.“

Sabine Endmann von der Arbeitsagentur Eberwalde bestätigt auf Nachfrage, dass sich die Situation sehr vielschichtig darstelle: „Tatsächlich haben einige Beschäftigte während der Pandemie aus Sorge um die Zukunft der Branche in andere Bereiche gewechselt. Dies erschwert auch die Neubesetzung von gemeldeten Stellen.“ Aktuell haben regionale Arbeitgeber aus der gesamten Uckermark der Arbeitsagentur 42 freie Stellen im Gastronomie- und Servicebereich gemeldet sowie 37 freie Koch-Stellen. Dem gegenüber stehen 117 Arbeitsuchende für die Gastronomie und 297 arbeitsuchende Köche, darunter 49 im ALG I-Bezug und 248 mit ALG II.

Arbeitgeber brauchen Geduld

„Wir kennen die angespannte Personalsituation in der Gastronomie schon aus der Zeit vor der Pandemie. Mit Corona wurde es für die Unternehmen noch schwieriger, geeignetes Personal zu finden. Die Branche ist mit am härtesten von den Pandemie-Einschränkungen betroffen, und viele Beschäftigte erhalten teilweise bis heute Kurzarbeitergeld. Das ist für alle Beteiligten nicht leicht. Arbeitsuchende, die aus der Branche kommen und derzeit arbeitslos sind, hoffen teilweise auf eine Wiedereinstellung bei ihrem bisherigen Arbeitgeber, können vielleicht wegen der aktuellen Familiensituation nicht in der Gastronomie tätig sein oder orientieren sich aus Sorge um die Zukunft um. Wenn Arbeitgeber Beschäftigten anbieten, am Arbeitsort zu wohnen, kann das durchaus hilfreich sein. Dennoch brauchen die meisten Arbeitgeber aus unserer Erfahrung Geduld für die Suche nach geeigneten Arbeitskräften. Wir unterstützen Unternehmen selbstverständlich dabei und sprechen auch Quereinsteiger an.“