Serie in der Uckermark

Eine Ärztin zwischen Pflicht und Leidenschaft

Prenzlau / Lesedauer: 8 min

Die neue ZDF-Serie „Doktor Ballouz“ spielt in der Uckermark. Hauptdarstellerin Julia Richter gestattete einen Blick hinter die Kulissen.
Veröffentlicht:02.04.2021, 09:37

Von:
  • Horst Skoupy
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Frau Richter, mit seinem Sendeplatz tritt „Doktor Ballouz“ in große Fußstapfen. Der „Bergdoktor“ gehört zu den erfolgreichsten Produktionen des ZDF und sicherte der Serie ein Millionenpublikum. Haben Sie vor Beginn der Dreharbeiten gewusst, dass „Doktor Ballouz“ das Erbe des „Bergdoktors“ antritt? Und wenn ja, wie geht man mit einem solchen Erfolgsdruck um?

Das klingt mir nach einer fragwürdigen beziehungsweise etwas reißerischen Schlagzeile. Welches Erbe? Der ,Bergdoktor‘ lebt und dreht, und am Donnerstag laufen doch ganz verschiedene Formate. Diese Art Druck mache ich mir glücklicherweise nicht. Da geht es mir um andere Dinge, wenn ich arbeite. In meinen Augen sind es zwei sehr unterschiedliche Formate, die von der Dramaturgie her schon anders angelegt sind. Und ich hoffe, dass auch wir gern gesehen werden.

In Ihrer Karriere sind Sie schon in viele Charaktere geschlüpft. In „Doktor Ballouz“ verkörpern Sie mit „Dr. Barbara Forster“ eine selbstbewusste und fachlich versierte Klinikärztin. Ist das eine Rolle, die Sie sich immer schon einmal gewünscht haben?

Ganz im Gegenteil. Es war für mich eher schwer vorstellbar, dass ich irgendwann mal Lust auf eine Arztserie habe. Es war die Neugier, dass dieser Produzent, mit dem ich einen tollen Film gedreht habe („Der Klügere zieht aus“), eine solche Serie plant. Das Arbeiten während des Castings mit Regisseur Andreas Menck und dem Hauptdarsteller Merab Ninidze war dann ausschlaggebend für mich.

Was mögen Sie an Dr.  Barbara Forster besonders? Konnten Sie ihre eigenen Vorstellungen von dieser „Powerfrau“ einbringen?

Ganz ehrlich? Ich lerne diese Frau selber noch kennen. Uwe Urbas (der Produzent) und Andreas Menck (Regie) schwärmten während der Vorbereitung immer wieder von der Ärztin, mit der sie die Fälle besprachen, die ihnen bei den Büchern zur Seite stand. Da mir bei meiner Barbara vieles fremd war, wollte ich die Ärztin gern kennenlernen. Es war ein sehr spannendes Treffen, und ich bin Dr. Susanne von der Heydt sehr dankbar, dass Sie sich auf meine Fragen hinter der Ärztin eingelassen hat. Klar bringe ich sicher immer auch Eigenes mit in die Rolle. Aber die Bücher von Conni Lubek sind sehr genau und dicht geschrieben. Uwe Urbas und sie tüfteln an jedem Detail und jeder Formulierung. Wenn man sich als Kind wünscht, Ärztin zu werden, möchte man helfen, Gutes tun, Leben retten. Diesen Spagat einerseits lösungsorientiert und empathisch zu arbeiten, andererseits all die Menschenschicksale zu erleben, verlangt sehr viel innere Stärke und Ausgleich im eigenen Leben. Beim Drehen scheint es manchmal um Tod oder Leben zu gehen – das ist der große Unterschied zu diesem Beruf des Arztes. Und, auch wenn das nicht ihre Frage war, ich ziehe vor allen Pflegekräften und medizinischem Personal den Hut und hoffe, dass sich bei den Gehalts- und Arbeitsbedingungen bald etwas Grundlegendes ändert.

In den Filmen mit medizinischen Fachbegriffen um sich zu werfen, ist für die Authentizität vermutlich von eminenter Bedeutung. Wie viel „Ärztin“ steckt nach dem Dreh in Julia Richter?

Sie treffen genau den richtigen Punkt. Dieses Wissen, die Fachbegriffe, Handgriffe, Blicke auf Monitore waren für mich die größte Herausforderung. Natürlich reicht die Beschäftigung mit dem Thema nicht aus, um da mitzureden. (Hinter diese Aussage hat Juliane Richter ein Smily gesetzt – die Redaktion.) Andreas Menck, unser Regisseur, hat auch als Sanitäter gearbeitet und die großartige Serie „Club der roten Bänder“ gedreht. Somit war er vertraut mit diesem Medium Krankenhaus. Das hilft sehr. Außerdem hatten wir Übungstage und Fachpersonal am Set.

„Doktor Ballouz“ spielt in der Uckermark. Wie viel „Uckermark“ steckt in der Serie wirklich drin?

Fast alles, was nicht Krankenhaus ist, wurde in der Uckermark gedreht. Die Uckermärker werden natürlich sehen, dass wir die Motive etwas anders anordnen.

Sie leben mit Ihrer Familie in Berlin, quasi vor den Toren der Uckermark? Wie gut kennen Sie die Region? Was halten Sie von den Menschen?

Mir sind Brandenburg und der Menschenschlag sehr vertraut. Ich bin am Rand von (Ost)Berlin groß geworden, in den Ferien war ich oft bei meiner Oma in Brandenburg, wir waren oft in der Schorfheide, in Chorin – Pardon, das liegt noch gar nicht in der Uckermark, oder? Kurz vor der Wende war ich in Schwedt auf einem Theatertreffen. Leider habe ich während der Dreharbeiten nicht in der Uckermark gedreht. Ich mag es sehr, während der Dreharbeiten mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Es ist anders, als wenn man an dem Ort Urlaub macht. Vielleicht ist es die Faszination Film, dass Menschen gern mit uns reden, und man oft persönliche Geschichten erfährt.

„Doktor Ballouz“, gespielt von Merab Ninidze, ist in der Serie nicht nur Ihr Chef. Was mögen Sie an seiner Rolle, was an ihm als Schauspielkollege?

Achtung, ich verfalle ins Schwärmen. Ich mag diesen verschlossenen, ernsten, melancholischen, untypischen, warmherzigen Arzt. Ich mag, wie verschroben einerseits und wie vertraut andererseits Barbara und Ballouz miteinander reden und arbeiten. Merab ist ein Geschenk als Kollege. Es macht eine riesige Freude, mit ihm zu arbeiten, zu spielen, zu reden und zu blödeln.

In ihrer Rolle hegt Dr.  Barbara Forster Gefühle für den charismatischen Amin Ballouz nach dem plötzlichen Tod seiner Frau. Bekommt Sie ihn?

Tja, was sind das für Gefühle bei Dr. Barbara? Auf jeden Fall spannend für mich, weil es weder platt noch einfach ist. Welche Frau ist schon unkompliziert, wenn es um Gefühle geht? Ballouz und sie kennen und schätzen sich schon lange. Sie arbeiten gern zusammen. Sie haben eine sehr vertraute Art miteinander, die auch immer ungefährlich war, da beide in ihren Beziehungen lebten. Nun gibt es diese Beziehungen nicht mehr, und es scheint wackliger mit der lieb gewonnenen Vertrautheit zu werden. Wenn der Eine sich öffnet, verschließt der Andere sich plötzlich. Klar, man schützt sich lieber, als verletzt zu werden als Erwachsener. Ich bin gespannt wie die Zuschauer das sehen.

Apropos Emotionen: Serien wie diese leben davon. Wie schwierig ist es, Filme unter Corona-Bedingungen zu drehen, die Szenen mit Leidenschaft, Zärtlichkeit oder körperlicher Nähe erfordern? Wie hart waren die Auflagen am Set?

Glücklicherweise waren die Auflagen hart, sodass wir Schauspieler uns doch sehr normal miteinander bewegen konnten. Wir mussten den Dreh wegen des ersten Lockwdowns abbrechen. Die letzten Tage vor Abbruch waren schon angsteinflößend. Wir alle waren verunsichert. Während des Lockdowns konnte ich mir ein normales Arbeiten gar nicht vorstellen. Man hat zu der Zeit auch von so unterschiedlichen Arbeitsbedingungen gehört. Glücklicherweise sind bis jetzt alle meine Produktionen und die Teams am Set mit Corona sehr verantwortungsbewusst umgegangen, sodass wir es während des Spiels auch mal kurz vergessen konnten.

Muss „Doktor Ballouz“ sich als neue Serie erst bewähren oder ist nach den sechs Teilen eine zweite Staffel geplant?

Wir hoffen, dass die Zuschauer Lust haben, uns mehr kennenzulernen. „Ballouz“ ist im positiven Sinne unspektakulär und leise. Natürlich gibt es so eine Klinik, wie wir sie erzählen, in der Realität nicht. Aber die Geschichten gibt es und die Menschen. Wir versuchen, sie in unseren Geschichten mit all ihren Fragen, Ängsten und Hoffnungen ernst zu nehmen. Wir alle kämpfen ja gerade auf unterschiedlichste Weise seit über einem Jahr mit Ängsten und Sorgen. Vielleicht gibt es ja gerade das Bedürfnis nach etwas Wärme, Augenhöhe und authentischem Miteinander.

Welche Rolle, die Sie einmal spielen wollen, ist denn in Ihrer Filmografie noch offen?

Rolle? Ich hoffe, da kommen noch ganz viele, ganz unterschiedliche Rollen! Es muss etwas an dem Buch, an der Rolle, an dem Projekt geben, was mich reizt. Manchmal sind es die Kollegen, mit denen ich gern arbeiten möchte, manchmal die Geschichte die hinter der Fassade steckt. Man kann noch so viel suchen und bei den erwachsenen Frauen entdecken, dieses Alter zwischen junger Frau und der klassischen Oma-Rolle. Ich liebe die Abwechslung. Jakob Ziemnicki, ein toller polnischer Regisseur, sagte mir beim Kennenlernentreffen für sein Projekt, wie reizvoll er es finden würde, wenn ich neben der emotional-chaotisch-liebenswerten CHRISTINA aus ELLA SCHÖN nun bei ihm eine professionell ausgebildete Auftragskillerin spiele – und er hatte recht. Was wäre das Pendant zu Dr. Barbara Forster?

Die Filme sind in der Mediathek zu sehen.