StartseiteRegionalUckermarkEx-Lehrerin schreibt Wutbrief an Klimakleber

Fünffache Oma

Ex-Lehrerin schreibt Wutbrief an Klimakleber

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Die 80-jährige Ilse Fischer aus der Uckermark hat eine wichtige Botschaft für die jungen Klimaaktivisten. Und diese bezieht sich auch auf deren berufliche Entwicklung.
Veröffentlicht:07.12.2022, 05:00

Von:
  • Claudia Marsal
Artikel teilen:

Ilse Fischer ist eine wache Zeitgenossin. Die 80-Jährige verfolgt sie noch rege die Tagespolitik: „Im Uckermark Kurier gefallen mir vor allem die Artikel, die dem offiziellen Trend der Politik und Wirtschaft unseres Landes widersprechen, besonders die Leserzuschriften, die den Unmut vieler Menschen ausdrücken, meist mit viel Sachkenntnis.“ Nur befürchte sie, so die pensionierte Lehrerin, „dass sie bei den Entscheidungsträgern nie ankommen.“

[Pinpoll]

An die Redaktion gewandt hat sich die Seniorin, um sich zu den Aktionen der Klimakleber zu äußern. Kürzlich habe sie im Fernsehen ein Gespräch mit Vertretern dieser Gruppe gesehen, „und ich hätte gern mitgeredet.“ Da sie das nicht konnte, habe sie einen offenen Brief an die Akteure verfasst, setzt die dreifache Mutter hinzu.

Lesen Sie auch: Klima-Kleber wollen für „maximale Störung” sorgen

Das Dokument beginnt mit den Satz, dass ihr sehr gefalle, „dass ihr euch so große Sorgen um unsere Zukunft macht, denn wenn wir nicht schnellstens etwas tun für unsere Umwelt, dann könntet ihr wirklich die letzte oder vorletzte Generation sein, die auf unserer schönen Erde gut leben kann. Ihr protestiert, werdet bemerkt, weil eure Aktionen weh tun. Doch wem tun sie weh? Kunstliebhabern in den Galerien; Menschen, die mit dem Auto zur Arbeit müssen; Urlaubern auf Flughäfen; Leuten, die euch loskleben und die Schäden beseitigen. Darunter sind sicher viele, die sich ebenfalls um unsere Umwelt sorgen, also mit euren Zielen sympathisieren. Doch nun schreckt ihr sie ab, macht sie zu euren Gegnern. Solche Menschen wollen wir aber sensibilisieren und gewinnen.“

„Mein gutes Leben nähert sich dem Ende”

Sie sei eine alte Frau, führt die Neumeichowerin weiter aus: „Mein gutes Leben nähert sich dem Ende. Doch um meine Kinder, Enkel und Urenkel sorge ich mich sehr. Deshalb versuche ich, euch zu wirkungsvolleren Aktionen zu bewegen.“

Ilse Fischer rät den Klimaklebern, Konkretes zu fordern, sachlich gut begründet: „Laut, klar, deutlich, an den richtigen Stellen.“ Mit Medien, Briefen, Flugblättern,. Unterschriftensammlungen, Demos... Noch sei das alles legal. Doch was müsse gefordert werden, fragt sich die Seniorin: „Von euch höre ich nur: 100 km/h und 9-Euro-Ticket für alle. Auch was von weniger Fleisch essen. Das ist aber viel zu wenig. Das ganze Wirtschaftssystem müsste verändert, sogar zurückgefahren werden. Kein Stück weit, sondern das ganze Geflecht, bei dem eins ins andere greift. Wissenschaft und Technik sind weit genug, um unsere Umwelt zu retten. Doch ihre Praktiken würden kein Wachstum bringen, keinen Profit, sie sind für die Mächtigen nicht gewinnbringend.“

Kleiner, aber individueller

Eine wichtige Forderung wäre nach Ansicht der diplomierten Germanistin Regionalität: „Dort erzeugen, wo es gebraucht wird. Dort arbeiten, lernen, Kranke behandeln, sich vergnügen können, wo gelebt wird. Vieles würde kleiner, aber individueller und intensiver. Wie viele Wege, Fernleitungen, Transporte und anderes mehr würden erspart? Das geht natürlich nicht immer, sollte aber wieder mehr werden.“ Auch konkrete Beispiele hat die zweifache Uroma parat: „Die eigenen Ressourcen nutzen, zum Beispiel Hanf und Lein statt Baumwolle, Papier statt Plastik. Ackerbau und Viehzucht gehören zusammen, also keine Massentierhaltung, natürliche Bodendüngung statt totgesprühter Äcker, denn gesunder Boden ist einer der wichtigsten CO2-Speicher; Nutzung aller Dachflächen für Solaranlagen, kleine Windräder, Regenwassersammlung, Dachbegrünung ...“

+++ ▶ Erneut Blockaden von Klima-Klebern – Staus in Berlin und München +++

Die langjährige Deutsch-Kunst-Lehrerin ist überzeugt, dass man die Menschen bewegen kann, sich zu ändern: „Politik und Medien wären dazu fähig, das hat ja Corona gezeigt. Wenn Menschen Angst haben, werden sie versuchen, der Gefahr auszuweichen. Und ist die drohende Umweltkatastrophe nicht eine viel größere Gefahr als Corona? Aber nein... Wir sollen kaufen, verbrauchen, wegwerfen und kaufen.“

Lernt Berufe!

Sie kenne viele Leute, die sehr viel tun – für ihr eigenes, umweltfreundliches Leben. Vegetarier und Veganer würden immer mehr, freut sich die Uckermärkerin.

Jeder, der wolle, könne etwas für die Umwelt tun. Und dafür, so schließt ihr offener Brief, sollten die Klimakleber die Menschen gewinnen, anstatt sie gegen sich aufzubringen. „Und lernt Berufe, in denen ihr selbst fachgerecht und praktisch an euren Forderungen tätig sein werdet: Biolandwirtschaft, Energietechnik, Bauberufe, Verkehrswirtschaft, Rohstoffgewinnung, Recycling und vieles mehr.“

+++ Bereits hunderte Strafverfahren gegen Klimakleber in Berlin +++