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„Das Maß ist voll“

Ex-ZDF-Mann Peter Hahne rechnet schonungslos ab

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

„Die Menschen sind momentan untereinander so gespalten und unversöhnlich wie nie zuvor. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Veröffentlicht:03.05.2022, 14:47

Von:
  • Claudia Marsal
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Sind die Deutschen vielleicht doch ein Volk, das Angst und Panik braucht? Diese Frage warf der ehemalige ZDF-Moderator Peter Hahne am Montagabend zum Ende seines Vortrages provokant in die Runde. Er belegte diese Vermutung mit Beobachtungen, die er während seines letzten USA-Aufenthaltes im April 2022 gemacht habe. Da seien ihm nur noch vereinzelt Menschen mit Maske begegnet; „aber wenn, beispielsweise mutterseelenallein beim Wandern oder am leeren Stand, dann waren es Landsleute von mir.“

+++ „Corona-Kritiker müssen rehabilitiert werden” +++

In den gut zwei Stunden davor hatte der 69-Jährige in Malchow seine ganz eigene Bilanz der Pandemie gezogen. Und die war mehr als ernüchternd. Der langjährige Journalist, der während seiner Zeit beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk fast alle Politiker mit Rang und Namen interviewt hat, gehört aktuell zu den Promis, die vehement eine Aufarbeitung der Fehler der vergangenen 24 Monate fordern.

Beispiel an Schweiz nehmen

Ein gutes Beispiel seien da die Schweizer, die sich nicht scheuten, unbequeme Wahrheiten ans Licht zu bringen, erklärte der studierte Theologe vor hunderten Zuhörern, die an diesem Abend sowohl in der bis aufs Letzte besetzten Kirche als auch draußen im Zelt und auf Bänken Platz genommen hatten.

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Nur wenn auch hierzulande ein ehrlicher Evaluierungsprozess in Gang gesetzt werde, bestehe Hoffnung, dass die tiefen Gräben überwunden werden könnten, da ist der studierte Theologe ganz sicher: „Die Menschen sind momentan untereinander so verhasst, gespalten und unversöhnlich wie nie zuvor in unserer Geschichte. Die Verantwortlichen für die unsägliche Panikmache und Angsttreiberei müssen deshalb benannt und zur Rechenschaft gezogen werden. Unsere Gesellschaft kommt nie wieder auf die Beine, wenn wir nicht den Mut haben, das aufzuarbeiten. Nur die Wahrheit wird uns frei machen.“ Mit Blick auf die Anwesenden, die bis auf ein paar weit gereiste Gäste vornehmlich aus der Region kamen, sagte der Redner, dass er als Wessi den Bewohnern der ehemaligen DDR ein anderes Gespür für Demokratie attestieren könne: „Sie haben gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen.“

Lob für Ex-Chefredakteur Mladek

Das sei in den letzten zwei Jahren angesichts der fast gleichgeschalteten Medien wichtiger denn je gewesen. Nur wenige Zeitungen und Sender hätten ihren Job gemacht und kritisch nachgefragt, anstatt unreflektiert Regierungsmeldungen nachzubeten, resümierte Peter Hahne und nannte als gutes Beispiel mehrmals den Nordkurier, allen voran dessen ehemaligen Chefredakteur Jürgen Mladek, den er für dessen Mut, mit Kommentaren immer wieder aus der Reihe zu tanzen und auch seine Mitarbeiter kritisch schreiben zu lassen, sehr bewundere. Der langjährige Politik-Talkmaster erzählte, dass er die Coronazeit wie einen „Loriot im Endstadium“ empfunden habe und sich bis heute frage, warum das nur so wenigen bitter aufgestoßen sei. Unter dem Beifall der Besucher nannte er als Beispiel die Balkonklatscherei zu Beginn.

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Das Klatschen sei ein Hohn für die Mitarbeiter des Gesundheitswesens gewesen, die keinen Applaus, sondern mehr Kohle gebraucht hätten. Geld, das ihnen bis heute nicht gezahlt worden sei.

Krankenschwestern bestraft

Stattdessen habe man mit der Impfpflicht für diesen Bereich dann die bestraft, die von Anfang an alles gegeben hätten, so Hahne: „Beispielsweise die ungeimpfte Krankenschwester, die, nachdem sie Weihnachten durchgearbeitet hatte, dann auch noch den Silvesterdienst übernehmen musste, weil die geimpften Kollegen an Corona erkrankt waren.“ Diese Menschen ständen jetzt vor dem beruflichen Aus – „Wahnsinn“. Ebenso unfassbar finde er, was man mit den Kindern gemacht habe. „Noch vor vor zwei Jahren waren wir uns sicher, was ihnen gut tut: soziale Kontakte, Aufenthalt im Freien, Schule, Bewegung, Spiel und Spaß – und plötzlich wurden sie eingesperrt zu Hause, mit Chips vor den PC verbannt – das ist eins der vielen Verbrechen, denn sie haben Schaden genommen.“

Dasselbe treffe auf die alten Menschen zu, die in dieser Zeit ungetröstet gelitten hätten, manchmal sogar einsam starben; das habe mit Menschlichkeit nichts mehr zu tun. „Wir alle müssen uns schämen, dass wir das zugelassen haben.“ All diese Dinge sind in seinem neuen Buch „Das Maß ist voll“, das es sofort auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller-Liste schaffte, niedergeschrieben. Peter Hahne verspricht darin eine schonungslose Abrechnung mit dem, was passiert ist – nicht nur bei Corona, sondern auch im Ahrtal.