Farben-Verbot beim Tätowieren – wer ist schuld?
Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Seit dem 4. Januar 2022 dürfen Tattoo-Studios nicht mehr alle Farben benutzen wie bisher. Die Palette wurde durch eine neue EU-Verordnung drastisch verkleinert. Doch unter Kunden sowie Tätowierern, deren Farblager als eine Auswirkung der Pandemie-Auflagen noch gut gefüllt sind, herrscht darüber Verunsicherung. Zu groß der Frust, zu undurchsichtig die Regelungen für die bisher hergestellten Farben.
Ist Edding schuld an der Misere?
Zumal andere als die bisherigen Farben auf dem Markt momentan kaum zu bekommen sind – faktisch sind farbige Tattos derzeit also meistens nicht möglich. Eine verzwickte Lage – nicht nur für Inhaber von Tattoo-Studios. Es darf bunt tätowiert werden, aber es dürfen dabei keine schädigenden Farben genutzt werden. Wie soll das praktisch gehen? Einige Tätowierer sehen die Verantwortung bei der Firma Edding, die ihre eigenen Produkte auf dem Markt platzieren wolle.
Dort sieht man das allerdings anders, wie Firmensprecher Gregor Hintz klarstellt. Im Großen und Ganzen gehe es bei der Neuregelung darum, so Hinz, dass die EU-Kommission sich seit etwa zehn Jahren mit den Inhaltsstoffen von Tattoofarben befasse, weil es die Vermutung gegeben habe, dass gewisse Stoffe gesundheitsschädlich seien. ECHA, die europäische Chemikalien-Agentur, sei deshalb damit beauftragt worden, alle möglichen Substanzen zu kontrollieren.
Neue Farben sind wohl deutlich teurer
Das Ergebnis der langjährigen Überwachung sein nun, so Gregor Hintz, dass die Pigmente Grün 7 und Blau 15 sowie Konservierungsstoffe in den Farben nicht mehr erlaubt und bis 2023 komplett verboten werden sollten. Insgesamt seien es sogar circa 4000 Stoffe. ECHA habe bereits vor einem Jahr angekündigt, welche Stoffe verboten und bei welchen die Grenzwerte heruntergeschraubt werden sollten. Zum 4. Januar 2022 sei die Beschränkung – nach einjähriger Übergangsphase – nun amtlich. Dem sei ein langer Prozess innerhalb der EU voraus gegangen.
Durch den Prozess der eigenen Stifte- und Farbenherstellung sei die Firma Edding relativ nah an den Informationen der EU. Seit sechs Jahren arbeite der Konzern an der Herstellung von „gesünderen” Tattoofarben und entwickle diese ohne Konservierungsstoffe, so Hintz. Diese Farben seien allerdings aufgrund fehlender Konservierungsstoffe nicht mehr lange haltbar. Die Flaschen beinhalten auch nicht mehr 50 bis 100 Milliliter wie bisher. Haltbarkeit, Lagerfähigkeit und Handhabung müssten neu gedacht werden. Nur eine neue Farbgeneration könne dieser Herausforderung standhalten.
Edding-Farben derzeit nur im firmeneigenen Studio
Die von Edding neu entwickelten Farben finden bereits Verwendung im eigenen Tattoo-Studio in Hamburg, das im Oktober eröffnet wurde. Die Farben, entwickelt in Bautzen, seien reach-konform, entsprächen also den aktuellsten Verordnungen. Die Produktion sei ordnungsgemäß zertifiziert, versichert Hintz. Es gebe keine riesigen Mengen, daher sei der Bedarf momentan nur auf das eigene Tattoo-Studio ausgerichtet.
Auch ein Verkauf der Farben sei noch nicht möglich, so Hintz weiter. Dies sei dem Lockdown und damit einher gehenden Produktionsengpässen geschuldet. Über einen langfristigen Vertrieb werde nachgedacht. Fakt sei jedoch, dass die Edding-Farben teurer sein würden als die alten und wohl auch die von Mitbewerbern – dafür seien sie aber EU-konform.
Bunte Farben werden aus Amerika erwartet
Auf dem deutschen Markt gibt es momentan zwar konforme schwarze Farben, aber keine bunten. Letztere sollen demnächst aus Amerika kommen. Bunte Tattoo-Wünsche umzusetzen, ist nun sehr schwierig. Es ist zwar nicht verboten, stellt Hintz fest, aber die bunten Stoffe sind nicht erlaubt. Schlussendlich dürften Farben nach alter Rezeptur nicht mehr verwendet werden und müssen aus den Regalen verschwinden. Eine schwierige Situation für Studios, die noch mit den Folgen des Lockdown kämpfen.
Auch das Gesundheits- und Veterinäramt der Uckermark bestätigte auf Anfrage des Uckermark Kurier, von dem Verbot Kenntnis zu haben – und dessen Einhaltung solle auch kontrolliert werden. Der Nachweis von nicht zugelassenen Tätowierfarben könne nur über chemische Untersuchungen erfolgen. Daher werde entsprechend der Probenplan von Bund und Land angepasst.
Die rechtlichen Kontrollen der Tattoo-Studios erfolgen laut Amt auf zwei Ebenen: Die Ausstattung der Studios einschließlich der Maschinen und Nadeln sowie die fachliche Befähigung zur Tätigkeit obliegen der Gesundheitsbehörde. Für die Farbe entsprechend des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), der Kosmetik-VO und der Europäischen Chemikalien-VO (REACH) sei das Sachgebiet Lebensmittelüberwachung zuständig. Die Kontrolle erfolge ausschließlich im Rahmen von Planproben, des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜP) und mithilfe von Monitoringproben. Für Fragen und Antworten zu Tätowiermitteln verweist das Gesundheitsamt auf das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin.