Historisches Bauwerk
Greiffenberger Mühle hat endlich Flügel
Angermünde / Lesedauer: 4 min

Monika Strehlow
Es ist vollbracht! Für alle weithin sichtbar künden die neuen Flügel an der Erdholländerwindmühle von Greiffenberg von einem besonderen Triumph. Friedrich Schiller würde dem Bildhauer und ehrenamtlichen Windmüller Ingo Waligora, der sich in Berlin-Britz als Müller hatte ausbilden lassen, die Anleihe aus der berühmten „Ode an die Freude“ verzeihen. Waligora sagte, nach seinen Gefühlen angesichts der mit den jeweils elf Meter langen Flügeln endlich kompletten Windmühle gefragt: „Es ist eine tiefe Freude im Herzen drin. Man könnte auch sagen, alle Menschen werden Brüder, wenn sich sanft die Flügel drehen.“
Manchen mag die Anleihe am berühmten Lied pathetisch erscheinen. Verständlich wird die Reaktion allerdings, wer die Vorgeschichte dieser um 1835 erbauten Windmühle kennt. Damals gehörten die sich drehenden Mühlenflügel vor fast jedem Dorf in der Uckermark zum gewohnten Bild. Nach der Industrialisierung lagen die meisten ein Jahrhundert später verlassen. Auch die in Greiffenberg. Sie stand schon in den 1930er Jahren still, wie sich auf der Homepage des Mühlen-Fördervereins nachlesen lässt. Der wurde am 16. Februar 1994 in Frauenhagen bei Angermünde von Unentwegten gegründet, um alte Zeugnisse von Landwirtschaft, Handwerk und Kultur zu erhalten. Als Sinnbild historischen Lebens und Arbeitens stand die Windmühle im Mittelpunkt, auch wenn sie schon sehr vom Zahn der Zeit gezeichnet war.
Katastrophe vom Juli 2006
Darüber hinaus sollten die alte Schmiede in Schönermark erhalten und die Schule als Museum eingerichtet werden. Später erst ging es auch um die Restaurierung alter Turmuhren. Während Museum und Schmiede zu den Erfolgsgeschichten des Vereins gehörten, brach, nach einem Blitzeinschlag im April, am 2. Juli 2006 die hölzerne Mühle vor Greiffenberg endgültig zusammen. Eine Katastrophe für die kühnen Träume des Vereinsvorsitzenden Horst Fichtmüller und seiner Mitstreiter. Aber aufgeben kam wohl für den Pfarrer, Jahrgang 1934, nicht infrage. Nach dem ersten Schock gingen sie ans Aufräumen, erhielten 2007 sogar das Grundstück vom Vorbesitzer geschenkt.
Die neue Rolle als Eigentümer brachte mehr Gewicht in das ehrgeizige Projekt. Die rund 50 Vereinsmitglieder ermöglichten ein Netzwerk, auf dem die Rekonstruktion – unter Verwendung möglichst vieler ursprünglichen Bauteile – basiert. Unzählige Arbeitseinsätze, Veranstaltungen wie zum jährlichen Deutschen Mühlentag, pfiffige Werbeaktionen oder auch Flohmärkte vor den Toren Greiffenbergs und Besuche bei anderen Mühlenbetreibern sorgten für wachsenden Bekanntheitsgrad und lockten Spendenwillige. So ist bisher rund eine halbe Million Euro an privater und gewerblicher Unterstützung aufs Vereinskonto geflossen. Schatzmeister Hartmut Hinze betont aber mit einem Blick auf das neue Flügelkreuz der Windmühle, dass der Verein ohne große Zuwendungen zum Beispiel der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, der Staatskanzlei oder auch der Stadt Angermünde heute noch nicht so weit wäre.
Mehr und mehr Unterstützer
Mit dem Baufortschritt auf dem Mühlenberg wuchs die Schar der Unterstützer. 2009 wurde das Mühlenfundament freigelegt, 2010 kam der Stromanschluss. Beeindruckt von den „Starrsinn“ der Akteure gewährten märkische Ministerpräsidenten und Kommunalpolitiker Unterstützung. Vor allem aber zeigten sich Unternehmer von der Idee und dem Schwung der Akteure derart beeindruckt, dass viele mithalfen. So entstand nach und nach die Hülle des fest verankerten Bauwerks neu. Umfasst von insgesamt rund 50 000 Schindeln, hergestellt im Allgäu und montiert von einer mecklenburgischen Firma. Das Innenleben mit Königswelle – der tragenden Seele der Mühlentechnik – und Kammrad, mit Sieb- und Hebeanlage konstruierte Mühlenbautechniker Rüdiger Hagen aus Wedemark. Das Material für einen Drehkranz und die Transmission sponserte das PCK.
Unter anderem Freunde des Dieselmotors sorgten für die Restaurierung des Ein-Zylinder-Diesels vom Baujahr 1900, dank dessen auch bei Windstille gemahlen werden kann. Als vor Jahresfrist die drehbar gelagerte Kappe, also das Dach der Mühle, aufgesetzt worden war, rückte das Ziel in greifbare Nähe. Hergestellt und montiert wurde die 16 Tonnen schwere Kappe vom traditionellen holländischen Mühlenbauunternehmen VAAGS in Lochem. Der riesige Drehkranz dagegen entstand am Reißbrett und in der Produktion der Kiefern Bohm GmbH & Co. KG in Hardenbeck unweit von Templin.
Flügel aus den Niederlanden
Vor Kurzem nun hatten sich die holländischen Spezialisten erneut auf den 650 Kilometer weiten Weg gemacht, um die im Winter hergestellten vier Flügel zu montieren. „Wir sind alle erleichtert, dass die Montage ohne Komplikationen über die Bühne ging“, resümiert Hartmut Hinze wenige Tage später und schaut hoch auf das bis in die Flügelspitze insgesamt 23 Meter messende Bauwerk. Nach dem ersten Probedrehen der Kappe waren auch die Kinderkrankheiten beseitigt. Spätestens im Herbst will der Verein seine Holländermühle einweihen. Noch aber gibt es viel Arbeit, um bis dahin Besuchern einen sicheren Rundgang über alle vier Etagen der Mühle zu ermöglichen. Ab dem nächsten Jahr, so die Hoffnung von Hobby-Windmüller Ingo Waligora, kann endlich regelmäßig zum Schaumahlen eingeladen werden.