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Kreishandwerkerschaft Uckermark

Junger Handwerksmeister redet Klartext

Templin / Lesedauer: 4 min

Kitaschließzeiten im Sommer, zu wenig Bauland für Eigenheime und fehlende Unterstützung bei der Anwerbung ausländischer Mitarbeiter — das waren nur einige Themen.
Veröffentlicht:10.07.2023, 14:22

Von:
  • Sigrid Werner
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Karsten Müller vom gleichnamigen Kfz– und Gartentechnik–Betrieb in Boitzenburg hat seine Entscheidung, den Betrieb seines Vaters Fred Müller 2020 komplett zu übernehmen, nicht bereut. Das bekannte er bei einem Treffen von Vertretern der Kreishandwerkerschaft und der Landrätin der Uckermark Karina Dörk (CDU) in Boitzenburg. Allerdings sei die Firmenübergabe ein ziemlich bürokratischer und langwieriger Prozess gewesen, der andere durchaus auch hätte abschrecken können. Nicht so den Boitzenburger Meister für Kfz–Technik, der seine berufliche Karriere als Servicetechniker begonnen und frühzeitig schon mit 24 Jahren die Meisterausbildung an der Abendschule drangehangen hatte. „Ich bin froh, dass ich das gemacht habe“, sagt der heute 40–Jährige.

Zehn Auszubildende

Sein Vater hatte einst als Alleinkämpfer begonnen. Heute gibt das Unternehmen neben dem Inhaber noch neun Mitarbeitern Lohn und Brot. Und wenn der Chef geeignetes Personal dafür hätte, wäre da auch noch mehr drin, zum Beispiel der Service für Mähroboter, dessen er sich derzeit nicht annehme. Das kleine Familienunternehmen habe mit der Zeit zehn Azubis ausgebildet und auch schon Landmaschinenschlosser zu Kfz–Mechatronikern umgeschult. „Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft“, ist Karsten Müller überzeugt. „Hätten wir das nicht gemacht, hätten wir heute keine Leute.“ Mit der überbetrieblichen Lehrausbildung in Hennickendorf sei er sehr zufrieden, mit der Berufsschule weniger. Vermutlich wegen Personalmangels sei es dort sogar schon zu dem Ausfall von Prüfungsvorbereitungslehrgängen gekommen.

Der Weiterbildungsbedarf im Unternehmen sei groß, man arbeite daran, dass Mitarbeiter in jeder der beiden Schichten auch die sogenannten E–Scheine gemacht haben, die dazu berechtigen, auch Hybridfahrzeuge und Elektromotoren zu warten und zu reparieren. Zudem halte sich die Zahl der Elektrofahrzeuge auf dem Lande noch in Grenzen.

Wo ist der Strom?

„Wir versuchen im Moment die Fahrzeuge möglichst lange zu halten“, sagt er. Denn Gebrauchtwagen seien rar und die Unsicherheit der Kunden groß, in teure Fahrzeuge mit neuen Antrieben zu investieren. Für viele im ländlichen Raum stehe dann ja auch die Frage: Wo bekomme ich den Strom her? „Den Kunden und uns fehlt da einfach die Planungssicherheit“, schilderte der Kfz–Meister der Landrätin Karina Dörk (CDU), dem Kreishandwerksmeister Klaus Schreiber, dem Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostbrandenburg Frank Ecker, und der Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft, Katrin Grothe Probleme seiner Branche.

Karsten Müller und auch sein Vater sprachen sich dafür aus, mehr Bauplätze für zuzugswillige Familien auch im ländlichen Raum zu schaffen. „Wir kriegen nur junge Leute und Berufsnachwuchs her, wenn wir ihnen Bauplätze anbieten können“, so Karsten Müller.

Kita–Schließzeiten sind ein Problem

Und noch ein Problem brachte der Handwerksmeister zur Sprache. Nicht alle Kollegen könnten die Frühschicht pünktlich antreten, wenn in ihrem Heimatort die Kita erst später öffnet. Auch Schließzeiten von Kitas belasteten die Einsatzplanungen in Handwerksbetrieben, wenn man viele Mitarbeiter mit Kindern habe. Alle wollten dann in den Ferien Urlaub machen. Und die Mitarbeiter brauchten einen „Muttizettel“ vom Chef, wenn sie die Notbetreuung in Anspruch nehmen wollen, berichtet der Firmenchef über die Mühen des Alltags, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Schon jetzt hätten viele Eltern nur wenig gemeinsamen Urlaub, um die vielen Schließzeiten, -tage und Ferienzeiten abdecken zu können.

Eltern wollen mehr Familienleben

Bürgermeister Frank Zimmermann wies darauf hin, dass auch Erzieherinnen oft Eltern seien und man ihnen die Möglichkeit geben müsse, mit den Kindern Urlaub zu machen. Landrätin Karina Dörk bestätigte aus ihrer 1000 Mitarbeiter zählenden Verwaltung, dass sich die Arbeitswelt verändert habe und viele junge Familien nicht mehr nur für die Arbeit leben wollten, sondern mehr für die Kinder da sein wollen.

Karsten Müller wünschte sich, dass das die Gesellschaft besser steuert. Denn ohne Kinder gebe es später auch keine Lehrlinge für die Firmen. Er suche derzeit ganz aktiv nach Azubis, nutze alle Ausbildungsmessen, die sich böten, habe sogar schon Bewerbungen aus Marokko erhalten.

Mehr Unterstützung bei ausländischen Bewerbern

In dem Zusammenhang wünschte der Boitzenburger sich mehr Unterstützung für Unternehmen, die auch ausländischen Bewerbern eine Chance geben wollen, in den Betrieben Fuß zu fassen, um die bürokratischen Klippen zu umschiffen. Frank Ecker von der Handwerkskammer bot Betrieben Unterstützung an, die Geflüchtete einstellen wollen. „Dafür haben wir einen Willkommenslotsen bei der Handwerkskammer“, so Ecker.

Die Kreishandwerkerschaft informierte sich auf dieser Rundreise auch beim Unternehmen Thermobau in Templin.