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Gastronomie

Kellnerin rettet kleinen Gasthof auf dem Land

Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Ohne Silke Westphal hätte Andreas Krieser seine „Alte Brennerei“ schließen müssen. Doch dann traf der Gastwirt auf die 43-jährige Restaurantfachfrau.
Veröffentlicht:07.09.2023, 17:18

Von:
  • Claudia Marsal
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Gastwirt Andreas Krieser hätte nie für möglich gehalten, dass sein Hilferuf solche Wellen schlägt. Denn als sich der Unternehmer vor fünf Wochen an den Uckermark Kurier wandte, waren die Messen für sein kleines Restaurant auf dem Land eigentlich schon fast gesungen. Er stand vor der Entscheidung, den Restaurantbetrieb im Gasthof „Alte Brennerei“ einzustellen, weil ihm Servicepersonal fehlte. Eigentlich scheiterte es nur an einer einzigen Kraft, die bereit war, dienstags- bis samstagsabends die Stellung zu halten und die Gäste zu bewirten. Der Rest der Mannschaft stand. Nachdem die Heimatzeitung auch online über das Problem des Gastronomen berichtet hatte, ging der Beitrag schnell viral.

Fünf Tage die Woche hat das Lokal geöffnet. Nur sonntags und montags bleibt das Restaurant zu. (Foto: Claudia Marsal)

Aus ganz Deutschland gemeldet

Bereits kurz nach Veröffentlichung klingelte das Telefon von Andreas Krieser: „Es war einfach nur Wahnsinn. Mich erreichten Anfragen aus ganz Deutschland. Sogar aus Paris meldete sich jemand.“ Nach der Aktion Anfang August ging es dann schnell.

Der 38-Jährige sichtete die Bewerbungen und lud auch Silke Westphal zum Bewerbungsgespräch ein. Die 43-Jährige entsprach mit ihrem Profil genau dem, wonach der Wirt gesucht hatte. Die Mutter einer 17-jährigen Tochter wohnt ganz in der Nähe, ist gelernte Restaurantfachfrau sowie mobil und flexibel. „Mich haben die Arbeitszeiten nicht abgeschreckt“, verriet die Kellnerin diese Woche im Interview, ein Dutzend Dienste im neuen Job lagen da bereits hinter ihr: „Ich bin vom Team super gut aufgenommen worden, vor allem von den Köchen. Die sind schließlich froh, dass ich da bin, um ihr Essen vorne zu servieren.“

Die „Alte Brennerei“ ist mit viel Geschmack eingerichtet worden. (Foto: Claudia Marsal)

Chemie stimmt

Auch mit dem Chef habe die Chemie gleich gestimmt, versicherte Silke Westphal weiter: „Man hat hier Spaß auf Arbeit.“ Dass das nicht selbstverständlich ist, weiß die „Retterin“. Die lange Zeit im IBC Bogensee bei Wandlitz und später im Prenzlauer „Schützenhaus“ beschäftigte Restaurantfachfrau schwärmt ebenfalls von der gehobenen Küche, mit der sich die „Alte Brennerei“ einen Namen gemacht hat. Sowohl geschmacklich als auch optisch müsse der kleine Dorfgasthof den Vergleich mit den Großen der Branche nicht scheuen, bilanziert sie stolz: „Das bestätigen uns die Gäste immer wieder.“ 

Warum nicht nur Andreas Krieser, sondern auch viele andere Unternehmer so mühselig nach Personal suchen, obwohl die Zahl der Arbeitslosen parallel dazu steigt, erklärt sich dieser so: „Ich vermute, dass das auch mit dem Bürgergeld zu tun hat, weil es manchen dazu ermuntert, zu Hause zu bleiben.“ Dabei verdiene das Personal bei ihm nicht schlecht: „Das Gehalt ist angemessen. Ich übernehme Kita-Kosten, stelle E-Bikes zur Verfügung, zähle Urlaub nur von Montag bis Freitag und garantiere eine geregelte Dienstplanung.“

Verpflegung auf Arbeit

Auch die Verpflegung während des Dienstes werde von ihm gestellt, betont der Chef: „Doch selbst mit diesen Zugeständnissen blieben Anfragen lange Zeit aus.“ Zum Glück steht sein Team für die angeschlossene Kantine schon lange. Knapp tausend Essen pro Tag, sechs Lieferfahrzeuge verlassen täglich Nechlin, um Kunden mit frischer Hausmannskost zu versorgen — Andreas Krieser von der „Alten Brennerei“ ist froh, dass er vorausschauend das Gebäude der Einkaufsquelle ‚Konsum‘ erworben und zu einer modernen Großküche umbauen lassen hat, deren Kapazität bei 2500 Portionen pro Tag liegt. Seit ein paar Monaten arbeitet das Team schon an der neuen Adresse und ist begeistert. Keine Enge mehr — sogar Büfetts für mehr als 200 Personen, Firmenevents und Abibälle sind jetzt kein Problem mehr für die Belegschaft, neben der sich gut entwickelnden Sparte „Essen auf Rädern“ und der Mittagsversorgung von Schulen und Kitas.