Wegen PCK Raffinerie

Kommunale Familie der Uckermark steht hinter Schwedt

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Diesen Schulterschluss hat es so noch nicht gegeben. Vertreter aller Kommunen der Uckermark haben ein Zeichen der Solidarität mit Schwedt gesetzt.
Veröffentlicht:24.06.2022, 17:01

Von:
  • Horst Skoupy
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Ein bislang einmaliges Zeichen haben am Freitag die Kommunen des Landkreises Uckermark gesetzt. Als kommunale Familie stellten sie sich geschlossen hinter eine Entschließung des Kreistages zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Schwedt, die die uckermärkischen Abgeordneten am Donnerstagabend einstimmig beschlossen hatten. Vor dem Hintergrund eines Boykotts von russischem Erdöl durch die Europäische Union (EU) und die Bundesrepublik, von dem die PCK Raffinerie GmbH betroffen sein wird, fordern sie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und -finanzminister Christian Lindner (FDP) klare Garantien für das Unternehmen, die Stadt und die ganze Region, der Uckermark Kurier berichtete.

„Es ist wichtig, und ich glaube, es ist ziemlich einmalig, was wir heute hier demonstrieren“, sagte Uckermark-Landrätin Karina Dörk (CDU). Es habe am Donnerstagabend mit dem eindeutigen Votum der Kreistagsabgeordneten begonnen und setze sich mit der solidarischen Geschlossenheit der uckermärkischen Kommunen fort. „Dieser Schulterschluss ist wichtig, wenn wir uns für die Region stark machen wollen“, so Karina Dörk. Je stärker er ist, umso größer sei das politische Gewicht gegenüber der Bundesregierung, ist die Landrätin überzeugt.

+++ Das bedeutet ein Ölembargo für Verbraucher in MV und Brandenburg +++

Dem konnte sich Schwedts Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) nur anschließen. Sie empfinde große Dankbarkeit, dass sämtliche uckermärkischen Kommunen sich in einer hochbrisanten Situation solidarisch hinter die Oderstadt stellen, um gemeinsam nicht nur für das PCK oder die Stadt, sondern eben für eine ganze Region zu kämpfen. Die ehrliche Sorge um die Zukunft der Stadt Schwedt habe sie in der jüngsten Vergangenheit schon oft spüren können. So hätten sowohl Prenzlaus Bürgermeister Hendrik Sommer (parteilos) als auch sein Amtskollege aus Angermünde, Frederik Bewer (parteilos), schon bei ihr angerufen und nachgefragt, wie sie helfen können.

Es ist diese „Es-wird-schon-igendwie-Mentalität“, die Hendrik Sommer so entsetzt, wenn sich Vertreter der Bundesregierung zur Frage äußern, wie es mit dem PCK, der Stadt und der Region weitergehen soll, wenn durch ein Ölembargo eine Schlüsselindustrie in der Uckermark wegbricht. Welche Folgen das nach sich ziehen würde, sei überhaupt noch nicht abschätzbar. Diese Frage beschäftige aber Verantwortliche, wie beispielsweise den Geschäftsführer der Prenzlauer Stadtwerke Harald Jahnke, der sich jetzt schon Gedanken macht über den bevorstehenden Gas-Winter. „Wir haben ernsthaft schon überlegt, ob wir uns ein paar Großzelte sichern sollen, damit sich Menschen darin aufwärmen können, wenn in ihren Wohnungen nur noch 18 Grad sind“, spielte der Prenzlauer Bürgermeister auf aktuelle Diskussionen über Einsparpotenziale angesichts einer möglichen Energiekrise an.

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Dass Deutschland die geplanten Sanktionen der EU gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine, zu denen auch ein Ölembargo gehört, noch schärfer auslegt und freiwillig auf einen Boykott des Rohstoffs aus Pipelines ausdehnt, kann er nicht nachvollziehen. Er zweifelt daran, dass die Sanktionen den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Knie zwingen, und verwies auf das Beispiel Nordkorea, wo internationale Boykotts seit Jahrzehnten das Regime dort nicht davon abhielten, an Atombomben zu basteln.

Vor einem fatalen Signal warnte Templins Bürgermeister. „Was wir überhaupt nicht gebrauchen können, ist der Eindruck, dass in der Uckermark die Lichter ausgehen könnten. Ich finde es gnadenlos von der Bundesregierung, wie man den Nordosten über die Wupper gehen lässt“, spielte er auf wenig Konstruktives aus den Bundesministerien zur Zukunft des Wirtschaftsstandortes Schwedt an. Wenn es die Bundesregierung für richtig hält, im vorauseilenden Gehorsam Sanktionen zum Ölembargo zu überbieten, „dann muss man in Berlin auch politisch den Mut haben, zu sagen, wir übernehmen die finanziellen Garantien, wie zum Beispiel Patronatsbürgschaft für drei Jahre. Damit hätte man Rückgrat bewiesen“, so Tabbert.

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Vor dem Hintergrund der von der Regierungskoalition geplanten Abkehr von fossilen Rohstoffen hin zu alternativen Energien sprach Annekathrin Hoppe von einem „Lackmustest“, vor dem die Bundesregierung jetzt in Schwedt steht. Hier könne sie jetzt beweisen, wie ernst es ihr mit diesem Vorhaben ist.

Roland Klatt (SPD), Bürgermeister der Gemeinde Nordwestuckermark, kam nicht mit leeren Händen zur Unterzeichnung der Entschließung. Er übergab seiner Schwedter Amtskollegin Listen mit Unterschriften sämtlicher Gemeindevertreter und zahlreicher Bürger, die diese unter ein Bekenntnis von Politikern und Unternehmen zur Unterstützung der Stadt Schwedt gesetzt hatten.

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Am kommenden Mittwoch findet die Solidarität mit Schwedt und der Region seine Fortsetzung. Um 18 Uhr beginnt in der Stadt am „Platz der Befreiung“ eine Großkundgebung, zu der sich unter anderem bereits zahlreiche Vertreter der Landesregierung Brandenburg angekündigt haben.