Fischsterben
Kreis Uckermark sieht weiter akute Gefahr in Oder
Schwedt / Lesedauer: 3 min

Heiko Schulze
Seit 1959 wohnt Dirk Schmidt, Vorsitzender der Ortsgruppe Schwedt im Kreisanglerverband Uckermark, in der Oderstadt, doch solch eine Situation hat er noch nicht erlebt. Als am Mittwoch die ersten Warnungen vor einem großen Fischsterben in der Oder ausgesprochen wurden, begab er sich an den Fluss. Da schien noch alles normal, doch Freitagfrüh gegen 7.30 Uhr sah er dann die toten Weißfische im Wasser treiben. „Keine großen Welse, Hechte und Zander, wie sie auf Fotos in sozialen Netzwerken kursieren, doch eine beachtliche Menge“, schilderte der pensionierte Petrijünger dem Uckermark Kurier.
Das Aussehen und der Geruch des Wassers waren hingegen nicht auffällig. Zumindest zu diesem Zeitpunkt. Was die Ursache des Fischsterbens betrifft, habe er auch von einem möglichen Chemieunfall auf polnischem Gebiet gehört, doch wolle er nicht in eine Glaskugel schauen: „Wahrscheinlich ist es das unglückliche Zusammentreffen verschiedener Faktoren: niedriger Wasserstand, auch dadurch viel zu warmes Wasser und dann noch giftige Substanzen.“ Auf der Internetseite des Anglervereins habe er umgehend die Warnhinweise des Landkreises und Landesanglerverbandes weitergegeben.
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Die eindringlichen Hinweise über die NINA-WarnApp hat der Landkreis Uckermark Donnerstagmittag noch einmal erweitert und verschärft und auch auf die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße (HoFriWa) ausgedehnt. Durch den Wasser- und Bodenverband Welse wurden alle Einlassbauwerke auf deutscher Seite geschlossen und das Wasser- und Schifffahrtsamt hat die Schleusungen eingestellt. „Damit soll verhindert werden, dass Oderwasser in die HoFriWa fließt“, erläuterte Landkreis-Pressesprecherin Ramona Fischer.
Landrätin Karina Dörk (CDU) betonte am Donnerstag noch einmal, dass alle Warnhinweise nach wie vor ihre Gültigkeit behalten. Der Kontakt mit Wasser aus der Oder und aus der HoFriWa sowie die Nutzung desselben für private oder gewerbliche Zwecke (beispielsweise Viehtränken oder Bewässerung) sollten vermieden werden. Landwirte sollten ihr Nutzvieh und Spaziergänger ihre Hunde von den beiden Gewässern fernhalten. Zudem sollte auf den Verzehr von Fischen aus diesen Gewässern aktuell ebenfalls verzichtet werden, so der Landkreis Uckermark. Gleichzeitig versichert die Landrätin, dass die zuständigen Stellen an der Ursachenermittlung arbeiten, um daraus gegebenenfalls weitere Maßnahmen abzuleiten.
Die toten Fische einfach aus den Gewässern zu sammeln, liege nicht in Verantwortung der Anglervereine, betont Dirk Schmidt, in dessen Ortsgruppe circa 150 Petrijünger organisiert sind. Es handele sich um Bundesgewässer, sodass der Bund auch für entsprechende Maßnahmen zuständig sei. „Wenn wir gefragt werden, unterstützen wir dabei selbstverständlich. Doch die Abläufe müssen klar geregelt werden. Bei den toten Fischen handelt es sich quasi um Sondermüll, der nicht einfach in Biotonnen entsorgt werden kann.“
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Mike Bischof, Vorsitzender des Vereins „Flußbadestelle Nationalparkstadt Schwedt/Oder e.V.“ bestätigte, dass das umzäunte Gelände am Hahnenfußweg umgehend geschlossen worden ist. Er hoffe, dass das nächste geplante Konzert – am 25. August wird Fabrice Richter-Reichhelm aus Berlin an der Flußbadestelle erwartet – stattfinden kann, wenn auch ohne Badebetrieb.
David Schmidt, Vorstandsmitglied im Anglerverein Passow, gehörte zu jenen, die sich Donnerstagmittag vor Ort ein Bild machten. „Man hegt und pflegt als Angler die Gewässer. Jetzt hilflos zuschauen zu müssen, wie eine ganze Population stirbt, ist verdammt bitter.“ Er befürchtet zudem, dass es erst der Anfang einer Welle ist und noch mehr Organismen in Odernähe treffen wird: Vögel, die die Fische fressen, Marder ... In Lebus bei Frankfurt sollen bereits erste tote Biber gesichtet worden sein. Inzwischen bilden sich auch Ölschlieren auf der Wasseroberfläche.