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Denkmalschutz

Maklerin sucht neuen Eigentümer für imposantes Gebäude

Boitzenburg / Lesedauer: 6 min

Graf von Arnim ließ 1913 das Verwalterhaus in Boitzenburg bauen. Seitdem haben viele Menschen darin gelebt und gearbeitet. Doch seit Jahren ist es entkernt und wartet auf den Prinzen, der es wachküsst.
Veröffentlicht:10.09.2023, 18:09

Von:
  • Ines Markgraf
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Eines der schönsten Gebäude in Boitzenburg, das ehemalige Verwalterhaus, könnte bald einen neuen Besitzer haben. So ist es zumindest von der Drachenfels AG Hamburg, dem Eigentümer, angedacht. Voraussetzung sei, dass der Preis stimmt. Doch das Eckgebäude erweist sich bisher als „Ladenhüter“, denn schon vor acht Monaten hat Christine Schultz, seit über 25 Jahren Inhaberin von DomiZiel Immobilien in Groß Fredenwalde, den Auftrag übernommen, das 1456 Quadratmeter große Grundstück mit dem imposanten Gebäude zu verkaufen. Dabei sei es ein wunderbares Gebäude, nur wenige Schritte vom Haussee entfernt und in unmittelbarer Nähe vom Schloss Boitzenburg, dem Marstall und dem Park mit seinen Denkmälern. Christine Schultz hatte gehofft, dass eines der Mitglieder des Immobilieninvestmentclubs, dem auch sie angehört, Interesse an diesem einzigartigen Projekt haben oder es vermitteln könnte. Doch leider habe sich bisher niemand dafür erwärmen können.

Christine Schultz versucht seit mehreren Monaten, das unter Denkmalschutz stehende Haus zu veräußern. (Foto: Ines Markgraf)

Ganz unproblematisch ist das Haus, das 1913 für die Verwaltung der Besitztümer und Wirtschaftsgüter des Schlosses genutzt wurde, nicht. Für ein Privathaus wohl etwas zu überdimensioniert, zumal es über fast keine Außenfläche verfügt, für einen Firmensitz sicher geeignet, doch welche Firma benötigt heutzutage schon so ein großes repräsentatives Haus — und das ausgerechnet im kleinen beschaulichen Boitzenburg?

Christine Schultz hat sich dazu ihre Gedanken gemacht und könnte sich zum Beispiel eine Seniorenresidenz vorstellen, ähnlich dem Schloss Wiesenburg im Fläming. „Gut betuchte, noch sehr rüstige Senioren könnten Gefallen an der Lage finden. Es ist doch alles vor der Tür: Cafés, Restaurants, Ausflugsmöglichkeiten ... und bis Berlin oder zur Ostsee ist es nur ein Katzensprung“.

Die Treppe im ehemaligen Verwalterhaus ist noch erhalten und müsste wieder aufgearbeitet werden. (Foto: Augusto Pacheco)

Die Drachenfels AG kann sich eine Seniorenresidenz darin nicht wirklich vorstellen, heißt es auf Nachfrage: „Viel zu viele Treppen. Dann doch eher ein Investitionsobjekt, vielleicht, wo sich Berliner ein Büro mieten und arbeiten können“. Ursprünglich gehörte das Objekt der Firma Schloß Boitzenburg KG, die Ende 1998 das Schloss Boitzenburg mit der Insel, dem Marstall, dem Verwalterhaus, das Wiesenhaus (Bettenhaus), einen Wohnblock und einen Gasthof im Paket von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft für einen symbolischen Preis von einer Mark erwarb. Anschließend begann ein groß angelegter Restaurierungsmarathon, der zig Millionen — großzügig gefördert — verschlang. Bereits 2002 eröffnete das Schloss als Kinder- und Familienschloss, und der Marstall wurde zum Veranstaltungsort, später dann mit Kaffeerösterei, Schokoladen–, Eismanufaktur und Bäckerei. Auch das Verwalterhaus sollte damals als Hotel — hauptsächlich zur Unterbringung von Busreisegruppen und Gästen, die im Schloss feiern, umfunktioniert werden. Ursprünglich war sogar geplant, dort eine Brauereimanufaktur — in Nachbarschaft vom „Gasthof zum grünen Baum“ — mitzuetablieren.

Der Putz wurde vor Jahren bereits entfernt. (Foto: Ines Markgraf)

Nach den ersten Bauarbeiten, wie die Entkernung des Gebäudes, eine Schwammsanierung und den Einbau einer Holz- und Horizontalsperre, musste die Firma 2004 Insolvenz beantragen — verkaufte aber während des Verfahrens an die Bonner Drachenfels 30.VV AG. Das Projekt wurde dann nicht mehr weiter verfolgt. Seitdem verfällt das Haus zum Leidwesen der Boitzenburger und der zahlreichen Touristen zusehends, die jedes Jahr das „Neuschwanstein des Nordens“ besuchen.

„Es wird viele freuen, dass wir den Dachstuhl des Nordanbaus des ehemaligen Verwalterhauses sichern und abdichten werden. Die Aufträge wurden bereits vergeben“, informierte die Drachenfels AG. „Sollte sich niemand für das Objekt finden, werden wir es in den nächsten Jahren selber sanieren.“ Dabei wolle man am ursprünglichen Gedanken festhalten, sodass dort Hotelzimmer oder aber auch Ferienwohnungen entstehen könnten.

Bis unter das Dach kann man vom Keller aus blicken. Die Zwischenböden wurden entfernt. (Foto: Augusto Pacheco)

Ein ehrgeiziges Vorhaben, denn obwohl das Haus auf den ersten Blick von außen einen soliden Eindruck macht, ist das eine Herkulesaufgabe. Der Keller steht unter Wasser.

„Ja, es muss viel gemacht werden“, schätzt auch Christine Schultz ein, die seit zehn Jahren in der Uckermark als Maklerin tätig ist. Dass das Haus außen wie auch innen unter Denkmalschutz steht, sehe sie nicht als Problem. Da es bereits entkernt sei, könne der neue Eigentümer in Absprache mit dem Denkmalamt sicher seine Vorstellungen verwirklichen. Sie hofft, dass sich durch Mund-zu-Mund–Propaganda vielleicht doch ein Interessent findet, der die gewünschte Summe auf den Tisch legt. „Ein Verkaufsschild möchte der Besitzer nicht am Haus anbringen, ebenso wenig Anzeigen im Internet ...“ Größere Chancen rechnet sich Christine Schultz aus, wenn alles zusammen in einem Paket zum Verkauf stehen würde. Doch das habe die Drachenfels AG nicht vor.

So imposant sah einst das Verwalterhaus in Boitzenburg – fotografiert für eine Postkarte – aus.   (Foto: Bernhardt Rengert)

Aber so „leicht“, wie es noch vor wenigen Jahren war, Immobilien an den Mann oder an die Frau zu bringen, ist es nicht mehr, sagt Christine Schultz. Innerhalb eines Jahres habe sich der Immobilienmarkt völlig verändert. Während und kurz nach der Coronapandemie gab es einen wahren Boom. Vor allem Familien aus Berlin wollten aus der Enge der Stadt heraus, sie suchten ein Häuschen mit viel Platz zum Erholen, Leben und auch zum Arbeiten.“ Und das ließen sie sich auch einiges kosten. Nun seien mehr Objekte als Käufer auf dem Markt. „Viele haben Bedenken, wie es weitergeht. Immer neue Gesetze, Verordnungen und Ideen, dazu die steigende Inflation und die Angst, das alles nicht mehr bezahlen zu können, führen dazu, dass Menschen schneller darüber nachdenken, ihr Häuschen zu verkaufen beziehungsweise lieber erst einmal abwarten wollen, bis sie sich zu einem Kauf entscheiden.“ Ein weiteres Hindernis für Käufer seien die Banken, die nach Erfahrungen von Christine Schultz den Wert von Verkaufsobjekten immer geringer einstufen würden. Somit bekommt der Käufer nicht die Kredithöhe, die er benötigt, um dem Wunschpreis des Verkäufers zu entsprechen. „Das ist wirklich ein Problem! Eine Verkäuferfinanzierung, bei der der Käufer einen Teil der Summe zahlt und den Rest beim Verkäufer abstottert, müsste gut von einem Notar betreut werden. In der Uckermark wird das aber bisher noch nicht so oft angeboten. Auch die Variante, dass ein Kapitalanleger das Haus erwirbt und der Verkäufer bis zu seinem Lebensende darin wohnen bleiben kann, ist eher in Städten als auf dem platten Land verbreitet.“

Zum Schluss versichert die Maklerin: „Es gibt sie noch, die schönen, besonderen Objekte, die Lust auf die Uckermark machen. Die Uckermark ist längst noch nicht ausverkauft, auch wenn das der Titel eines aktuellen Buches glauben machen will.“