StartseiteRegionalUckermark„Musik soll Menschen in der Tiefe ihrer Seele berühren“

Konzert in Prenzlau

„Musik soll Menschen in der Tiefe ihrer Seele berühren“

Prenzlau / Lesedauer: 5 min

Am 26. Mai werden in Prenzlau Björn Casapietras „Himmelslieder“ erklingen. Der Uckermark Kurier sprach im Vorfeld mit dem bekannten Tenor.
Veröffentlicht:24.04.2023, 18:00

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Am 26. Mai werden im Friedgarten des Dominikanerklosters Björn Casapietras „Himmelslieder“ erklingen. Der bekannte Tenor ist im Rahmen des Kultursommers in Prenzlau zu Gast. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen. Im Gespräch mit dem Uckermark Kurier sprach Casapietra über das Konzert und das, was ihn mit der Uckermark verbindet.

Herr Casapietra, mit den „Himmelsliedern‟ sind Sie seit zwei Jahren auf Tour. Verbinden Sie mit ihnen so etwas wie eine Botschaft?

Die Himmelslieder scheinen genau die richtigen Lieder zur richtigen Zeit zu sein. Erst drei Jahre Pandemie, und jetzt dieser furchtbare russische Angriffskrieg. Musik hat jetzt die Verantwortung, Menschen Zuversicht zu schenken, Kraft, Hoffnung und Trost. Und genau das will ich mit den Himmelsliedern erreichen.

Wen sprechen Sie mit den „Himmelsliedern“ an, welche Stationen streift dieser musikalische Exkurs?

Die Mischung macht es einfach. Geistliche Lieder wie „Panis Angelicus“, diverse „Ave Maria“ oder „Maria durch ein Dornwald ging“ und „Tochter Zion“ auf der einen Seite und auf der anderen Seite einfach Lieder, die von Menschen handeln, die Hoffnung und Kraft suchen. „Sound of Silence“ von Simon & Garfunkel ist so ein Lied. Oder natürlich das berühmte „Halleluja“ von Leonard Cohen. Die Menschen lieben dieses Lied, und es gibt ihnen Kraft. Und darum geht es.

Was bedeutet Musik für Sie?

Gute Musik sollte unsere Welt besser machen. Gute Musik ist ein Transportmittel für große Gefühle. Musik ist Liebe. Musik hilft und kann heilen. Man stelle sich nur mal vor, es hätte die Beatles nie gegeben. Genesis, David Bowie, Bach oder Schubert. In was für einer kalten Welt würden wir leben?

Ihr Repertoire ist sehr facettenreich. Sind Sie ein Grenzgänger?

Das scheine ich tatsächlich zu sein. Ich liebe es, Dinge miteinander zu verbinden. Und das funktioniert auch so wunderbar. Ich singe ein „Tochter Zion“ von Georg Friedrich Händel und gleich danach „My Sweet Lord“ von George Harrison. Das hilft auch sehr dabei, dass es nie langweilig wird. Ich hasse nichts mehr, als wenn ich bei langweiligen Konzerten bin. Ich möchte mein Publikum unterhalten. Die Menschen sollen bei meinen Konzerten von einem Lachen in ein Weinen und von einem Weinen in ein Staunen fallen.

Welchem Musikgenre fühlen Sie sich besonders verbunden? Was liegt Ihnen am meisten?

Mein Publikum sagt, dass ich dann am authentisch–sten bin, wenn ich italienisch singe. Es ist einfach auch eine so wunderbar musikalische Sprache. Und ganz am Ende der Himmelslieder–Konzerte gibt es dann auch das berühmte italienische „O Sole Mio“, was ich natürlich als Tenor auch dementsprechend schmettere.

 

Sie sagen: Musik müsse Herz und Seele berühren und Hoffnung und Zuversicht unter die Menschen bringen — Hat Musik tatsächlich diese Wirkung?

Wissen Sie, was für mich das größte Kompliment ist? Wenn ich das „Ave Maria“ von Franz Schubert singe und merke, dass ein paar Damen in den ersten Reihen ihre Taschentücher herausholen. Genau das sollte gute Musik bewirken. Menschen in der Tiefe ihrer Seele berühren.

Welche Projekte gibt es, abgesehen von der aktuellen Tournee, für die kommende Zeit? Ist ein neues Konzertprogramm in Planung?

Ganz ehrlich? Wir hatten drei Jahre lang eine Pandemie. Und das bedeutete für uns Künstler, dass wir unseren Beruf nicht ausüben konnten. Ich bin im Moment einfach nur glücklich damit, wieder Konzerte geben zu können. Ich fühle mich wie ein Stier, der vor einem roten Tuch steht. Motiviert bis unter die Haarspitzen. Ich möchte Konzerte singen, die niemand mehr vergisst.

Die meisten kennen Sie heute als den bekannten Tenor — man hat sie aber auch schon als Schauspieler erleben können. 2014 gibt es den letzten Eintrag in Ihrer Filmografie. Ist eine Rückkehr in die Schauspielerei dennoch wieder denkbar?

Eigentlich war und bin ich sehr glücklich damit, mein eigener Chef geworden zu sein. Unabhängig. Frei. Aber ich sag es Ihnen ganz ehrlich: In diesen drei Jahren Pandemie, wo wir nicht wirklich so arbeiten konnten, wie wir das gewohnt waren, hätte ich mir ein zweites Standbein in Sachen Schauspielerei zurückgewünscht. Tatsächlich vermisse ich manchmal das Drehen. Aber was ich überhaupt nicht vermisse, ist, abhängig davon zu sein, dass das Telefon klingelt und man dir eine Rolle oder ein Casting anbietet. Das habe ich immer gehasst. Von anderen abhängig zu sein. Durch meine CDs und meine Konzerte bin ich mein eigener Herr geworden. Und das ist mir sehr wichtig.

Weniger bekannt sein dürfte Ihr soziales Engagement. Unter anderem haben Sie sich journalistisch betätigt und nach Spuren jüdischer Vergangenheit in Berlin gesucht …

Ich bin Botschafter des Kinderhospizes „Bärenherz“. Diese Aufgabe nehme ich seit 15 Jahren wahr, und wir sammeln bei fast allen unserer Konzerte immer wieder Geld für das Kinderhospiz in Markkleeberg. Außerdem stimmt es, dass ich ein paar Reportagen über Spurensuche nach jüdischem Leben hier bei uns in Berlin Mitte für die BZ am Sonntag geschrieben habe. Wissen Sie, wenn man sich einmal ausführlich mit dem Holocaust beschäftigt hat, ist man nicht mehr der Mensch, der man vorher war. Ich lebe mitten im Scheunenviertel. Und vor dem Krieg war das ein komplett jüdisches Viertel. Mit Synagogen, Betstuben und vielen jüdischen Geschäften. Von alldem ist nichts mehr übrig. Außer den wenigen Spuren, die wir da gefunden haben.

Gibt es für Sie eine Verbindung zu Prenzlau, zur Uckermark?

Ich habe viele Freunde in der Uckermark. Ganz besonders am Oberuckersee. Die besuche ich oft, und dann unternehme ich mit meinem Hund weite Spaziergänge. Ich freue mich so sehr auf Prenzlau und dieses wunderschöne Kloster. Himmelslieder unterm Sternenhimmel ... Ich wünsche mir, dass mein Publikum aus dem Konzert geht und das Gefühl hat, dass die Sterne am Himmel etwas heller leuchten.