Uckermark Kurier auf Sommertour
Nachts wird in Schmachtenhagen geschraubt
Schmachtenhagen / Lesedauer: 3 min

Wenn Andreas Hagenau sein Garagentor öffnet, schlagen Ostalgikern die Herzen höher. Drei komplett restaurierte Simson S51B ziehen den Blick auf sich. „Einen Roller interessiert auf der Straße doch niemanden, aber die schon“, sagt er. Für Andreas Hagenau sind Simsons ein Teil seiner Jugend. „Als junger Bengel bin ich selbst schon Simson gefahren“, erzählt er mit einem breiten Grinsen. In den Ferien hat er als Jugendlicher gearbeitet, um die 1825 Ostmark zusammenzukratzen und sich seinerzeit einen Traum zu erfüllen: eine S51B Viergang. „Damals warst du damit jemand“, erzählt er, wie stolz er damals auf sein Moped war.
Fernsehen gefällt ihm nicht
Jetzt geht es weniger um den Stolz, nun will er schrauben und basteln. Andreas Hagenau findet nachts oft nur wenig Schlaf. Seine Mutter ist schwer pflegebedürftig. Der alt eingesessene Schmachtenhagener pflegt sie, rund um die Uhr ist er für sie da. Doch nachts gibt es immer wieder Phasen, in denen er nicht schlafen kann. Er will zur Stelle sein, wenn seine Mutter Hilfe benötigt. Seine Ehefrau arbeitet im Drei-Schichten-Dienst. Es sich mit ihr gemütlich zu machen, ist dadurch nicht immer drin. Fernsehen gefällt Andreas Hagenau gar nicht, also hat er ein sinnvolles Hobby gesucht. Das hat er nur wenige Meter neben seinem Haus gefunden. Nachts, wenn alles schläft, schraubt er an Mopeds und Motorrädern herum. „Das ist mein Hobby, das macht mir Spaß“, sagt er.
Verkaufen? Niemals!
Vom Entrosten über die Reparatur bis hin zum Lackieren macht er alles selbst an den drei Simsons. Das hat er sich mehr oder weniger selbst beigebracht. „Wer ein bisschen Grips im Kopf hat und Schaltpläne lesen kann, kriegt das schon hin“, sagt der gelernte Montagefacharbeiter. Durch das Baukastensystem der Simsons sei das recht unkompliziert.
Die alten DDR-Maschinen sind ausschließlich ein Hobby für ihn. Zum Verkauf stehen sie nicht. Geld will er damit nicht verdienen, auch wenn er viel Zeit und Mühe in die Restaurierung steckt. Auf Flohmärkten und in Internetshops findet er Ersatzteile. Die zu beschaffen, ist kein Problem, einen gut erhaltenen Motor schon, sagt Andreas Hagenau.
Wenn sie lange gelaufen sind, baut er sie auseinander und setzt sie mit ein paar Ersatzteilen wieder zusammen. Besonders die Kurbelwellenlager sind oft ausgeschlagen. Davon hat er in seiner Werkstatt, wie auch von anderen Ersatzteilen, genügend auf Lager. Eine Maschine kann er, vom schrottreifen Zustand ausgehend, in rund zwei Wochen wieder flott machen. „Aber dann muss ich mich wirklich sehr reinhängen“, sagt Andreas Hagenau.
Unter einer Plane stehen noch zwei weitere Maschinen in der Garage. Unter einer davon verbirgt sich eine blaue Schwalbe, unter der anderen kommt eine rote TS 150 der VEB Motorradwerk Zschopau (MZ) zum Vorschein.
„Die MZ ist mein Schatz“
Auch die hat Andreas Hagenau selbst wieder aufgebaut. Vor zwei Jahren sollte die TS 150 verschrottet werden, als ein Bekannter von ihm Platz in seiner Garage schaffen wollte. Dafür ist sie viel zu schade, so Hagenau: „Die MZ ist mein Schatz.“ Also hat er sie restauriert. Nur beim Lackieren hat er sich Hilfe gesucht, sagt er. Das war es dann aber auch schon mit fremder Hilfe, bei den Reparaturen legt er alleine Hand an.
Im zweiten Versuch springt die TS 150 an und läuft rund. „Sie stand eben ein wenig“, sagt Hagenau. Wie die MZ sind alle fünf Maschinen fahrtüchtig und auf den Straßen der Uckermark zu sehen, Carla beispielsweise. Das ist der Name der silbernen S51B. Die fährt seine Tochter.