Keine Entspannung

Ohne Niederschläge stirbt der Wald

Uckermark / Lesedauer: 4 min

Nach dem kühlen April und dem regnerischen Wetter könnte man meinen, dass mit dem Wald alles in Ordnung ist. Uckermärkische Fachleute sagen etwas anderes.
Veröffentlicht:15.05.2021, 15:20
Aktualisiert:06.01.2022, 21:52

Von:
  • Author ImageMathias Scherfling
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Der Waldzustandsbericht 2021, der am 24. Februar veröffentlicht wurde, ließ nicht nur Fachleute aufhorchen. Die Situation ist besorgniserregend. Denn es gibt in deutschen Wäldern kaum noch Bäume, die nicht leiden. „Die vergangenen drei Dürrejahre, der massive Borkenkäferbefall, Stürme und vermehrte Waldbrände haben in den Wäldern langfristig massive Schäden angerichtet. Die jetzigen Ergebnisse gehören zu den schlechtesten seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984, die meisten Bäume haben lichte Kronen“, heißt es im aktuellen Waldzustandsbericht.

Alle Baumarten von Trockenheit betroffen

Das sieht auch Prenzlaus Stadtförster Jens Rackelmann so. „An der prekären Situation hat sich nichts geändert“, sagt der Waldfachmann. Die Situation habe sich eher noch verschärft. „Auch wenn der April als einer der kältesten seit Beginn der Wetteraufzeichnung in die Geschichte eingehen wird. Er war gleichfalls einer der trockensten. Wir hatten nur knapp 50 Prozent vom jährlichen Mittel“, lässt der Prenzlauer Stadtförster wissen. Zwar habe es im Februar überdurchschnittlich viele Niederschläge gegeben, aber das reiche bei Weitem nicht aus. „Von November 2020 bis kurz vor Heiligabend hatten wir gerade einmal vier Millimeter Regen“, betont er. Wenn noch solch ein Sommer – wie in den vergangenen Jahren – folge, dann könne man sich vom Wald verabschieden. „Und da sind alle Baumarten betroffen. Buchen, Kiefern und Eichen.“ Die Zwischenzeitlichen Niederschläge seien lediglich ein Strohfeuer. „Und der Borkenkäfer ist wieder richtig aktiv. Der Winter hat der Käferpopulation nichts anhaben können“, so Jens Rackelmann. Der kühle April habe deren Aktivität zwar verzögert, aber die wenigen warmen Tage hätten ausgereicht, dies zu ändern.

Am besten sind feuchte Winter

„Im Stadtwald haben fast alle Bäume Absterbeerscheinungen. Wir versuchen es zwar mit anderen Baumarten, aber auch diese benötigen Wasser. Wenn es also nicht regnet, dann nützt das alles nichts“, weiß der Stadtförster. Die Niederschläge hätten zwar ausgereicht, dass die jungen Bäume gut ausschlagen, sodass jetzt frisches Grün vorherrsche. Aber das ändere nichts an der Situation. „Wir brauchen viermal so viel Niederschlag, damit sich die alten Bäume regenerieren können. Wenn das nicht passiert, dann haben wir hier im Wald einen Haufen Kandidaten, die auf der Kippe stehen“, bringt es Jens Rackelmann auf den Punkt. Im feuchten Winter 2017/18 habe das gut funktioniert. „Die Niederschläge im Winter 2020/21 haben definitiv nicht gereicht.“ Davon sei nicht nur die Uckermark, sondern ganz Nordost- und Mitteldeutschland betroffen. „Wenn sich am aktuellen Trend nichts ändert, dann können wir uns von unseren Wälder verabschieden“, ist der Waldfachmann sicher. Zumindest auf Höhenzügen und Kuppen. In der Nähe von Seen, Bach- und Flussläufen sei das unter mikroklimatischen Verhältnissen noch anders. „Schon jetzt gibt es kaum noch kerngesunde Bäume. Eine leichte Schädigung hat fast jeder.“

Hohe Temperaturen und Wind sind gefährlich

Wenn es nach Uwe Noack, Leiter der Oberförsterei Boitzenburg/Milmersdorf, geht, dann könnten die Regenschauer der letzten Tage ruhig noch eine Weile anhalten. „Wir hatten zwar im Schnitt im Vergleich zu den letzten drei Jahren um diese Zeit mehr Niederschläge“, so der Fachmann. Doch wer etwas tiefer in den Waldboden grabe, der werde feststellen, „dass er knochentrocken ist“. Uwe Noack erinnerte an die hohen Temperaturen vor knapp einer Woche. „Das waren zwar nur zwei, drei Tage. Dafür war es aber auch windig. Dadurch trocknen die oberen Bodenschichten schnell aus.“ Besonders in der Wachstumsperiode der Bäume seien Niederschläge wichtig. Bleiben die aus, stehen die Chancen für neu gepflanzte Bäume schlecht. „Die Pflänzchen vertrocknen regelrecht.“

Schutz vor Waldbränden

So gesehen bedeute das Schauerwetter, das laut Meteorologen noch etwas anhalten soll, eine Entlastung mit Blick auf Waldbrände. Bislang habe es zum Glück nur einen Waldbrand gegeben. „Anfang April. Ausgelöst durch einen Harvester, der in einem Waldstück zwischen Templin und Klosterwalde in Brand geraten war“, erinnert der Leiter der Oberförsterei Boitzenburg/Milmersdorf. Aproppos Waldbrand. Zu den klassischen Präventionsmaßnahmen, um zu verhindern, dass sich ein Feuer ausbreiten kann, gehört unter anderem, Schutzstreifen anzulegen. „Sich darum zu kümmern, ist in jedem Fall Sache des Waldeigentümers“, erklärt Uwe Noack. Im Bereich des Landeswaldes werden sie aktiv instandgehalten. „Auf privaten Flächen könnte aus unserer Sicht der eine oder andere alte Streifen reaktiviert werden. Das ist allerdings nicht gesetzlich vorgeschrieben“, so Uwe Noack. „Wir appellieren an die privaten Waldbesitzer, das im Blick zu behalten.“ Leuchtendes Beispiel seien in diesem Zusammenhang die Maßnahmen der Heinz Sielmann Stiftung im Bereich der Tangersdorfer Heide.

Wann die Feuchtigkeitsdefizite aus den letzten trockenen Jahren ausgeglichen sein werden, dazu wagt Uwe Noack keine Vorhersage. „Wir können da auch nur auf die langfristigen Prognosen schauen und hoffen“, meint er.