Schwedter Raffinerie

PCK-Sprecher warnt vor Versorgungsausfällen

Schwedt / Lesedauer: 4 min

Die Raffinerie in Schwedt will den Bau einer Erdölleitung von Rostock nach Schwedt anschieben. Geplant ist aber noch mehr.
Veröffentlicht:03.11.2022, 14:09

Von:
  • Eva-Martina Weyer
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Die Schwedter Raffinerie muss unter Volllast fahren, um ihre jetzige Produktion aufrecht erhalten zu können. Doch die Bundesregierung hat beschlossen, dass ab 1. Januar 2023 kein russisches Erdöl mehr in Schwedt verarbeitet wird. Was passiert, wenn es nur noch Ersatzlieferungen mit 60 Prozent Öl gibt, das kann selbst PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer nicht genau voraussagen.

„Es kann zu Versorgungsausfällen kommen. Darauf müssen wir uns einstellen“, mahnte Schairer am Mittwoch, als Michael Vassiliadis das Werk besucht hat. Er ist Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und bezeichnete das PCK als „First-class-Standort“. Die Raffinerie stellt Benzin und Diesel für ganz Brandenburg und Berlin her. Ohne Kerosin aus Schwedt hebt am Flughafen BER kein Flugzeug ab.

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Doch angesichts des Embargos gibt Schairer unumwunden Unsicherheiten zu. „Wir haben den Betrieb ohne ausreichendes Öl noch nicht getestet und hoffen auf zusätzliches Rohöl aus Danzig und Kasachstan.“ Gleichwohl haben Ingenieure und Verfahrenstechniker in den zurückliegenden Wochen mit Hochdruck nach Lösungen für neue Produktionsabläufe gesucht. Der Raffinerie steht eine riesige Umstellung bevor.

Das PCK wolle eine Brücke bauen zwischen der fossilen Welt mit Erdöl und einer Welt, in der Wasserstoff zum Energieträger wird. Dazu werde die Zusammenarbeit mit der Firma Enertrag ausgebaut. „Gemeinsam wollen wir eine 32 Megawatt-Elektrolyse bauen. Für die Zukunft reden wir sogar von einer Energieerzeugung über hunderte Megawatt. Wir haben die Fachleute und die Infrastruktur dafür“, so Schairer. Die Studien dazu seien in der vergangenen Woche abgeschlossen worden.

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Ralf Schairer bezeichnete die Zusammenarbeit zwischen PCK und Enertrag als ein Alleinstellungsmerkmal in Ostdeutschland. Er war froh, die Belegschaft über die neuen Entwicklungen informieren zu können. Auch unabhängig von der Zusammenarbeit mit Enertrag will das PCK Erfahrungen mit der Elektrolyse sammeln und Produktionsabläufe erforschen. Wie verbindet man welche Anlagen? Wieviel Elektrolysemodule werden gebraucht und wieviel Fläche? Das sind nur einige Fragen, die sich die Ingenieure jetzt stellen.

Der Geschäftsführer hatte am 1. April dieses Jahres den Staffelstab von seinem Vorgänger übernommen und arbeitet seitdem im Krisenmodus. „Die Leute brauchen Zuversicht, dass es ein Heute und ein Morgen gibt. Die lokale Politik unterstützt uns, wie ich es noch nirgendwo anders gesehen habe“, lobte er.

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Doch die Umstellung der Raffinerie auf neue Technologien ist nicht von einem Tag auf den anderen zu bewältigen. Das PCK braucht erst einmal weiterhin Öl. „Wir haben intensiv über Ertüchtigungsoptionen an der Erdölleitung Rostock–Schwedt gesprochen. Ingenieurbüros arbeiten daran“, erläuterte Schairer auf der Betriebsversammlung. „Wir empfehlen der Politik eine neue Pipeline, die nicht nur das PCK, sondern auch die zweite ostdeutsche Raffinerie in Leuna versorgt und ebenso für Wasserstoff verwendbar ist.“ Die neue Pipeline soll parallel zur alten 60-jährigen Erdölleitung laufen und eine Kapazität von 16,7 Millionen Tonnen Öl haben. Das PCK verarbeitet im Jahr zwölf Millionen Tonnen.

Angesichts der Millionen von Verbrennungsfahrzeugen in Europa rechnet Ralf Schairer damit, dass Rohöl mindestens noch zehn Jahre verarbeitet wird. „Aber wir wollen eine Brücke zu synthetischen Kraftstoffen schlagen. Grüner Wasserstoff, grüner Kohlenstoff werden dazu gebraucht. Die Technologien sind bekannt. Man muss die Unternehmen nur zusammenführen.“ Es wäre allerdings beschönigend, wollte man behaupten, das PCK sei in Aufbruchstimmung. In der Rechnung gibt es noch zu viele Unbekannte. Betriebsratsvorsitzende Simona Schadow sagte: „Die Mitarbeiter wollen wissen, wie es ab 1. Januar weitergeht. Woher kommt das Öl? Gibt es ausreichend Öl? Denn wir brauchen es, damit wir die Raffinerie umbauen können. Es befriedigt uns nicht, dass die Arbeitsplätze sicher sind. Wir sorgen uns, ob wir beide Rohölanlagen am Laufen halten können.“

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Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis fasste seinen Besuch in der Raffinerie so zusammen: „Es gibt neue Perspektiven für den Standort Schwedt. Von der Uckermark kann eine bundesweite Wirkung ausgehen. Die Region bietet alle Voraussetzungen dafür, zu einer Blaupause für eine erfolgreiche Transformation zu werden!“