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Gewalt in der Stadt

Prenzlau sendet Hilferuf an Landesregierung

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Am 2. März randalierte Nachts eine zehnköpfige Gruppe junger Männer im Robert–Schulz–Ring, darunter polizeibekannte Tschetschenen. Die Stadt reagiert mit einem Brandbrief.
Veröffentlicht:09.03.2023, 17:11

Von:
  • Oliver Hauck
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„Der Bürgermeister und der Vorsitzende der Prenzlauer Stadtverordnetenversammlung werden sich nochmals an die Landesregierung in Potsdam, insbesondere den brandenburgischen Innenminister, wenden und Unterstützung fordern“, so hieß es aus dem Büro von Bürgermeister Hendrik Sommer (parteilos). Hintergrund ist der Vorfall am Donnerstag vor einer Woche im Wohngebiet Robert–Schulz–Ring, der Uckermark Kurier berichtete. Eine Gruppe junger Männer war in einen Neubaublock eingedrungen und hatte versucht, gewaltsam in eine Wohnung einzudringen. Darunter befanden sich, laut Polizei, mindestens zwei jugendliche Tschetschenen, die bereits durch Körperverletzungsdelikte bekannt sind. Die Wohnungstür hielt den Fußtritten stand, weil die Bewohner diese von innen verbarrikadiert hatten. Die Polizei ermittelt weiter zu den Hintergründen und den Beteiligten.

Landrätin übergibt Brief persönlich

Bürgermeister Hendrik Sommer (parteilos) und Ludger Melters (CDU), Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung, haben nach diesem aktuellen Vorfall gemeinsam einen Brief an Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Innenminister Michael Stübgen (CDU) verfasst „mit einer dringenden Bitte, einem Hilferuf“, wie es einleitend heißt. Uckermark–Landrätin Karina Dörk (CDU) will diesen am 10. März in Potsdam persönlich übergeben.

Straßenkämpfe, räuberische Erpressung, Diebstahl ...

„Prenzlau wird derzeit mit einer Welle der Gewalt und Unruhe von Seiten überwiegend tschetschenischer Geflüchteter konfrontiert und wir benötigen dringend Ihre Unterstützung“, heißt es in dem von der politischen und der Verwaltungsspitze der Kreisstadt verfassten Brief weiter. Darin werden deren Straftaten aufgezählt, die „von Diebstahl, über räuberische Erpressung, Sachbeschädigung, über Bedrohung, Drogendelikte und Straßenkämpfe bis zu dem […] Versuch des gewaltsamen Eindringens in Wohnungen“ reichten. Die Anzahl und Qualität der Straftaten nehme besorgniserregend zu und verängstige die Bevölkerung, insbesondere in den „Problemquartieren“. Die Stadt stoße dadurch inzwischen an ihre Grenzen, „da Gewalt und Kriminalität scheinbar keine Konsequenzen haben, fehlt es doch an den entsprechenden Maßnahmen der Justiz.“

Die Bevölkerung fühle sich nicht mehr ausreichend geschützt und ihr Unmut drohe, „von Stimmungsmache überlagert zu werden, wenn die notwendigen Konsequenzen des Staates (mehr Polizeipräsenz, zügiges Reagieren der Justiz und konsequente Abschiebung krimineller Geflüchteter) fehlen.“ Unter den Ausländern, die hier Schutz und Asyl suchten, litten auch die, die sich integrieren wollten. Die Stadt erwarte von der Landesregierung eine „schnellstmögliche Lösung.“

Die Stadt ist  nicht mehr sicher

Für den 20. März hat in des der Kreisverband Uckermark der AfD eine Demonstration auf dem Prenzlauer Marktberg angemeldet. Dessen Vorsitzender, der Landtagsabgeordnete und Stadtverordnete Felix Teichner, kündigt diese mit den Worten „Prenzlau wehrt sich“ auf Facebook an. „Seit über einem Jahr häufen sich die Straftaten ausgehend von einer großen Gruppe junger krimineller Migranten“, so Teichner weiter. Die Stadt sei nicht mehr sicher. Wenn der Staat nicht reagiere, müsse man selber handeln. Konkreter wird er nicht. Der uckermärkische AfD–Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der Jungen Alternativen Hannes Gnauck bewirbt diese geplante Demo mit „Raus auf die Straße! Es reicht!“, untermalt mit einem Flammensymbol.

Beziehungstat und Drogen

In der Sitzung des Bildungs–, Kultur– und Sozialausschusses der Stadtverordneten am Mittwochabend nannte Sommer den Überfall vom Donnerstagabend „eine Beziehungstat, bei der Drogenhandel eine Rolle spielte“. Die im Robert-Schulz-Ring „Aufgesuchten“ seien „keine Kinder von Traurigkeit“. Aber die Tschetschenen kämen dann „mit zehn, fünfzehn Mann“. Die Polizei habe bereits Tatverdächtige festgenommen. Es sei geplant, die Situation im Asylbewerberheim in der Berliner Straße zu entschärfen, kündigt er an. Die Verlegung von Familien, Unterbringung von Jugendlichen in Sorgeeinrichtungen, sogar tschetschenischen Familien das Sorgerecht für ihre kriminellen Söhne zu entziehen, seien Maßnahmen, über die nachgedacht werde, so Sommer. Landrätin Karina Dörk (CDU) wisse er beim Kampf gegen die Gewalt fest an seiner Seite. Man lasse sich nicht verängstigen und sehe nicht tatenlos zu. Persönlich wünsche er sich ein System, in dem kriminelle Ausländer ihr Gastrecht verwirkt haben. Dem stimmte der Ausschussvorsitzende Jürgen Theil („Wir Prenzlauer“) zu.

Kritik an geplante Demo

Sören Gerulat (FDP) kritisierte die AfD, die ihre geplante Demonstration mit „Widerstand!“ und „Wehren wir uns!“ überschreibe und bat Klaus–Martin Bastert (AfD), diese Aufrufe näher zu erläutern. Bastert, als sachkundiger Einwohner im Ausschuss, berichtete von seinen Begegnungen mit Opfern der Tschetschenengewalt, darunter alleinerziehende Mütter, deren Kinder sich wegen Schikanen nicht mehr in die Schule trauten. Man wolle mit der Demo am 20. März lediglich auf Missstände hinweisen. Die gegenwärtige Asylpolitik und Abschiebepraxis steuere darauf zu, dass man irgendwann nur noch Hilflosigkeit verwalten könne. Auf Sommers Frage: „Was würden Sie an meiner Stelle tun?“ sagte Bastert: „Die Leute erwarten von Ihnen, dass Sie sich selber auf den Marktplatz stellen und sagen, ‚wir haben hier ein Problem, dessen wir nicht Herr werden‘“. Sommer entgegnete: „Wenn Sie mich zu der Veranstaltung einladen, werde ich kommen. Aber dann möchte ich auch das sagen können, was ich will.“