Prenzlauer Aktivisten wollen Zeichen setzen
Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Als der Demonstrationszug am Montag gegen 18.15 Uhr lautstark durch die Prenzlauer Friedrichstraße zieht, öffnen Menschen ihre Fenster, winken und klatschen Beifall. Rund 40 Teilnehmer laufen bereits mit, unterwegs werden sich ihm noch einige anschließen.
Angemeldet haben die Veranstaltung der Prenzlauer Daniel Lemke und Mike Partzanka aus Klockow: „Das Leben ist nicht mehr bezahlbar“, sagt der dreifache Vater Lemke. „Was die verzapfen, Energiekrise, Sparpolitik, dagegen laufen wir.” Die Fahnen an der Spitze des Umzugs wünschen Grüne in die Tonne, denken an „Unser Land zuerst“ und sind deutsch-russisch gemischt. Aus dem Lautsprecher heißt es: „Wir sind das Volk. Deutschland ist am Ende, wir sind die Wende. Deutschland auf die Straße, schließt euch an.“
Doch die Gespräche zeigen, dass die Teilnehmer der Demo keine Wutbürger oder sogenannte Schwurbler sind. Es sind Bürger, die ihre Gas- und Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können und die nicht damit einverstanden sind, dass die Bundespolitik Waffen in die Ukraine liefert, anstatt sich für baldigen Frieden einzusetzen.
ENERGIEKRISE: Union sammelt den Protest der Uckermark
Es sind Landwirte, Akademiker, Handwerker und Mütter, die am frühen Abend auch ihre Kinder mitgebracht haben. Wie die Informatikerin aus Prenzlau mit ihrer Tochter. Sie macht sich Sorgen wegen der Benzinpreise, denn sie ist beruflich aufs Auto angewiesen. Ihren Namen möchte die junge Frau nicht nennen und auch nicht fotografiert werden. Das wollen viele andere ebenfalls nicht. Man werde am Arbeitsplatz von den Kollegen in die rechte Ecke gestellt, müsse sich vor der Familie, den eigenen Kindern rechtfertigen, wenn man auf der Montagsdemo war, erklären sie.
Familie Suhr ist da abgeklärter. Manfred Suhr ist Landwirt und Stadtverordneter der CDU: „Wir gehen hier mit als freie Bürger. Wir verstecken uns nicht.“ Seine Frau Wilgard ist Klavierlehrerin an der Musikschule. „Wir wollen Frieden. Versucht es irgendjemand noch mit Diplomatie? Waffenlieferungen sind keine Lösung.“
Lesen Sie auch: Existenzängste treiben Uckermärker auf die Straßen
Elektromonteur Frank Bogatz aus der Nordwestuckermark hat am Wochenende die Stromrechnung bekommen. Er hat eine elektrische Heizung. Statt bisher 311 soll er jetzt über 1500 Euro monatlich zahlen. Rentner Eckhard Groß sagt: „Ich habe für meine 3000 Liter Flüssiggas bei OderGas in diesem Jahr 1200 Euro mehr bezahlt als im vergangenen.“ Dazu komme, dass alles andere auch teurer werde. Beide äußern ihr Unverständnis für die Bundespolitik. „Sie haben geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwehren. Aber sie vergessen uns.“
+ + + Tausende demonstrieren im Osten gegen hohe Preise + + +
Gegen 19.30 Uhr ist der Zug wieder auf dem Marktberg angekommen. Andreas Anders, Doktor der Landwirtschaft, wohnt in Seelübbe: „Ich bin hier dabei, weil es um das Ganze geht. Ich fühle allgemeines Unbehagen.“ Seinen Humor hat er dennoch nicht verloren: „Außerdem hat mir mein Arzt geraten, ich solle jeden Tag 45 Minuten laufen.“ Nächsten Montag wird er wieder Gelegenheit dazu haben.
Rund 60 Menschen, so Dienstgruppenleiter Matthias Drafz von der Polizei, hätten in Prenzlau und etwa 150 in am Montagsspaziergang in Templin teilgenommen. Es habe keine Zwischenfälle gegeben.