StartseiteRegionalUckermarkPrenzlauer Medienturm als leuchtendes Mahnmal

Aktion Night of Light

Prenzlauer Medienturm als leuchtendes Mahnmal

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Die Veranstaltungsbranche bangt im Zuge der Corona-Krise um ihre Existenz. Auch uckermärkische Akteure schalten sichtbar auf Alarmstufe Rot.
Veröffentlicht:22.06.2020, 22:36

Artikel teilen:

Es war ein flammender Appell einer ganzen Branche, der deutschlandweit am 22. Juni dazu führte, dass ab 22 Uhr über 8000 Gebäude in rotem Licht erstrahlten. Dazu gehörte auch der Medienturm in Prenzlau. Damit beteiligten sich Akteure der Veranstaltungsbranche aus Prenzlau, Templin, Eberswalde, Neubrandenburg und weiteren Orten im Nordosten an der Aktion Night of Light , die die Initiative für die Veranstaltungswirtschaft aus Essen ins Leben gerufen hatte. Deren Appell fand über deutsche Grenzen hinaus in über 20 Ländern ihren Widerhall.

Eine Branche sieht „Rot”

Silvio Grensing vom SG Entertainment aus Prenzlau gehörte zu den regionalen Unterstützern. Zusammen mit Mario Möhl vom Karina & Marion Entertainment Möhl hatte er am Montag tagsüber die LED-Scheinwerfer am Medienturm mit freundlicher Genehmigung der Nordkurier Mediengruppe montiert. Der Farbe „Rot” kamen bei dieser beeindruckenden Aktion gleich drei Bedeutungen zu: Alarmstufe Rot, die Veranstaltungswirtschaft auf der „roten Liste” der vom Aussterben bedrohten Branchen und „Rot” als Leidenschaft für den Beruf, die die Akteure ob als DJ, Kleinkünstler, Sänger, Akrobat, Event-Gastronom oder Schausteller ausüben.

Juni, Juli, August – die stärksten Monate

Dass bis Ende Oktober 2020 alle Großveranstaltungen abgesagt werden sollen, war der Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen brachte. Während die Veranstaltungswirtschaft die Monate März, April und Mai im Schatten der Corona-Auflagen noch mehr schlecht als recht überleben konnte, befürchten deren Akteure den Supergau in den Monaten Juni, Juli und August zu erleben. Dieses sind die wirtschaftlich stärksten Monate für ihre Branche. Doch Volksfeste, Stadt- und Dorffeste, Open airs – abgesagt oder nur unter solchen Corona-Auflagen durchführbar, dass sie sich wirtschaftlich nicht rechnen. Die bisher von der Politik verabschiedeten Corona-Hilfen helfen da wenig in einer Zeit, deren Dauer noch gar nicht abzusehen ist. Und Stundungen, so befürchten es Betroffene, wären „ein Tod auf Raten”.

Es geht darum, zu überleben

„Uns geht es heute darum, still zu protestieren, denn zum Feiern ist keinem von uns zumute. Was vielen nicht bewusst ist, die Veranstaltungsbranche gehört zu den sechs größten Wirtschaftszweigen in Deutschland und hat – inklusive Kultur- und Kreativwirtschaft – circa 2,5 Millionen Beschäftigte, bringt es gemeinsam auf einen Umsatz von circa 250 Milliarden Euro ", nennt Silvio Grensing Zahlen. Speziell Prenzlau sei mit und nach der Landesgartenschau 2013 als Veranstaltungs- und Erlebnisort regelrecht aufgeblüht. Doch seit dem 13. März 2020 verdiente die Veranstaltungsbranche keinen einzigen Cent mehr. „Inzwischen geht es eigentlich nur noch darum, zu überleben”, erklärt Grensing, seit neun Jahren mit seinem SG Entertainment komplett selbstständig, die dramatische Lage seiner Berufszunft. Die Corona-Hilfsprogramme seien so oft „nachgebessert” worden, dass selbst Steuerbüros keinen wirklichen Rat wüssten. Kein Unternehmerlohn, keine Lohnkosten für Angestellte, keine Rentenfinanzierung und keine Krankenkassenbeiträge ließen sich davon bestreiten, ausschließlich reine Betriebskosten.

Branchendialog mit der Politik

Die sogenannten Corona-Lockerungen, die Veranstaltungen bis 1000 Teilnehmer erlaubten – bei Einhaltung der Abstandsregelungen – seien keine Erleichterung. Denn um die Auflagen umzusetzen, sei der technische, logistische und personelle Aufwand um einiges höher – und somit alles andere als wirtschaftlich darstellbar. „Wir brauchen den Einstieg in einen echten Branchendialog mit der Politik, um gemeinsam Lösungswege aus der dramatischen Lage zu finden, die unsere Überlebensfähigkeit sichern”, schilderte Grensing Montagnacht im Schatten des Medienturmes. Dort stand er vereint mit weiteren Veranstaltern wie dem Templiner Liedermacher Uwe Kolberg, der unplugged seinen Wendesong „Zeitgedanken” spielte, Feuerinszenierungen der Rethra Feuer Crew aus Neubrandenburg, Clown Marco mit Stupsi, Bauchtänzerin Djamihla, Vertretern der Music Company aus Eberswalde, Dirk Rohde vom Music Town, Tommy Budde von Ton & Licht, beide aus Neubrandenburg, sowie weiteren Akteuren, die als Einzelunternehmer und Soloselbstständige um ihre berufliche, um ihre ganze Branche bangen. „Die nächsten 100 Tage übersteht die Veranstaltungsbranche nicht”, lässt die Aktion „Night of Light 2020” auch am Morgen danach als Weckruf und eindringlichen Appell zurück.