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Mode in Templin

Selten in der Kleinstadt – Mann trägt hier Rock

Templin / Lesedauer: 3 min

Es braucht Mut, sich Konventionen zu widersetzen. Ein Templiner hat den Schritt gewagt. Dem Hobbymaler macht das Spiel mit Farbe und Material Spaß.
Veröffentlicht:19.08.2022, 13:27

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Früher kämpften weltweit Frauen dafür, Hosen tragen zu dürfen. Manche gingen dafür sogar in den Knast. In der Kleinstadt Templin ist Jens-Uwe Friedrich, von Hause aus Wirtschaftsingenieur, ebenfalls einen durchaus gewagten Schritt gegangen. Im heißen Sommerurlaub war ihm an der Ostsee die Idee gekommen, sich modisch im wahrsten Sinne des Wortes ein bisschen mehr Luft zu verschaffen. Er wollte seinen Horizont erweitern und, so wie es Brad Pitt jüngst bei seiner Filmpräsentation in Berlin zeigte, Rock tragen.

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„Seither trage ich fast durchgängig Rock“, erzählt er freimütig. „Ich habe den total angenehmen Tragekomfort von Röcken für mich entdeckt und genieße diesen nun jeden Tag seit acht Wochen – egal wo ich bin.“ In seinem Elektronik-Geschäft, auf der Straße, bei Veranstaltungen. Röcke erlauben es dem begeisterten Hobbykünstler, auch in Sachen Bekleidung mit der Farbe zu spielen. „Ich hätte nie gedacht, dass mich mal Mode begeistert. Es ist wie Malen an sich selbst“, schwärmt er und hat inzwischen auch schon Selbstversuche mit dem Färben von Textilien gestartet. Der weinrote Rock, den er letztens zur Ausstellungseröffnung in der Rathausgalerie getragen habe, sei vorher grau gewesen. „Seinen künstlerischen Ausdruck vom Papier auf die eigene Kleidung zu erweitern, ist ein sehr spannender Prozess. Mann malt nicht nur, Mann wird Teil der Farbe.“ Es sei also nicht nur der Tragekomfort, der ihn gegen alte Konventionen rebellieren lässt. „Mein Malerherz lebt förmlich auf!“

Training für das Selbstbewusstsein

Im Übrigen sei es gar nicht so einfach, Röcke zu finden. Erst in einem Fashion-Second-Hand-Portal im Internet sei er fündig geworden. Inzwischen hat sich Jens-Uwe Friedrich auch aus einer alten, zerrissenen Jeans einen Rock selbst genäht. „Und ich möchte ja keine Blümchen- oder Rüschenröcke. Ich bin nach wie vor ein Mann“, betont der Familienvater. „Es ist einfach spannend zu sehen, wie etwas Stoff die Gemüter der Templiner bewegt“, sagt er schmunzelnd. Er sehe die fragenden Gesichter sehr wohl. Nur wenige hätten sich getraut, ihn einfach darauf anzusprechen. „Als Mann einen Rock zu tragen, braucht anfangs noch viel Mut und etwas Gewöhnung. Es trainiert das Selbstbewusstsein – aber es macht einfach Spaß. Meiner Frau gefällt es auch!“, versichert er.

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„Röcke, Tuniken, lange Gewänder waren und sind seit Jahrtausenden ganz normale Kleidungsstücke für Männer. Sie waren einfach in der Herstellung und haben einen sehr bequemen Tragekomfort. In tropischen und asiatischen Ländern, sowie in Schottland sind sie ja nach wie vor üblich“, erinnert er. „In Samoa zum Beispiel tragen Polizisten Röcke, in Bhutan ist der Gho – ein Rock für Männer – sogar verpflichtend in Ämtern, in der Schule und auf der Arbeit. Erstaunlich ist, dass in Bhutan Männer extrem selten an Prostatakrebs sterben“, hat er recherchiert. In kühleren Breiten hätten sich in der Männermode nach der französischen Revolution Hosen durchgesetzt. Hosen, Hosen und nochmals Hosen. Doch die Sommer werden auch hierzulande immer wärmer. „Und bei diesen tropischen Temperaturen muss Mann sich doch etwas einfallen lassen.“