Sonderkreistag
Trotz Protest stimmt Mehrheit für Flüchtlingsheim in Prenzlau
Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Horst Skoupy
Der Landkreis Uckermark wird in Prenzlau eine sogenannte Erstaufnahmeunterkunft mit Verteilfunktion für 250 bis 300 Asylsuchende und Flüchtlinge in einem Prenzlauer Bürogebäude im Gewerbegebiet Ost einrichten und betreiben. Diesen Auftrag hat der Uckermark–Kreistag am Dienstagabend mit einer Mehrheit von 21 von 38 anwesenden Abgeordneten der Landrätin Karina Dörk (CDU) erteilt. 13 Abgeordnete lehnten aus unterschiedlichen Gründen dieses Vorhaben ab, vier enthielten sich. Dem eigens für diesen Beschluss einberufenen Sonderkreistag waren 13 der insgesamt 50 Kreistagsmitglieder ferngeblieben.
Protest vor der Tür
Wie kaum ein anderer Beschluss hatte diese brisante Entscheidung im Vorfeld für Zündstoff in der Gesellschaft gesorgt. Das Land verpflichtet den Kreis, in diesem Jahr 1756 Flüchtlinge aufzunehmen. Die Kapazitäten in der Uckermark sind aber nahezu erschöpft, sodass sich der Landkreis in der Pflicht sieht, zusätzliche Kapazitäten für Flüchtlinge schaffen zu müssen. Die Stadt Prenzlau, die schon seit 1994 ein Ayslbewerberheim verkraften muss, sieht den sozialen Frieden in der Stadt in Gefahr. Noch am Montagabend demonstrierten Hunderte Menschen auf einer von der AfD organisierten Kundgebung gegen eine weitere Flüchtlingsunterkunft in der Stadt. Der Protest setzte sich am Dienstag fort. Weil es nicht genügend Plätze im Kultur– und Plenarsaal, dem Tagungsort des Kreistages, gab, hatten sich vor den Türen Uckermärker versammelt. Sie verfolgten die Debatte über Lautsprecher und kommentierten die Redebeiträge lautstark.
Kontroverse Debatte
Im Saal erlebten Abgeordnete, die Verwaltungsspitze sowie die Gäste eine zum Teil hochemotional geführte Debatte. In der Einwohnerfragestunde ergriff Prenzlaus Bürgermeister Hendrik Sommer (parteilos) als Einwohner das Wort und appellierte an die Kreistagsabgeordneten. Bürger äußerten Bedenken gegen eine Flüchtlingsunterkunft in einem Gewerbegebiet, an einem Standort ohne Spielmöglichkeiten für Kinder. Jana Knaack aus Lychen hingegen sprach sich dafür aus, vor dem Hintergrund fehlender Fach– und Arbeitskräfte in der Region die Integration von Flüchtlingen als Chance zu sehen.
Offene Fragen
Einige der Fraktionen bezogen klare Positionen. So erklärte die AfD, die zuvor mit einem eigenen Beschluss zu einem Aufnahmestopp von Flüchtlingen in der Uckermark gescheitert war, dass sie diese Vorlage ablehnen wird. Die Fraktion der Linken hingegen stellte sich geschlossen hinter die Landrätin. Doch selbst aus der Partei der Landrätin, der CDU, meldete Fraktionsvorsitzender Thomas Neumann Bedenken an. Er ist der Auffassung, dass die Umsetzung des Beschlusses Dinge beinhaltet, die der Landkreis nicht leisten kann. Deshalb werde er gegen das Vorhaben stimmen. Christine Wernicke (BVB/Freie Wähler) hielt die Beschlussvorlage für nicht abstimmungsfähig, weil zu viele Fragen offen blieben, beispielsweise wie lange Flüchtlinge in der Erstaufnahmeunterkunft verbleiben müssen, wenn andere Kommunen keine Plätze zur Verfügung stellen.
Wie offen der Ausgang nach dreistündiger Debatte blieb, zeigte ein Appell des SPD–Abgeordneten Mike Bischoff. Er erinnerte die Kreistagsmitglieder, dass ein Nein zur Unterkunft in Prenzlau bedeuten würde, dass andere Quartiere wie beispielsweise Turnhallen als Notunterkünfte für Flüchtlinge eingerichtet werden müssten. Ob es seines Appells bedurfte oder nicht, ist ungewiss. Fakt ist, dass am Ende 21 Abgeordnete in namentlicher Abstimmung dem Vorhaben ihre Zustimmung gaben und der Beschluss damit mehrheitlich gefasst ist.