Bangen um Raffinerie

Uckermärker fordern: erst Lösung für PCK, dann Ölembargo!

Schwedt / Lesedauer: 3 min

Es war eine der größten Demonstrationen seit der Wende, die die Uckermark erlebte. Es ging dabei um die Zukunft des Raffinerie-Standortes Schwedt.
Veröffentlicht:30.06.2022, 16:58
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  • Author Imagedpa
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Eine Region steht auf – für den Weiterbetrieb der PCK-Raffinerie und die Uckermark. So eine friedliche Kundgebung mit 3000 Menschen hat es in Schwedt seit der Wende nicht gegeben. Einwohner, PCK-Beschäftigte, Mitarbeiter von Unternehmen aus der ganzen Uckermark, die IG Bergbau, Chemie, Energie und Kreistagsabgeordnete haben Mittwochabend für ein Weiterbestehen des Industriestandortes demonstriert, der Uckermark Kurier berichtete. Aufgerufen hatten das Zukunftsbündnis Schwedt und eine Gruppe engagierter Bürger. Hintergrund ist das Öl-Embargo gegen Russland. Die in Schwedt endende Erdölleitung „Freundschaft“, die das PCK mit russischem Öl versorgt, soll zum 31. Dezember dicht gemacht werden.

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Die Demonstranten forderten von der Bundesregierung: Erst eine Lösung, dann das Embargo! Noch immer ist unklar, wie die Raffinerie ab 2023 mit Erdöl beliefert werden soll, damit das PCK weiter unter Volllast produzieren kann. Auf Fahnen und Spruchbändern brachten Demonstranten Wut und Sorge zum Ausdruck und forderten: Sicherstellung der Rohölversorgung! Weg mit dem Embargo, keine Zeiterpressertermine! Augenärztin Konstanze Fischer vom Zukunftsbündnis wandte sich an die Zuhörer: „Wir wollen der Bundesregierung klar machen, hier stehen keine Jammer-Ossis. Hier steht eine selbstbewusste, moderne Stadtgesellschaft. Wenn jemand Erdöl umweltfreundlich verarbeitet, dann ist es diese Raffinerie in Schwedt. Wir kämpfen für unsere Heimat.“

Sie forderte von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (B 90/Die Grünen), der nach Schwedt gekommen war, schriftliche Garantien für den Weiterbetrieb des PCK und den Erhalt aller Arbeitsplätze. Als Habeck sagte, seine mündlichen Erläuterungen würden doch gerade aufgezeichnet, entgegnete Konstanze Fischer schlagfertig: „Herr Habeck, ich bin geimpft und geboostert – jetzt Ihre Hand darauf.“

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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen wandte sich scharf an Robert Habeck und warf ihm weltfremde Arglosigkeit vor. „Ostdeutschland wird die ganze Last des Embargos tragen.“ Die Ausführungen von Habeck waren zuvor von Buhrufen und Pfiffen begleitet worden. Die Menschen standen nicht nur auf dem großen Platz im Stadtzentrum, sondern verfolgten das Geschehen vom Parkdeck eines Supermarktes.

Eva-Maria Meister, CDU-Mitglied aus Templin, reckte ihr Plakat in die Höhe: „PCK gehört zu den wichtigsten Betrieben in der Uckermark. Die Politiker haben einen Amtseid zum Wohle des Volkes abgelegt. Auch die Uckermark gehört zum Volk.“ Große Sorgen macht sich Maria Scholz aus Angermünde: „Ich stehe hier für das PCK. Mein Sohn hat dort gerade eine Lehrstelle bekommen. Er will Chemikant werden und hatte gedacht, dass er einen Beruf mit Zukunft wählt.“

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PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer war angesichts der vielen Menschen, Fahnen und Plakate sichtlich bewegt: „Was ich hier an Solidarität erlebe, ist einmalig in Deutschland. Wir werden unsere Raffinerie zukunftssicher machen. Aber der Zeitstrahl und die Dimension der Aufgabe werden von der Politik unterschätzt. Wenn wir in einer Übergangszeit wirtschaftlich defizitär sind, brauchen wir die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung.“ Landrätin Karina Dörk (CDU) forderte: „Der 31. Dezember darf nicht zum Tragen kommen. Wir brauchen mehr Zeit für den Umbauprozess im PCK zu neuen Technologien. Und wir brauchen einen Friedensplan für die Ukraine.“

Das Vertrauen in die Bundesregierung sei bei den Einwohnern auf einen Tiefpunkt gesunken, stellte Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) heraus. Schwedt dürfe nicht das Bauernopfer der Politik werden.