„Lockdown light“

Uckermärkische Gastwirte fühlen sich im Stich gelassen

Prenzlau / Lesedauer: 5 min

Zum zweiten Mal mussten Gaststätten während der Corona-Pandemie schließen. Die Vertreter der Branche in der Region müssen nun damit umgehen.
Veröffentlicht:03.11.2020, 18:07
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  • Author Imagedpa
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Obwohl schon beim ersten Lockdown stark gebeutelt, müssen Gastwirte nun erneut ihre Restaurants schließen. Und das bei den Investitionen, die viele getätigt haben, um die Hygieneregeln zu erfüllen. War das nun alles umsonst? Der Uckermark Kurier nahm die neuerlichen Maßnahmen der Bundesregierung zum Anlass, um Gastwirte aus der Region zu fragen, was sie davon halten und vor allem, wie sie mit dieser Situation umgehen wollen.

Außerhausverkauf in Wichmannsdorf

Nicoela und Andreas Dreikorn vom Wichmannsdorfer Café Eigenart sind erst im August 2020 an den Start gegangen. „Es ist wirklich toll angelaufen“, sagt Andreas Dreikorn und bedankt sich bei den Besuchern für die gute Aufnahme, die sie als neue Betreiber bei ihnen und im Ort gefunden haben. Beide sind voller Tatendrang. „Wir machen weiter“ steht schon seit mehreren Tagen an ihrer Tür. „Zu den gewohnten Öffnungszeiten werden wir jetzt einen Außerhausverkauf anbieten!“ Ein Tisch vor der Saaltür wird dafür kurzerhand zum Verkaufstresen und sorgt für den vorgeschriebenen Abstand. „Probleme sind schließlich zum Lösen da“, so Andreas Dreikorn. „Die neue Speisekarte wird diese Woche noch im Schaukasten neben der Eingangstür ausgehängt.“ Das sei nur deshalb nicht schon längst erfolgt, weil sie sich noch nicht ganz einig waren, was alles rauf soll. „Etwas anders wird sie sein“, versichert er und verrät, „auf jeden Fall wird es selbstgemachten Baumkuchen, Wichmannsdorfer Christstollen und sicher auch Blechkuchen geben.“

Abhol- und Lieferservice in Lychen

Auch Claudia Veitleder-Krönert und ihr Mann Jürgen Veitleder mussten ihr „Genussentdeckers Bistro“ auf dem Heilstättengelände in Lychen wieder schließen. Ende September hatten sie es gerade eröffnet. Gemeinsam hat das Paar eine Abhol- und Lieferkarte entwickelt. Bestellte Speisen und Weine werden zu den Kunden gebracht. „Es ist auch möglich, das Gewünschte bei uns direkt an der Tür abzuholen“, so die Chefin. So werden die Hygieneregeln eingehalten. „Natürlich sagen wir uns in dieser Situation Augen zu und durch“, so die junge Frau. Allerdings sei auch Frust da. „Wir haben uns viele Gedanken über ein Hygienekonzept gemacht. Es ist noch nicht lange her, dass es kontrolliert und für vorzüglich befunden wurde“, berichtet Claudia Veitleder-Krönert. Und dann sei die generelle Schließung für die Gastronomie gekommen. „Wir hätten uns eine differenziertere Betrachtung für diejenigen gewünscht, die sich wie wir an die Vorgaben halten. Viele Kollegen sehen das ähnlich.“ Claudia Veitleder-Krönert und ihr Mann hoffen trotzdem, dass die verschärften Corona-Regeln im Land etwas bringen. „Dass es gelingt, gemeinsam das Ruder herumzureißen.“

Verluste etwas abfangen

Kai Frodl, Eigentümer und Chef vom Hotel Uckermark Prenzlau, hat immerhin noch den Hotelbetrieb, denn Geschäftsreisende dürfen das Hotel weiter besuchen. Dennoch ist er nicht erfreut über die Schließung des Restaurants. „Vor allem, weil ich einen Teil meiner Mitarbeiter wieder in Kurzarbeit schicken muss“, so der Hotelchef. Natürlich versuche er mit Außerhaus-Angeboten den Verlust etwas abzufangen, aber das sei nur ein Bruchteil der sonstigen Einnahmen. „Wir gehen in eine schwere Zeit.“ Dabei habe er einiges investiert und alle Regeln eingehalten. Seiner Meinung nach ist der Grund, warum Restaurants und Gaststätten erneut schließen müssen, dass Gastwirte keine Lobby haben. „Die meisten Kollegen sind nicht in der Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V., Anmerkung der Redaktion) vertreten. Deshalb haben wir nicht die Masse, uns auch gegenüber der Politik durchzusetzen“ ist sich Kai Frodl sicher. Frodl sieht aber noch ein viel größeres Problem. „Wir müssen planen, wie wir unsere Mitarbeiter halten können und das ist schwierig.“ Die Politik habe leider null Konzepte für das Hotel- und Gaststättengewerbe.

Mittagstisch zum Abholen in Göritz

„Mich hat es kalt erwischt“, gibt Cathleen Helmholz, Chefin der Gaststätte Göritz, zu. „Die eigentliche Enttäuschung ist, dass wir alles gemacht haben, was die wollten. Und nun ist alles umsonst!“ Sie habe sich an alle Regeln gehalten. Maske tragen, Hände desinfizieren und Abstand einhalten. Cathleen Helmholz kann die Entscheidung der Bundesregierung auch verstehen. „Es ist trotzdem hart, wenn man seinen Beruf nicht ausüben darf. Das kommt einem Berufsverbot gleich“, betont sie. „Und es trifft nicht nur mich, sondern die ganze Branche.“ Richtig schlimm sei, dass man nicht wisse, wann oder ob es weitergeht. Trotzdem versucht die junge Unternehmerin mit Außerhaus-Angeboten, wie dem Schnitzelfreitag und einem Mittagstisch mit wechselnden Gerichten, wenigstens einen Bruchteil des Verlustes reinzuholen.

Speisen zum Abholen in Templin

„Wir hoffen, dass uns unsere Stammkunden weiter die Treue halten, wie auch im Frühjahr, als die Gaststätten schließen mussten“, so Karina Eickmann von der Templiner Gaststätte „Shanty“. Dort gibt es jetzt eine extra Karte für Speisen, die man bestellen und abholen kann. Um die Kurzarbeit für die festangestellten Mitarbeiter werde leider kein Weg herumführen. Silke Buschhusen und Carola Kowski von der „Blauen Grotte“ in Templin setzen darauf, dass ihr Bestell- und Lieferservice wenigstens etwas zur Entspannung der schwierigen Situation beiträgt. „Und wir hoffen, im Dezember wieder öffnen zu können.“