Anwohner besorgt
Vater brüllt nachts ständig seine Kinder an
Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Claudia Marsal
Seit über einem Jahr beklagen Mieter in der Prenzlauer Kietzstraße die andauernden, lautstarken Streitigkeiten eines jungen Paares, bei denen sie unfreiwillig Zeuge werden. Sogar der Verdacht auf Kindswohlgefährdung wurde wiederholt schon laut und auch den Behörden vorgetragen, versicherte eine Anwohnerin der Redaktion. Doch obwohl man Polizei und Jugendamt seit mehreren Monaten immer wieder über die Schreie und das Weinen von Kleinkindern informiere, geschehe nichts – so die Darstellung der Nachbarn. Im Gespräch mit dem Uckermark Kurier schilderte eine besorgte Frau, dass der letzte Einsatz dort erst vor wenigen Tagen stattgefunden hätte. Gegen 22 Uhr habe der offenkundig wieder stark betrunkene Vater in der besagten Wohnung so heftig randaliert, dass sie den Notruf gewählt hätten, berichtete Katrin P* (Name geändert): „Ich bin selbst Mutter von zwei Mädchen, und mir tut es in der Seele weh, wenn ich höre, wie die Jungs da oben angeschrien werden. „Halt's Maul” und „Ruhe, sonst setzt's was” – das seien noch die harmloseren Beschimpfungen, ergänzt sie angewidert.
Zwei Etagen dazwischen
Die Schichtarbeiterin erzählt, dass sie trotz ihres festen Schlafes oft von dem Radau wach werde, obwohl zwei Etagen dazwischen lägen. „Auch meine Älteste ist schon aus dem Schlaf hochgeschreckt und hat besorgt gefragt, was der Papa denn da mit seinen Kindern mache. Muss denn wirklich erst eins der Geschwister zu Schaden kommen, bevor die zuständigen Stellen eingreifen?”, fragt sich die 32-Jährige. Die Prenzlauerin erinnert das Ganze in makaberer Weise an den Fall Leonie, der im Januar 2019 für Entsetzen und Schlagzeilen gesorgt hatte.
+++ Martyrium in der Ehe – eine Frau packt aus +++
Damals war in Torgelow ein kleines Mädchen von ihrem Stiefvater totgeschlagen worden, der Uckermark Kurier berichtete. „Da hieß es dann: Warum haben die anderen Mieter denn nichts gemacht?”, setzt sie wütend hinzu: „Wir hier gucken nicht tatenlos zu und erreichen trotzdem nichts.” Alle im Aufgang hätten Angst, dass irgendwann eins der Kinder in der Dachgeschosswohnung so eine Nacht nicht überlebe. Von den seelischen Schäden, die der Psychoterror in der Familie vermutlich schon angerichtet habe, ganz zu schweigen; ebenso wie bei der übrigen Mieterschaft, die abends kaum noch zur Ruhe kommt. Das wollen die Bewohner nicht auf sich beruhen lassen.
Jugendamt informiert
Vom Landkreis Uckermark gab es dazu die Auskunft, dass der Hinweis im Jugendamt geprüft wurde. „Sofern Anwohner oder sonstige Personen auf Gegebenheiten aufmerksam werden, die eine Kindeswohlgefährdung darstellen könnten, ist es immer ratsam, dies dem Jugendamt mitzuteilen. Entsprechende Meldungen werden im Allgemeinen Dienst der Behörde sehr ernst genommen und individuell geprüft”, versicherte Sprecherin Ramona Fischer: „Die Handlungsmöglichkeiten des Jugendamtes reichen dabei von Unterstützungsangeboten bis hin zur Anrufung des Familiengerichts und der Ergreifung von Sorgerechtsmaßnahmen.” Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne aber leider keine konkrete fallbezogene Aussage getroffen werden, warb sie um Verständnis.
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Roland Kamenz von der Polizeidirektion Ost bestätigte auf Nachfrage, dass es am 15. Juni gegen 22.15 Uhr einen polizeilichen Einsatz in der Kietzstraße gegeben hat. „Anlass war ein Hinweis auf ein mögliches Körperverletzungsdelikt. Vor Ort bestätigte sich dies. Die handelnden Beamten haben erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung ergriffen.”
Erwachsene verletzt
Es seien mehrere Strafanzeigen aufgrund von Körperverletzungsdelikten aufgenommen worden, heißt es weiter. „Im konkreten Fall handelte es sich um Verletzungen, die sich anwesende Erwachsene gegenseitig zugefügt hatten, also wechselseitige Körperverletzung.” Aus den vorliegenden Unterlagen seien allerdings keine Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung ersichtlich. Grundsätzlich würden, so Kamenz, polizeiliche Einsätze, bei denen das Kindeswohl gefährdet erscheint, dem Jugendamt gemeldet: „Bei Erfordernis werden Sofortmaßnahmen abgestimmt und getroffen. Wenn Personen Kenntnis von Straftaten oder Gefahrenlagen erlangen, sollte unverzüglich die Polizei informiert werden. Polizisten sind geschult, in Konfliktsituationen deeskalierend einzuschreiten. Zudem ist es ihnen gestattet, im Bedarfsfall auch körperlichen Zwang anzuwenden, wenn es nicht gelingt, die Situation kommunikativ zu lösen. In Fällen häuslicher Gewalt können Beamte bei Erfordernis weitere Interventionsmöglichkeiten (Wohnungsverweisung) ergreifen.”