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Witziges Geschenk

Vater überrascht Familie mit Vokabelheft

Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Was soll man bloß immer schenken? Vor diesem Problem saß auch Jürgen Jabs alljährlich. Bis dem 66-Jährigen aus Schmachtenhagen eine witzige Idee kam.
Veröffentlicht:24.12.2019, 16:40

Von:
  • Claudia Marsal
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Jürgen Jabs ist ein Tausendsassa. Auch im Ruhestand hat der langjährige Museumsmitarbeiter stets mehrere Projekte parallel zu laufen. Der 66-Jährige würde sich gern mittags mal aufs Ohr hauen, wie er lachend sagt: „Doch ob Sie es glauben, oder nicht, ich habe keine Zeit dafür.“ So richtig unglücklich klingt der diplomierte Geologe dabei aber nicht. Es scheint fast so, als kokettiert er ein bisschen mit der Hektik im Unruhestand. Es sei ihm vergönnt. Denn das, was bei seinen vielen Freizeitvorhaben herauskommt, macht andere Menschen glücklich.

Pünktlich zum Fest hat der gebürtige Schmachtenhagener wieder eine witzige Publikation herausgebracht. Nach mehreren Fotokalendern bekommen seine Freunde, Verwandten und Bekannten diesmal zu Weihnachten ein kleines Buch geschenkt.

200er Auflage

Die 200er Auflage seines „Vokabelheft“ genannten Werks ist begehrt, was beweist, dass er auch als Rentner einen großen Aktionsradius hat. Mit der 2019er Erscheinung möchte er seine Mitmenschen zum Nachdenken anregen. Zu diesem Zweck hat der heute in Berlin lebende Familienvater in den letzten Monaten 2839 Anglizismen zusammengetragen. „Ich notierte jedes englische Wort aus der Presse, das mir ins Auge fiel“, erzählt Jürgen Jabs mit verschmitzem Lächeln.

Auf Deutsch

Die Begriffe habe er dann mit eigenen Worten auf Deutsch zu erklären versucht, setzt er lachend hinzu: „Manchmal musste ich aber auch das Internet bemühen.“ Heraus kamen so witzige Kombinationen wie „Amazon – international florierende Internet-Versandhandlung“, „Airbrush – Luftpinsel“, „After-Hour-Party – Feier nach der eigentlichen Feier“, „Playback – Sänger bewegt nur synchron die Lippen zu einem vom Band eingespielten Musikstück“, „Petting- Fummelei“, „Laptop – Klapprechner“, „Oldtimer – Klapperscheese“ und hunderte mehr. „Nicht dass wir uns falsch verstehen, ich bin kein Hasser der Fortschritts oder so. Mir ist schon klar, dass sich mit der Welt auch die Sprache weiter entwickelt. Aber ich würde mir beim Gebrauch solcher Wörter mehr Augenmaß wünschen. Manchmal ist weniger mehr.“ Eine Affinität zu Fremdsprachen habe er übrigens erst ziemlich spät entwickelt, bilanziert Jürgen Jabs im Interview: „An unserer Dorfschule hatten wir damals kein Englisch. Erst als ich nach der achten Klasse damit in Prenzlau in Berührung kam, ging es los. Für uns ‚Dorfdeppen‘ gab es sogar Zusatzstunden, damit wir zu den Stadtschülern aufholen konnten. Das gelang mir recht fix. Schon in der 10. Klasse merkte man keinen Unterschied mehr.“

Lust auf Russisch

Im Studium bekam der Uckermärker dann richtig Lust auf Russisch, meldete sich im dritten Jahr sogar freiwillig für einen Austausch auf der Krim und wurde im Jahr darauf schon mit Kusshand als Dolmetscher für den Armenienaufenthalt seiner Kommilitonen mitgenommen. „Aber auch da ist es so: Was man nicht nutzt, gerät in Vergessenheit. Eigentlich schade.“ Genauso schade findet er, dass deutsche Worte vom Aussterben bedroht sind. Diesem Thema widmete Jürgen Jabs vor Jahren sein Weihnachtsgeschenk, einen Wort-Kalender. Wenn Sie bei ihm punkten wollen, dann verwenden Sie Begriffe wie „Stelldichein“, „Plaudertasche“ oder „Stubenhocker“! Denn dann ist Ihnen seine Aufmerksamkeit gewiss. Hundertprozentig. Er wird es als Indiz dafür werten, dass er einen Gleichgesinnten vor sich hat, einen Fan der deutschen Sprache. Jemanden, der die Vielfalt seiner Heimatsprache genau so liebt wie er selbst. Und der vermutlich ebenso bedauert, dass das Deutsche immer mehr verarmt. Er könnte nämlich Stunden damit zubringen, alte, vergessen geglaubte Worte hervorzuholen und zu klangvollen Sätzen zu verknüpfen.