Beide Kinder tot
Verwaiste Mutter hilft sich mit Nächstenliebe
Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Claudia Marsal
Manuela Paegelow hat fast alles in ihrem Leben verloren. Erst starb die Tochter, dann ihr Sohn. Auch ihre Ehe ging zu Bruch. Selbst der Kontakt zur geliebten Enkelin riss ab, bedauert die 59-Jährige im Gespräch mit dem Nordkurier. „Ich bin deshalb öfter allein, als gut für mich ist“, bilanziert die gelernte Köchin traurig. Um aus diesem trostlosen Loch herauszukommen, habe sie nach Ablenkung gesucht, erzählt Manuela Paegelow: „Sonst wäre ich wohl noch verrückt geworden vor Trauer.“ Sie fand einen Weg aus der Einsamkeit: Handarbeit. Zunächst übte sich die verwaiste Mutter in der Perlen-Kunst.
Kleine Glückswürmchen
Dann begann sie Steine zu bemalen und diese als Trostspender in der Gegend auszulegen. Doch die ganz große Erfüllung fand die EU-Rentnerin erst, als sie bei Facebook auf die Glückswürmchen-Aktion stieß.

„Im Internet las ich vor ein paar Monaten, dass überall in Deutschland Frauen kleine Glücksbringer basteln und damit fremde Menschen erfreuen. Das wollte ich auch: Unbekannten Trost spenden, weil ich wusste, wie wichtig das für einen ist.“ Gesagt, getan.
Die Fürstenwerderin besorgte sich Unmengen an Wolle, Häkelzeug und Deko-Zubehör. Das ging richtig ins Geld, aber das war es ihr wert. Dann legte sie los. Über 400 Exemplare hat Manuela Paegelow inzwischen schon erschaffen: „Für ein Glückswürmchen brauche ich so zehn Minuten, bei Extrawünschen dauert es ein bisschen länger. Aber die Arbeit geht mir schon ganz gut von der Hand.“ Aktuell sitzt sie an niedlichen Winterengeln, die wie Schneeflocken aussehen und winzige Mäntel und Mützen tragen ‐ so richtig mit Glitzergarn und Schimmer. Da legt sie sich rein. Auch Weihnachtsfiguren sind in Planung.
Die ersten Neulinge hat sie bereits an die Frau/den Mann gebracht. „Ich hinterlasse sie überall da, wo ich gerade bin“, erzählt die Bastlerin stolz: „In meinem Auto steht eine volle Kiste. Sie sind also immer mit dabei. Manchmal lege ich die kleinen Überraschungen nach dem Einkaufen in die leeren Wagen. Oder ich stecke sie hinter Scheibenwischer.“
Ins Regal gesteckt
Auch im Supermarkt habe sie schon Glückswürmchen in den leeren Regalfächern hinterlassen, erzählt die einsame Frau. Manchmal ist sie sogar noch in der Nähe, wenn sich ein Finder freut ‐ „das ist ein Gänsehautgefühl“. Mit die dankbarsten Empfänger seien Kassierer, verrät die Uckermärkerin lachend: „Beim Bezahlen frage ich häufig, ob ich ihnen etwas schenken darf. Und wenn ich dann so eine kleine Figur aus der Tasche hole, ist die Freude meistens riesengroß.“
Nur selten stoße ihr Bemühen auf Ablegung. „Aber einmal ist es mir schon passiert, dass sich jemand beschwert hat, weil es nicht meine Aufgabe sei, anderen Glück zu bringen, das könne nur Gott, hat derjenige gesagt.“ Manuela Paegelow sieht das anders. Ganz anders. Das menschliche Miteinander sei der Schlüssel, ist sie überzeugt.
Mutti hilft
Ihre größte Stütze sei deshalb neben den Glückswürmchen und ihrem Therapeuten auch ihre Mutti, die ihr bis heute in allen Lebenslagen beistehe. „Wir verreisen viel zusammen und bringen uns so auf andere Gedanken.“ In der Selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern fühle sie sichebenfalls gut aufgehoben, betont Manuela Paegelow. Dem Hospizverein ist sie tief verbunden. Auch dort hat sie schon 60 Glückswürmchen abgegeben. Doch keine Sorge, die Produktion läuft weiter ... Das Glück geht nicht aus.