Abschied
Weil es mit dem Chef nicht klappte, zog er die Reißleine
Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Claudia Marsal
Seine zweite Kantorenstelle, ach wie hatte sich Thomas Weber auf diese Herausforderung in Prenzlau gefreut: „Ich kam damals aus Torgelow und war voller Hoffnung und Vorfreude. Ich übernahm Kantoren- und Gemeindepädagogenamt und arbeitete gern mit Chor und Kindern.“ Leider blieb dies nicht so, „denn das Verhältnis zu meinem nächsten Vorgesetzten verschlechterte sich rapide. Im Sommer 1994 war eine Grenze erreicht ‐ ich musste die Reißleine ziehen und meinen Dienst beenden.“
Zunächst verschlug es ihn nach Drense, weil er in einer Qualifikation zur B-Katechetik steckte und diese unbedingt beenden wollte. „Pfarrer Thomas Dietz bot mir zu diesem Zeitpunkt die Vorbereitung einer Musik zum Ewigkeitssonntag an. Ich nahm an ‐ nicht unbedingt begeistert, aber einsichtig, beinahe folgsam.“
Im November gestartet
Am 20. November 1994 startete der ehemalige Jacobi-Kantor mit Katechetin Gudrun Dietz aus Schönfeld die Reihe „Musik zum Ewigkeitssonntag.“ Gemeinsam spielten die beiden Werke für Orgel und Flöte und waren über mehrere Jahrzehnte an allen inzwischen sanierten Orgeln der insgesamt elf Kirchen des Pfarrsprengels zu Gast. Viele Menschen nahmen diese Abende dankbar als einen tröstenden Abschluss des Monats November und des Totensonntags an, wissen die Macher.
Das erste Konzert hat Thomas Weber als einen gelungenen Abend in Erinnerung, der ihm half, neuen Sinn in seinem Leben und seiner Musik zu finden: „Trotz meines Umzugs nach Cottbus gab es 1995 dann ein zweites Konzert. 2007 zog ich von Cottbus ins südliche Leipziger Land, und die Musik Nr. 14 wurde um 30 Minuten verschoben, damit ich die längere Anfahrt schaffen konnte.“
Verstärkung bekommen
Der Kantor stand dankenswerter Weise für diese Musikreihe auch noch zur Verfügung, als er bereits im Süden ansässig war. Seit gut 15 Jahren wurde die Reihe musikalisch weiter bereichert, indem sich Ulrike-Julie Dietz mit der Violine dazu gesellte.
Im Sommer 2021 endete seine Kantorendienstzeit, und es verschlug ihn in seine Geburtsstadt Leipzig zurück: „Ich fuhr erstmals schon Samstag nach Schönfeld und spielte Sonntag früh die Gottesdienste gemeinsam mit Pfarrer Dietz und abends die Musik Nr. 28.“
Inzwischen war in seinem Notenschrank ein Extraordner mit dem Titel „Ewigkeit“ entstanden. „Einige Stücke hatten wir ins Herz geschlossen, und diese tauchten immer mal wieder im Programm auf. Zum Beispiel der Kanon von Joh. Pachelbel oder der Bach-Choral aus der Kantate ‚Herz und Mund und Tat und Leben‘“. Es gab aber auch in jeder Musik neue Stücke ‐ das eine oder andere hatte er sogar selbst komponiert. Bis heute begann und endete jede Musik mit einem Lied aus dem Gesangbuch.
Letztes Konzert
„Dazwischen liest Pfarrer Dietz Texte, passend zum nachdenklichen Charakter dieses letzten Sonntags im Kirchenjahr. Zur Probe und Vorbereitung der Musik bin ich jedes Jahr im Sommer einmal Richtung Norden gefahren und habe mit Frau Dietz die geplanten Stücke geprobt und vorbereitet. Meist schaute ich auch in Torgelow und Prenzlau vorbei und besuchte alte Bekannte aus meinen Dienstjahren.“
In wenigen Tagen wird es nun die 30. Auflage dieser Reihe geben. Am Sonnabend, dem 25. November, ist das Trio ab 17 Uhr in Schönfeld zu erleben.
„Nun sind drei Jahrzehnte vergangen und eine lange Tradition endet“, resümiert Thomas Weber: „Trotz aller Schwierigkeiten und mancher Widerstände habe ich mich immer wieder von Gott rufen und beauftragen lassen ‐ ja, nicht immer begeistert, aber folgsam. Lieder und Texte haben mich natürlich auch neben dieser Konzertreihe in meinem sonstigen Dienst bewegt und tun dies bis heute: ‚Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug leben‘. Das Schlusslied heute sagt uns: Dein Wort ist wahr und trüget nicht und hält gewiss, was es verspricht, im Tod und auch im Leben. Du bist nun mein, und ich bin dein, dir hab ich mich ergeben. Amen.“