Biogas-Kraftwerk Fürstenwerder
Wo man auf Putins Gas verzichten kann
Nordwestuckermark / Lesedauer: 2 min

Oliver Hauck
Das landwirtschaftliche Familienunternehmen „Ruhe Agrar“ erzeugt in der Gemeinde Nordwestuckermark nicht nur Getreide, sondern auch Biogas (Methan). Gasverbrennungsmotoren liefern dann Strom und Fernwärme, um Privathaushalte und öffentliche Einrichtungen zu versorgen.
„Ruhe Agrar“ hat kürzlich in Fürstenwerder ein drittes Blockheizkraftwerk (BHKW) in Betrieb genommen und das Fernwärmenetz erweitert, sodass nun über 430 lokale Kunden, zu einem Drittel des Preises für Heizöl, ihre Heime wärmen können. Im letzten Bauabschnitt wurden die Gemeindeobjekte Jugendclub und Sportlerhaus sowie das Multikulturelle Zentrum an das Netz angeschlossen. Allein in Fürstenwerder werden so jährlich rund 530.000 Liter Heizöl beim Endkunden ersetzt.
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Die Planungen gehen allerdings schon weiter. Wie Thomas Evers, Projektleiter Fernwärme in Parmen, mitteilte, sollen die beiden Biogasanlagen in Parmen und Fürstenwerder durch eine 7,8 Kilometer lange, unterirdische Leitung verbunden werden, um vor Ort täglich sieben Tonnen Bioflüssiggas (LNG) herstellen zu können, was etwa 10 000 Litern Diesel entspricht. In Biogasanlagen erzeugen Bakterien das Methan aus Rohstoffen wie Mais, Gülle und anderen Energiepflanzen. Das Gas fließt durch unterirdische Überlandleitungen zu den einzelnen Ortschaften. Dort wird durch die Verbrennung des Methan ein Motor angetrieben und über einen Generator der Strom erzeugt, genau so, wie es bei einem Auto über die Lichtmaschine geschieht. Das neu erbaute BHKW in Fürstenwerder ist 1177 Kilowatt stark und hat eine Generatorleistung von 550 Kilowatt.
Die elf BHKW in Parmen und Umgebung erzeugen jährlich 51 Millionen Kilowattstunden Strom. Das würde ausreichen, um alle Haushalte von Templin und Prenzlau zu versorgen. Aufgrund der (noch) geltenden gesetzlichen Regelungen muss der Strom allerdings in das öffentliche Netz eingespeist werden.
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Jeder Motor muss natürlich auch gekühlt werden. Das erhitzte Kühlwasser von den BHKW wird in Fürstenwerder im Fernwärmenetz zu Privatkunden und öffentlichen Einrichtungen geleitet und sorgt in der kalten Jahreszeit für wohlige Wärme. Im Sommer nutzen lokale Holzhersteller die überschüssige Wärme, um Brennholz zu trocknen. Durch die Kopplung von Stromerzeugung und Fernwärme an ein und demselben Ort erreichen BHKW einen Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent.
BHKW und Fernwärme sind ein wichtiger Baustein bei der „Sektorenkopplung“, die viele Experten für die Energieversorgung der Zukunft halten: Sie bedeutet lokale Erzeugung und Versorgung mit möglichst erneuerbarer (und damit CO2-neutraler) Energie und Wärme für private Haushalte, Verkehr und Industrie. Sie bedeutet ferner mehr Energiesicherheit auf regionaler Ebene für die Zukunft, unabhängig von politischen Entwicklungen, Großraffinerien und transkontinentalen Gaspipelines wie Nord Stream.