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Landwirtschaft

Biobauer sieht seine Branche als Opfer praxisferner Politik

Ueckermünde / Lesedauer: 3 min

Der „Bauer aus der Mark“, Thomas Essig, beklagte in Ueckermünde "überbordende Bürokratie und regelungswütige Politiker".
Veröffentlicht:16.11.2023, 17:06

Von:
  • Oliver Hauck
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„Was kann man überhaupt noch essen?“, wollte eine Ueckermünderin gleich zum Auftakt von Landwirt Thomas Essig wissen. Der Brandenburger, durch seine öffentlichen Auftritte und Sozialen Medien bekannt als „Bauer aus der Mark“, war zum Marktplatzgespräch am Mittwochabend ins Seebad gekommen.

Bauern können Qualität dokumentieren

Der 58-jährige Biobauer brach eine Lanze für landwirtschaftliche Produkte made in Germany. Deutsche Bauern könnten durch Proben die Qualität ihres Anbaues lückenlos dokumentieren. Gefahr für die Gesundheit drohe den Verbrauchern vielmehr durch Importe aus Staaten, die Insektizide auf ihren Feldern versprühten, die hierzulande schon seit Jahrzehnten verboten seien. Daher fordere er auch Kennzeichnungspflicht und Herkunftsnachweise für alle Lebensmittel und deren Vorstufen. „Oder wissen Sie etwa, was in Tomatenmark aus China drin ist oder woher der Großteil des Flüssigeies importiert wird?“, fragte er in die Runde. 

War schon Landwirt zu LPG-Zeiten

Der Landwirt und FDP-Politiker, der im Landkreis Ostprignitz-Ruppin 50 Hektar bestellt, war ans Haff gekommen, um von seinen Sorgen und Nöten als Biobauer zu erzählen. Die Marktplatzgespräche, organisiert vom Team um Kerstin Wittenberg, boten ihm den Rahmen, um sich mit den gut 60 Teilnehmern auszutauschen.

Er sei seit 1984 „Landwirt mit Leib und Seele“, damals noch in einer LPG. Seit 1993 betreibe er seine Landwirtschaft im Nebenerwerb. Obwohl landauf, landab Bioprodukte propagiert und gefordert würden, ließe sich damit allein nicht einmal die Hälfte der Menschen im Lande ernähren, sagte Essig. „Hohe Energiepreise, praxisferne Minister, regelungswütige Politiker und überbordende Bürokratie“ seien die größten Hemmschuhe für sein Gewerbe. Dabei verstünden die Landwirte selbst ihr Gewerbe am besten.

In Konkurrenz mit billigen Importen

Woher ihre Lebensmittel kommen, sei vielen Verbrauchern egal. Hauptsache billig, sagte der Biobauer. Das rund halbe Dutzend Kleinlandwirte aus der Region unter den Teilnehmern stimmte ihm zu. Auch sie würden seit Jahren mit billigen Importen konkurrieren, etwa Milch aus Polen, hieß es. Gleichzeitig würden deutsche Landwirte ihre Kühe ins Nachbarland verkauften, weil sie sich die Haltung nicht mehr leisten könnten.

Bauer wünscht sich mehr Schulgärten

„Wohin geht die Reise?“- Der Trend zur industriellen Landwirtschaft werde sich in Großbetrieben noch verstärken, befürchtete Essig. Dafür sorge allein schon der Kostendruck. Und wenn nicht bereits Schulkindern vermittelt würde, dass „wir Landwirte nicht die Natur vergiften“, wolle bald auch niemand mehr Bauer werden. Bücher, die sachgerecht informieren, könnten helfen, diese Entwicklung zu stoppen. Zum Abschluss des Abend wünschte sich der Bauer aus der Mark: „Mehr Schulgärten, in denen die Kleinsten durch eigenes Anpacken lernen, wie gesundes Obst und Gemüse wächst.“