„Sicherheitsgründe”
Bundeswehr sperrt Erholungsgebiet bei Torgelow
Torgelow / Lesedauer: 4 min

Lutz Storbeck
„Mich haben viele Bewohner von Spechtberg angesprochen, sie verstehen es einfach nicht, dass die Bundeswehr ihr Sperrgebiet einfach ausweitet“, sagt Antje Varamann aus Torgelow. Was in der Praxis bedeutet: Viele Spechtberger können nicht mehr in den Wald, der direkt vor ihrer Haustür liegt.
Zutritt zum Wald verboten
Schilder, die dort kürzlich angebracht worden sind, verweisen darauf, dass das Areal nunmehr ein „militärischer Sicherheitsbereich“ ist. Zutritt also verboten, und das heißt: Kein Spazieren mehr, kein Gassigehen mit dem Hund, und Kinder, die den Wald als natürliches Abenteuergebiet genutzt haben, dürfen auch nicht mehr dorthin. „Mit anderen Worten: Wir können den Wald nicht mehr nutzen“, sagt Antje Varamann.
Beliebtes Ausflugsziel für Kita
Auch wenn formell die Bundeswehr natürlich im Recht ist – es ist ihr Übungsgebiet – sei es doch ein harter Einschnitt für die Anwohner. Und für sie selbst ganz besonders, betont Antje Varamann. „Ich wohne seit 40 Jahren hier, bin also mit dem Wald groß geworden – und nun geht das nicht mehr“, empört sich die Frau, die mit ihren Kindern gerade in der Corona-Krise oft im Wald zum Spielen war. Mädchen und Jungen aus der Kita „Sternschnuppe“ sind ebenfalls häufig dort zu finden. An der sogenannten Spielekreuzung haben sich die Kinder ein Koboldnest aus Ästen und Zweigen gebaut – und spielen da gerne und häufig.
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Keine Information an die Anwohner
Was für sie und die anderen an der Angelegenheit auch problematisch ist: Zuvor ist nicht über diese Veränderung informiert worden. „Keiner hat mit mir oder anderen gesprochen“, sagt Antje Varamann. Das ärgert auch Jörg Gottwald, einen Ur-Spechtberger. Er wohnt mit seiner Familie direkt am Waldrand. In den Wald darf er, wenn er sich ganz genau an diese Schilder hält, eigentlich nicht mehr hinein. Unverständlich, findet er. Schließlich habe es in den vergangenen Jahrzehnten so etwas wie eine stille Übereinkunft zwischen Militär und Einwohnern von Torgelow gegeben: Man kann in den Wald, wenn eine bestimmte Grenze eingehalten wird. „Das ist die Platzrandstraße – und darüber sind wir nie hinaus gegangen“, sagt Antje Varamann.
Vertrauen zur Bundeswehr beschädigt
Von den Schildern haben auch die beiden Damen gehört, die gerade Nordic Walking in dem Gebiet machen. Sie finden es unglaublich, dass da gesperrt wird. „Und wenn dagegen Unterschriften gesammelt werden, dann unterschreibe ich auch fünf- oder hundertmal“, sagt eine der Frauen.
Für Antje Varamann und Jörg Gottwald ist die jetzt entstanden Situation mehr als bedauerlich. „Das Vertrauensverhältnis zur Bundeswehr ist da doch ganz schön beschädigt“, sagt die Torgelowerin. Bislang seien Bundeswehrsoldaten zum Joggen und auch für Ausbildungen im Wald gewesen und dabei natürlich auch den Anwohnern begegnet. „Wir sind uns da respektvoll begegnet, wir haben die Soldaten gegrüßt, es gab keine Reibereien“, so Varamann. Die jetzige Situation sei schwer zu verstehen, es brodelt, sagen die beiden Spechtberger, in dem Torgelower Ortsteil. Da müsse ein Kompromiss her.
Hauptmann verteidigt Sperrung
Torgelows Bürgermeisterin Kerstin Pukallus hatte in dieser Angelegenheit bei Hauptmann Carsten Rupp, Chef des Truppenübungsplatzes Jägerbrück, nachgefragt. Das ist schon ein paar Wochen her. Damals ging es um die Verbotsschilder, die im Torgelower Ortsteil Drögeheide aufgestellt waren. Hauptmann Rupp hatte erklärt, „dass mit der Bundeswehr-Aktion im Bereich Drögeheider Straße die vermessenen Grenzen des Truppenübungsplatzes kenntlich gemacht worden sind. Für jeden Anwohner sei nun ersichtlich, wo das Gelände des Truppenübungsplatzes beginnt.“
Nicht jedem Anwohner werde gefallen, dass Wege, die in Richtung Truppenübungsplatz führen, mit Schranken abgesperrt sind, meinte der Hauptmann. „Das ist aus Gründen der äußeren Sicherheit jedoch unerlässlich, denn die Sicherheit der Bürger sei im Betrieb des Truppenübungsplatzes ein wesentlicher Bestandteil.“ Die Bundeswehrmitarbeiter hätten zudem auch Totholz entsorgt und Brandschutzstreifen angelegt.
Angesprochen auf den Spechtberger Bereich, verwies der Chef des Truppenübungsplatzes gestern auf seine damaligen Ausführungen. Denen habe er nichts hinzuzufügen. Wer in dem Sicherheitsbereich von Kontrollen angetroffen werde, dessen Personalien können aufgenommen und an die zuständige Behörde weitergeleitet werden, die dann über das weitere Vorgehen entscheide, so der Hauptmann.
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