Mehrwertsteuer steigt
Gastronomen am Haff entsetzt über geplante Steuererhöhung
Ueckermünde / Lesedauer: 2 min

Oliver Hauck
Die Meldung schlug am Freitag bei den Gastronomen landauf, landab ein wie eine Bombe: Ab dem ersten Januar 2024 soll die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants und Cafés von derzeit sieben zurück auf 19 Prozent wieder ansteigen. Darauf soll sich die Berliner Ampelkoalition geeinigt haben. Gute drei Milliarden Euro pro Jahr erhofft sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) davon an Mehreinnahmen.
Preise müssen wohl steigen
Bestürzung herrscht derzeit darüber bei Ueckermünder Gastronomen wie Sandra Krüger, die seit 2011 die Strandhalle an der Promenade betreibt und Hilke Weers, seit Juni 2019 Inhaberin des Wohlfühlecks in der Ueckerstraße. „Wenn es so kommt, wird uns nichts übrigbleiben, als die Preise zu erhöhen“, sagen beide.
Christin Zeh, Inhaberin der Gaststätte und Pension Lindenhof in Liepgarten, zählt im Gespräch mit dem Nordkurier die Folgen auf, die die Steuererhöhung für das Hotelgewerbe hätte: „Gerade hatte sich der Tourismus im Lande wieder ein wenig erholt. Aber werden die Urlauber nicht vermehrt ins Ausland fahren, wo die Besteuerung nach wie vor niedrig ist?“ In Ländern wie Italien, Spanien oder Frankreich beträgt die Steuer auf Speisen in Gaststätten nämlich lediglich die Hälfte der gesetzlichen Mehrwertsteuer. In Italien und Spanien beispielsweise nur zehn statt 25 Prozent.
Sorge vor Pleitewelle
Treibt die Ampelkoalition, um ihr Steuerloch zu stopfen, die Menschen in Deutschland zum Speisen heim an den Küchentisch oder im Urlaub ins Ausland? Die Vorsitzende des Gewerbevereins des Seebades, Madlen Brückner, verweist auf die Folgen für Zulieferer und den Getränkehandel, wenn die Menschen sich das Ausgehen nicht mehr leisten können. Droht dann der Gastronomie eine Pleitewelle und ein Kneipensterben wie in den 1990er Jahren? Sandra Krüger beschäftigt in der Strandhalle acht feste und drei Saisonkräfte. Christin Zeh vermietet im Lindenhof 13 Zimmer, ihr Restaurant bietet 200 Gästen Platz.
Richtig ist: Die Absenkung von 19 auf sieben Prozent wurde im Juli 2020 beschlossen, um der Gastronomie in der Pandemie das Überleben zu sichern. Dennoch stellt sich die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, einmal grundsätzlich über Sinn und Unsinn der unterschiedlichen Besteuerung von Essen und Lebensmitteln nachzudenken? Holt sich der Kunde am Imbiss-Stand einer Metzgerei ein Würstchen und geht damit an deren Stehtisch, werden sieben Prozent fällig. Setzt er sich mit dem Essen auf die Bank im Bierzelt des gleichen Gastronomen, so überschreitet der Betrieb damit die Schwelle zum Restaurationsumsatz und der volle Steuersatz ist fällig.
„Was ist Grundbedarf?“, fragt Christin Zeh. Bücher, Presse, fahren mit dem Nahverkehr und Übernachten im Hotel auch, Essengehen aber nicht? Seit Freitag hat sie Zweifel, ob man sich in der Bundespolitik über die gesellschaftliche Bedeutung der geplanten Steueranhebung im Klaren ist: „Weniger Zusammenkommen und weniger Austausch“, sagt sie. „Oder ist gerade das derzeit unerwünscht?“
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