Endlich
Letzte DDR-Platten werden entschuldet
Ueckermünde/Torgelow / Lesedauer: 4 min

Eckhard Kruse
Riesige Altschulden auf kommunalen Wohnblöcken drückten die Finanzlage in fast allen Städten und Gemeinden nach 1990. Nun können sich die letzten Kommunen in der Region Uecker–Randow auf den Abbau der Altschulden auf ihren kommunalen Wohnblöcken einstellen.
Plötzlich 3,9 Millionen Euro Schulden weniger
Das betrifft zum einen die Wohnungsgesellschaften von Ueckermünde und Torgelow sowie die Gemeinden Ferdinandshof, Altwigshagen und Wilhelmsburg, informierte der Chef der Staatskanzlei Patrick Dahlemann (SPD) in einem Gespräch mit Norbert Raulin, Geschäftsführer der Ueckermünder Wohnungsbaugesellschaft (UWG). Zum anderen werden Gelder nach Strasburg, Penkun, Löcknitz, Grambow, Ramin, Rossow, Rothenklempenow, Plöwen, Krackow und Nadrensee fließen.
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Dahlemann nannte auch Termine. Die Wohnungsbaugesellschaft Torgelow wird ihre Restschulden auf DDR–Wohnblöcke in Höhe von 3,93 Millionen Euro gleich im kommenden Jahr loswerden. Es folgen im Jahr 2026 die Gemeinde Wilhelmsburg, bei der noch 36.000 Euro zu Buche stehen. Altwigshagen wird im selben Jahr die Schulden von 47.000 Euro los. Die Ferdinandshofer Wohnungsgesellschaft wird 2026 um 1,4 Millionen Euro entlastet. Zuletzt kommt die UWG Ueckermünde an die Reihe. Hier gleicht das Land die Schulden in Höhe von 3,9 Millionen Euro im Jahr 2027 aus. 1990 seien es laut Raulin noch 9,8 Millionen Euro Altschulden gewesen.
Fonds von 25 Millionen Euro jährlich
Möglich wird dieser Schuldenabbau über einen Kabinettsbeschluss der Landesregierung MV im Sommer, erläuterte Dahlemann. Nach dem großen Kommunalgipfel 2018 habe das Land unter anderem die Infrastrukturpauschale für die Kommunen eingeführt, die Mittel im Finanzausgleich zugunsten der Städte und Gemeinden erhöht. Das Land MV habe nun auch die höchste Pro–Kopf–Ausstattung aller Bundesländer bei den Schlüsselzuweisungen für die Gemeinden. Die Landesregierung wolle nicht warten, bis die Bundesregierung handelt. „Wir übernehmen die Schulden komplett“, betonte Dahlemann. Dafür soll es einen Fonds von 25 Millionen Euro jährlich für alle Altschulden von kommunalen Wohnungsgesellschaften in MV geben. Das sei laut EU–Vorgaben vorher nicht möglich gewesen.
„Können uns jetzt auf die Energiewende konzentrieren“
Raulin sagte, er sei sehr dankbar für diese Entscheidung. Das versetze die UWG in die Lage, Liquidität, Ertragslage und Eigenkapital zu erhöhen. Mit der Entschuldung im Jahr 2027 komme das Unternehmen auf eine Eigenkapitalquote von über 50 Prozent. Dabei seien nur 30 Prozent vorgeschrieben. „Damit können wir uns auf die Energiewende und auf die Probleme der Zukunft konzentrieren.“ Außerdem werde man weiter sozial verträgliche Mieten anbieten können.

Er erinnerte daran, wie die ostdeutschen Kommunen zu dem Schuldenberg gekommen sind. Es habe sich um ehemalige Kredite der DDR–Staatsbank gehandelt, die für Plattenbauten aus den Jahren 1986 bis 1988 zu bedienen waren. Die Kredite seien in das Eigentum der Bundesrepublik übergangen und hätten bei immer größerem Leerstand weiter bedient werden müssen. Als Bürgermeister von Strasburg habe er damals beim Brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) dafür geworben, die Zinsen und die Tilgung bei den Gemeinden zu lassen, um sie finanziell zu stärken. Daraus sei nichts geworden.
Rund um Pasewalk, Strasburg und Penkun werden laut Landesregierung die ersten sechs Kommunen im kommenden Jahr von diesen Altschulden befreit. Nach Löcknitz fließen rund 375.000 Euro. Grambow bekommt 72.000 Euro, Ramin 38.000 Euro und Rossow 63.000 Euro. Rothenklempenow und Plöwen sind mit 40.000 Euro und 21.000 Euro dabei. Weiter geht es 2025 mit Penkun (rund 157.000 Euro), Krackow (136.000 Euro) und Nadrensee (130.000 Euro). Nach Strasburg fließen 2,63 Millionen Euro. Die Wohnungsbaugesellschaft Pasewalk (Woba) fehlt in der Auflistung. Sie hat aber auch noch Altschulden, teilte Geschäftsführer Ralf Hacker auf Nordkurier–Anfrage mit. Er habe aber noch keine offizielle Mitteilung zu einer Entschuldung bekommen.
Eggesiner Eigenbetrieb bekommt kein Geld aus dem Fonds
Für Antje Zibell, Bürgermeisterin von Penkun, hätte diese Entschuldung gern auch schon früher kommen können. Ihre Vorgänger und die Gesellschafterversammlungen hätten 30 Jahre lang darum gekämpft. Weil man keine Hoffnung auf eine Entschuldung mehr hatte und es Auflagen für einen Schuldenabbau gab, habe man immer Wert auf einen großen Schuldenabbau gelegt. Nun freue man sich, dass wenigstens die Restsumme übernommen wird.
Gerd Hamm, Bürgermeister von Ferdinandshof und Gesellschafter der Wohnungsgesellschaft, wäre richtig froh, wenn die Altschulden vollkommen getilgt werden könnten. Denn in der Vergangenheit hatte es immer nur Abschläge von einigen Hunderttausend Euro gegeben. Der Eggesiner Eigenbetrieb wird aus diesem Fonds aber kein Geld bekommen, erläuterte Dahlemann. Dort seien die Altschulden der Wohnblöcke Bestandteil des Stadthaushaltes. Für die Entschuldung bekomme die Stadt schon seit Jahren Gelder.