Wo wird es im Alter mit der Pflege schwierig?
Ueckermünde / Lesedauer: 4 min

Farbige Karten, auf denen Landkreise und Amtsbereiche von Hell- bis Dunkelrot dargestellt sind, kennt jeder, der die aktuelle Corona-Berichterstattung verfolgt. Auf einen Blick wird sichtbar, ob die Inzidenz in einer Region niedrig oder hoch ist. Für eine schnelle Orientierung sind solche grafischen Darstellungen sehr hilfreich.
Das gilt nicht nur bei den Corona-Fallzahlen. Die Versorgung mit Pflegeplätzen in einer Region beispielsweise lässt sich ebenfalls einfach und übersichtlich in einer farbigen Karte darstellen. Auf einen Blick lässt sich so erfassen, wo es ausreichend Pflegeangebote im Umkreis von zehn Kilometern gibt.
Größere Städte strahlen ins Umland aus
„Größere Städte wie Ueckermünde, Torgelow, Pasewalk und Strasburg verfügen über eine gute Pflegeinfrastruktur und versorgen die Nachbargemeinden mit, Einwohner in Dörfern zwischen den Städten profitieren von den Angeboten“, erläutert Sandra Behnke die von ihr erarbeitete Grafik. Die Ueckermünderin absolvierte den berufsbegleitenden Masterstudiengang „Digitalisierung und Sozialstrukturwandel“ an der Hochschule Neubrandenburg.
Die Analyse der Pflegeinfrastruktur für die Uecker-Randow-Region ist das Ergebnis ihrer Masterarbeit. Dabei hat sie zwei Fachwissenschaften – die Geoinformatik und die Pflegewissenschaft – verknüpft. Das macht ihre wissenschaftliche Arbeit so interessant und einmalig. „Mit den entsprechenden Daten lassen sich auch andere Sozialstrukturen visualisieren, beispielsweise die Versorgung mit Kita-Plätzen.“
Frei zugängliche Daten analysiert
Sandra Behnke hat in ihrer Masterarbeit die Pflegeinfrastruktur analysiert, weil dies auch ihr Arbeitsbereich ist. Die 41-jährige Gesundheitsmanagerin arbeitet als Controllerin im Evangelischen Diakoniewerk Bethanien Ducherow. Alle Daten, die sie für ihre wissenschaftliche Arbeit verwendete, sind öffentlich zugänglich. Sie analysierte die verfügbaren Daten zur Pflegeplanung in der Uecker-Randow-Region und beschäftigte sich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Pflegeinfrastruktur.
Für die Datenanalyse nutzte sie Geoinformationssysteme (GIS). Diese innovative Verfahrensweise zur Untersuchung des Ist-Zustandes ermöglicht einen neuen Blickwinkel auf die Lücken und Probleme der Versorgung und schafft die Grundlage, um zukünftige Bedarfe und Zugangsmöglichkeiten der Bevölkerung zur Pflegeinfrastruktur zu berechnen.
Ergebnis: Angebote sind mangelhaft vernetzt
Die Ergebnisse verdeutlichen eine mangelnde Vernetzung der Versorgungsangebote und die gleichzeitige Bedarfszunahme an Pflegeplätzen. Die von Sandra Behnke entwickelte Methodik kann ebenso gut in anderen Regionen genutzt werden.
„Ich habe in meiner Arbeit Analysen auf Gemeindeebene, Ämterebene und Rasterebene durchgeführt. Nur auf Ämterebene war eine Bedarfsberechnung möglich, da nur Bevölkerungsprognosedaten für den Landkreis auf Ämterebene vorliegen“, erklärt die Ueckermünderin. Ihre Grafik zeigt zum Beispiel, dass in Liepgarten ein sehr guter Zugang zu Pflegeeinrichtungen vorhanden ist. Die Einwohner der umliegenden Dörfer im Zehn-Kilometer-Umkreis können auf die Angebote in Ueckermünde, Torgelow oder Ferdinandshof zurückgreifen. Im Gegensatz dazu müssen Einwohner aus Hintersee einen deutlich weiteren Fahrweg auf sich nehmen.
Uecker-Randow-Region besonders betroffen
Die Schlussfolgerungen, die Sandra Behnke zieht, sagen ganz deutlich aus, dass keine Region in Vorpommern-Greifswald so stark von einer sehr alten Bevölkerung geprägt ist wie die Uecker-Randow-Region. Der Bedarf an Pflegeangeboten wird also steigen. Für 2030 würden zusätzlich 40 Tagespflegeplätze, 87 stationäre Pflegeplätze und fünf Pflegedienste gebraucht. Während die Pflegeinfrastruktur aus vollstationären, teilstationären und ambulanten Plätzen in den Städten und großen Gemeinden vorhanden ist und auf die umliegenden Dörfer ausstrahlt, sieht es in den kleinen Gemeinden in Grenznähe nicht so gut für die alten Menschen aus, die Pflege brauchen.
„Es müssen jetzt Konzepte entwickelt und Entscheidungen getroffen werden, um den zukünftigen Bedarf an Pflege zu decken“, sagt die Ueckermünderin. Sie plädiert aber auch für Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliches Engagement, eine verstärkte Schulung von Angehörigen sowie eine stärkere Vernetzung zwischen Angeboten und Diensten. „Ein regionales Pflegekompetenzzentrum könnte den Engpass in der pflegerischen Versorgung verbessern“, schlägt sie vor.
Vorbilder aus anderen Regionen
Sie verweist auf ähnliche Einrichtungen in den Landkreisen Grafschaft Bentheim und Emsland. „Dort werden regionale Versorgungsangebote innerhalb einer Organisation gebündelt: Pflegeberatung, medizinische Versorgung, Unterstützung in Sachen Mobilität sowie ambulante und stationäre Angebote.“ Die Gesamtkoordination übernehme ein persönlicher Ansprechpartner, der die Pflegeinfrastruktur im näheren Umfeld mit ihren Besonderheiten kennt und der die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen begleitet.
Die Ergebnisse ihrer Arbeit hat Sandra Behnke dem Landkreis zur Verfügung gestellt, der sie für seine Pflegesozialplanung nutzen kann.