Demonstration in Berlin
Zahnarztversorgung hat auf dem Land ein Loch
Berlin/Uecker-Randow / Lesedauer: 2 min

Susanne Böhm
Viele Arztpraxen in der Uecker-Randow-Region blieben am Freitag zu. Ärzte und Praxispersonal waren einem bundesweiten Aufruf des Verbands medizinischer Fachberufe nach Berlin gefolgt. Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte zeigten der Gesundheitspolitik vor dem Brandenburger Tor bei einer Kundgebung die Rote Karte, beziehungsweise die Zähne.
Unter Hunderte Demonstranten hatten sich auch Zahnarzt Malte Fleischer und sein Team aus Eggesin gemischt. „Versorgung örtlich betäubt“, stand auf dem Plakat, das die Vorpommern stellvertretend für die ganze Uecker-Randow-Region hochhielten. Als Kreisstellenvorsitzender Uecker-Randow der Zahnärztekammer Mecklenburg–Vorpommern sah es der 48-Jährige geradezu als seine Pflicht an, seine Praxis zu schließen, um für bessere Arbeitsbedingungen für seine Angestellten und sich zu werben.
Nur noch 30 Zahnärzte in der Region
Die Eggesiner waren nicht die einzigen Südvorpommern, die sich in glühender Mittagshitze in der Hauptstadt auf die Straße stellten. Genaue Zahlen habe er nicht, aber mindestens die Hälfte aller Zahnärzte in Uecker-Randow hätten sich beteiligt, sagte er. Das dürften dann um die 15 gewesen sein, denn nach Auskunft von Malte Fleischer gibt es in seinem Zuständigkeitsbereich nur noch 30 Zahnärzte. Als er im Jahr 2013 die Praxis in Eggesin übernommen hat, seien es noch 52 gewesen. Das allein zeige das Ausmaß des Dilemmas, in dem Zahnärzteschaft wie gesamtes Gesundheitswesen stecken.
„Unsere Region ist so schon abgehängt. Wenn Leistungen gekürzt werden, wandern noch mehr qualifizierte Menschen ab.“ Zu Jahresbeginn sei es mal gelungen, zwei junge Zahnärzte für Pasewalk zu begeistern. Zuvor habe sich aber ewig nichts getan, und weitere Verstärkung sei nicht in Sicht. Ähnlich finster sei die Lage bei Zahnarzthelferinnen und anderem Praxispersonal. „Das sind alles kluge, hochqualifizierte Fachkräfte, die kann man nicht im Niedriglohnsektor abspeisen.“
Einwohner sind die Leidtragenden
Die Leidtragenden seien am Ende die Einwohner der Region, für die es immer schwieriger werde, einen Zahnarzt zu finden. „Ohne Geld funktioniert das alles nicht. Wenn weniger Geld reinkommt, kann ich meinen Leuten nicht mehr geben.“ So einfach sei das.
Bei der Protestaktion in Berlin machten sich die Mediziner und Zahntechniker laut Fachverband unter anderem gegen Unterfinanzierung des ambulanten Gesundheitswesens, fehlende Berücksichtigung der Personalkosten bei Honorarverhandlungen und Budgetierung vorbeugender Therapien, zum Beispiel gegen Parodontitis, und leere Versprechungen der Politiker stark.
Sie forderten eine staatliche Gegenfinanzierung der Tariferhöhungen, mehr Zeit für Patienten, eine ehrliche und offene Kommunikation mit den Versicherten und wettbewerbsfähige Gehälter für Zahntechniker auch in strukturschwachen Regionen.