Insolvenz
Gibt es auf Usedom bald weniger Strandkörbe?
Heringsdorf / Lesedauer: 3 min

Ralph Sommer
Die aktuelle Inflation trifft nun auch eines der berühmtesten Traditionsunternehmen in Vorpommern. Die Strandkorb-Manufaktur in Heringsdorf auf der Insel Usedom hat vor wenigen Tagen vorläufige Insolvenz angemeldet, wie Insolvenzverwalter Jörg Sievers dem Nordkurier bestätigte.
Menschen konsumieren vorsichtiger
Der Greifswalder Anwalt sieht vor allem gravierende Absatzprobleme als Ursache für die wirtschaftliche Schieflage. Wegen der gestiegenen Kosten sei vor allem das Individualgeschäft stark rückläufig, sagte Sievers. „Die Menschen sind in ihrem Konsumverhalten vorsichtiger geworden. Daher verzichtet jetzt so manch potenzieller Kunde auf einen Strandkorb für zuhause.“ Das Kapital des Unternehmens sei aber nicht so groß, um die momentane Absatzflaute abzufangen.

Strandkörbe aus Heringsdorf seien vergleichsweise kostenintensiver als Konkurrenzprodukte, sagte Sievers. Denn es handle sich um Handarbeit made in Germany. Die Materialien seien hochwertiger als zum Beispiel Strandkörbe aus Fernost. Zudem seien die Strandmöbel keine Stangenware, sondern könnten ähnlich wie beim Autokauf in ihrer Ausstattung den Wünschen der Kunden entsprechend im Detail zusammengestellt werden. Außerdem biete das Unternehmen Reparatur–Möglichkeiten an.
Strandkörbe mit WLAN, Rückenheizung und Wickeltisch
„Die Produktion geht vorerst in vollem Umfang weiter. Es gibt auch entsprechende Aufträge.“ Die insgesamt 19 Mitarbeiter zählende Belegschaft sei über die nächsten Schritte informiert worden. Über die Zukunftschancen wollte sich Sievers nicht äußern. Derzeit müsse er sich zunächst erst einmal einen Überblick verschaffen.

Die Lifestyle–Produkte aus Heringsdorf sind je nach Ausstattung für mehrere Tausend Euro zu haben. Gut betuchte Kunden konnten zum Beispiel Lautsprecherboxen, einen kleinen Kühlschrank, eine LED–Beleuchtung, Sitz– und Rückenheizung, WLAN–Anschluss oder Komfortwendepolster zu buchen. Auch Kuschelkissen, Armlehnen, Rückholmechanik, Wickeltisch und sogar Massagepolster für Sitzflächen und Rückenlehnen konnten in die Hightech–Möbel eingebaut werden. Zur Palette der auch in den Export gehenden „Meeres–Kiepen“ gehörten auch größere barrierefreie Dreisitzer und sogar Mini–Strandkörbe für Hunde oder Katzen.
XXL–Strandkorb ist größter der Welt
In Spitzenzeiten produzierte das Unternehmen bis mehr als 2.000 Strandkörbe pro Jahr. Das bislang teuerste Produkt mit rund 60 000 Euro Fertigungskosten steht übrigens an der Heringsdorfer Strandpromenade. Mit vier Metern Höhe, sechs Metern Breite und Platz für bis zu 70 Urlauber ist der XXL–Strandkorb der bislang größte gebaute Strandkorb der Welt und inzwischen bei Touristen ein beliebtes Fotomotiv.
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