Energie
Immer mehr Windparks vor Rügen
Greifswald / Lesedauer: 4 min

Ralph Sommer
Zwei Stunden Schifffahrt von Rügen entfernt hat der jüngste Offshore-Windpark auf der Ostsee den Betrieb aufgenommen. Seit am Rande des deutschen Küstenmeeres die Konverterplattform von der Größe eines zweistöckigen Gebäudes ans Netz ging, liefern jetzt nach und nach die jeweils 194 Meter hohen Windturbinen des Windparks Arcadis Ost 1 Windstrom. Die letzten 3 von insgesamt 27 Anlagen sollen noch im November installiert werden, sagt der Deutschland-Chef des belgisch-japanischen Unternehmens Windpark, Manfred Dittmer.
Weiterer Windpark in der Ostsee geplant
Damit speisen inzwischen fünf Windparks vor Mecklenburg–Vorpommerns Küste mit einer installierten Leistung von 1,3 Gigawatt sauberen Strom ins deutsche Netz. Und der Ausbau geht weiter. Für die kommenden zehn Jahre sei in der deutschen Ostsee ein Zuwachs von bis zu fünf Gigawatt geplant, sagt der Sprecher des Netzbetreibers 50Hertz, Volker Gustedt. In Sichtweite von Arcadis Ost 1 befindet sich schon der nächste Windpark Baltic Eagle in Bau, ein Projekt des spanischen Iberdrola–Konzerns. Nachdem im März die gigantische Plattform im etwa 45 Meter tiefen Meer installiert worden war, sollen demnächst die insgesamt 50 Windkrafträder mit einer Leistung von jeweils 9,5 Megawatt auf die aus dem Wasser ragenden Monopiles ausgesetzt werden.

Damit stünden jetzt nur noch kleinere genehmigte Flächen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) für einen weiteren Windkraftausbau zur Verfügung, sagt der Präsident des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Helge Hegewaldt. „Das Seegebiet unmittelbar vor Rügen ist ausgereizt.“
Keine Windräder vor Usedom
Während sich die deutschen Ostsee–Offshore–Projekte ausschließlich vor Rügen und dem Darß befinden, sind Windparks vor Usedom nicht geplant. Denn das Meeresschutzgebiet „Pommersche Bucht“ mit seinen großflächigen Vogelrastflächen verbiete die industrielle Windenergienutzung, sagt Hegewaldt. Zudem seien die Areale vor Usedom weniger windexponiert.
Deutschland plant Offshore-Windparks mit 70 Gigawatt Leistung
Die Europäische Union plant den Ausbau der Offshore-Stromerzeugung von aktuell etwa 30 auf 60 Gigawatt Gesamtleistung bis zum Jahr 2030. Bis 2050 sollen es sogar 300 Gigawatt werden. Vor Deutschlands Küste sind nach Angaben der Stiftung Offshore Windenergie bislang 8,4 Gigawatt Leistung installiert, darunter 7,1 Gigawatt in der Nordsee.
Ziel der Bundesregierung ist es, die Leistung bis 2030 auf etwa 30 Gigawatt zu erhöhen, bis 2045 auf 70 Gigawatt. Ein Gigawatt reicht aus, um etwa eine Million Haushalte zu versorgen. Inzwischen wollen auch namhafte Mineralöl- und Energieunternehmen wie BP in den Bau und Betrieb von Windparks investieren. Die Bundesnetzagentur hatte erst Anfang Juli dieses Jahres bei einer Versteigerung von drei Windparkflächen in der Nordsee und eines weiteren Areals in der Ostsee einen gigantischen Erlös von 12,6 Milliarden Euro eingefahren.
Jeweils fünf Prozent dieser Gelder sollen in die Förderung von Meeresnaturschutz und einer umweltschonenden Fischerei fließen. 90 Prozent sollen zur Senkung der Stromkosten beitragen. Wegen der geschätzten Netzausbaukosten von über 100 Milliarden Euro ist der Erlös aus dieser Auktion aus Sicht von Experten aber eher „ein Tropfen auf den heißen Stein“.
Windkraftnutzung geschieht im Landkreis Vorpommern–Greifswald ausschließlich an Land. Von den 49 für Vorpommern ausgewiesenen Onshore–Eignungsgebieten befinden sich 41 im östlichen Vorpommern, im Landkreis Vorpommern–Rügen dagegen gerade mal 8. Gänzlich unbedeutend für die Gewinnung von Windkraft auf der Ostsee ist Vorpommern–Greifswald dennoch nicht. Denn immerhin wird ein Großteil des auf dem Meer gewonnenen Stroms am Standort Lubmin in das Festland eingespeist.

IT–Fachkräfte gesucht
Der Netzbetreiber 50Hertz beschäftigt allein an seinen Standorten in Lubmin und Greifswald etwa 50 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. In Greifswald geht im Frühjahr ein neues Firmengebäude in Betrieb, und bei Lubmin ist ein neues Umspannwerk geplant. In den nächsten sieben Jahren werde sich die Zahl der Beschäftigten im Landkreis Vorpommern–Greifswald nochmals verdoppeln, kündigt Personalchefin Isabell Nowak an. „Wir suchen vor allem Fachingenieure und Meister für IT, Elektrotechnik, Mechatronik, aber auch Kabel– und Bautechniker.“ Bewerbungen seien online möglich.