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Erinnerung an Kriegsende

Mutige Familie rettete Usedom vor der Zerstörung

Usedom / Lesedauer: 3 min

Erika Gruner war noch ein junges Mädchen, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. Bei der Enthüllung einer Gedenktafel berichtete sie von den Ereignissen vor 78 Jahren. 
Veröffentlicht:06.05.2023, 06:29

Von:
  • Matthias Diekhoff
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Der 4. Mai 1945 war ein sonniger Tag. Erika Gruner, geborene Rebuck, spielte mit ihrer älteren Schwester in Usedom am Bahndamm. Das war den Töchtern des damaligen stellvertretenden Bahnhofsvorstehers Erich Rebuck eigentlich streng verboten, zumindest solange auf der Strecke noch Züge fuhren.

Seit der Sprengung der Karniner Brücke am 29. April 1945 war dies jedoch nicht mehr der Fall. Plötzlich bemerkten die Mädchen in einiger Entfernung seltsame Gestalten, die sich geduckt am Bahndamm entlang bewegten. Sie informierten den Vater und der meinte gleich, das könnten „die Russen“ sein.

Mit weißer Fahne den Russen entgegen

Er bat seine Frau Elsbeth um ein weißes Tuch, befestigte es an einem Besenstiel und erklärte: „Ich gehe hin.“ Die Frau des Bahnhofsvorstehers meinte allerdings: „Wenn, dann gehen wir alle.“ Und so ging die ganze Familie den Sowjetsoldaten entgegen, ohne zu wissen, was sie erwarten würde.

Als wären sie erst ein paar Tage her, berichtete Erika Gruner jetzt in ihrer Heimatstadt von diesen Ereignissen, die tatsächlich schon 78 Jahre zurückliegen. Anlass war die Enthüllung einer Tafel am Rathaus der Stadt Usedom, die künftig eben an jenen besonderen Tag kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges erinnern soll.

Ein historisches Ereignis in jeder Hinsicht, wie Bürgermeister Olaf Hagemann befand. Schließlich führte die mutige Tat der Familie Rebuck dazu, dass Usedom von Zerstörung verschont blieb, indem die Stadt friedlich an die Rote Armee übergeben wurde. Ein Schicksal, das zum Beispiel Anklam nicht vergönnt war.

Usedoms Bürgermeister Olaf Hagemann enthüllte die Gedenktafel am Usedomer Rathaus im Rahmen einer Feierstunde. (Foto: Matthias Diekhoff)

Gedenktafel erinnert an historischen Tag

Doch damit war der Tag für die Familie Rebuck noch nicht zu Ende. Als nämlich die Sowjetsoldaten, die inzwischen immer mehr geworden waren, auf dem Usedomer Markt ankamen, wo sich inzwischen auch schon etliche Einwohner versammelt hatten, kam einer der Offiziere mit einem polnischen Zwangsarbeiter ins Gespräch.

Dank dessen Fürsprache wurde Erich Rebuck umgehend vom Kommandanten Labischew zum Bürgermeister der Stadt erklärt und per Hand ein entsprechendes Schriftstück aufgesetzt, das sich heute im Usedomer Rathaus befindet, wie Erika Gruner berichtete. 

Mit der Enthüllung der Tafel kam nun ein Projekt zu einem guten Ende, das bereits vor einigen Jahren angestoßen wurde, hieß es bei der Feierstunde am Donnerstagnachmittag. In deren Rahmen trug der Usedomer Pastor Christoph Tiede eine Gebet vor und auch das Pommernlied erklang ebenso wie die sogenannte Friedensglocke der Usedomer Kirche, die immerhin schon aus dem Jahr 1639 stammt, also aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges.