Bezahlung
Peenemünde–Mitarbeiter sauer auf das Land
Peenmünde / Lesedauer: 4 min

In einem Brief hat der Betriebsrat des Historisch–Technischen Museums Peenemünde (HTM) eine eklatante Unterbezahlung der Mitarbeiter öffentlich angeprangert. Demnach erhalten die Beschäftigten seit Jahren durchschnittlich 30 Prozent unterhalb des geltenden Tarifniveaus. Den Angaben zufolge handelt es sich um etwa 25 Mitarbeiter, die betroffen seien.
Vorwürfe an Ministerium und Staatskanzlei
Obwohl Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) die Tariftreue zu einer zentralen politischen Mission ihrer Regierung erklärt habe und ihr Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) sogar ein Tariftreuegesetz angekündigt habe, weise die Staatskanzlei jegliche Zuständigkeit für eine faire Bezahlung von sich, heißt es in dem Schreiben. Und das Kulturministerium in Person von Ministerin Bettina Martin (SPD) und Staatssekretärin Susanne Bowen vertröste die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein ums andere Mal mit Bekundungen des guten Willens.

Aus dem Kultusministerium hieß es, man bemühe sich um Verbesserungen für die Mitarbeiter. „Die Landesregierung will eine tarifgerechte Entlohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherstellen. Die Verhandlungen über die Forderungen der Beschäftigten des HTM Peenemünde laufen auf Hochtouren“, erklärte Ministerin Bettina Martin (SPD). Das wisse auch der Betriebsrat, der in die Gespräche eingebunden sei, sagte sei weiter.
Betriebsrat zeigt sich skeptisch
Der HMT–Betriebsrat hat am Erfolg weiter Zweifel. Es lasse sich nicht erkennen, dass in Schwerin tatsächlich jemand im Sinne der Belegschaft zielgerichtet handele. „Vielmehr vermitteln die immer weiter verstreichende Zeit und eine ausbleibende Kommunikation mit dem Betriebsrat den Eindruck, dass das Ministerium den Prozess lediglich verschleppen will.“ Der Landesregierung scheine das Wohl ihres eigenen Unternehmens und dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern — entgegen aller politischen Bekundungen nach außen — schlicht egal zu sein.

Seit der Gründung als gemeinnützige Gesellschaft im Jahr 2010 sei keine institutionelle Förderung vorgesehen gewesen, kritisiert Betriebsratschef Philipp Aumann. Und mit dem angestrebten Tariftreuegesetz dürften öffentliche Gelder auch nur noch an tarifgebundene Arbeitgeber vergeben werden. Damit wäre die landeseigene HTM selbst nicht mehr förderfähig und dürfte für die Erarbeitung einer neuen Dauerausstellung, die Land und Bund mit je fünf Millionen Euro förderten, keine Mittel mehr erhalten.
Das Unternehmen könne nur so viel Gehalt auszahlen, wie es selbst Geld erwirtschafte. Das wiederum bedeute, dass bei stetig steigenden Ausgaben das Museum nur dadurch weiter zahlungs– und handlungsfähig sei, indem es die nach gültigen Tarifverträgen vorgesehenen Lohnsteigerungen nicht mitgehe. Das sei nicht weniger als ein sozialpolitischer Skandal, umso mehr in einer Zeit, in der alle mit handfesten Preissteigerungen in vielen Bereichen konfrontiert seien. Zudem sei es ein kulturpolitischer Offenbarungseid, dass eines der besucherstärksten Museen des Landes und eine der bundesweit wichtigsten historischen Erinnerungseinrichtungen, von der die Landesregierung das Agieren auf europäischem Spitzenniveau erwarte, nicht annähernd adäquat finanziert werde.
In Schwerin setzt man dieser harschen Kritik einen Zeitplan entgegen, der schon in naher Zukunft zu Änderungen führen könnte und nach Martins Angaben sogar mit den Beschäftigten abgestimmt sei. Danach habe die Landesregierung die MV–Beratung des Finanzministeriums im November 2022 beauftragt, die Umsetzung einer tarifgerechten Vergütung vorzubereiten. „Es werden nach Gesprächen mit allen Mitarbeitenden derzeit Arbeitsplatzbeschreibungen einschließlich Tätigkeitsdarstellung und -bewertung für alle aktuell besetzten Stellen des HTM erstellt“, beteuert Bettina Martin. Ergebnisse würden bis 31. März 2023 erwartet, ursprünglich sei ein Zeitraum bis maximal Ende April vereinbart worden. „Die Ergebnisse werden dann den Beschäftigten kommuniziert und voraussichtlich in der nächsten Aufsichtsratssitzung vorgestellt“, sagte sei weiter.

Doch die Geduld der Belegschaft ist offenbar erschöpft. Der Betriebsrat und die Mitarbeiter des Museums sind den Angaben zufolge mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Gespräch, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Erwogen werden Maßnahmen bis hin zu einem „formalen Arbeitskampf, sprich Arbeitsniederlegung“, wie der Betriebsrat andeutet.