Demo verboten

▶ Proteste gegen Corona-Politik und Gegendemos in Vorpommern

Vorpommern / Lesedauer: 9 min

In Vorpommern-Greifswald sind am Montagabend wieder hunderte Menschen in Greifswald, Pasewalk und Penkun auf die Straße gegeangen. Der Protestzug in Anklam wurde verboten.
Veröffentlicht:14.02.2022, 19:25

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Wie in den letzten Wochen versammelten sich im Nordosten wieder Menschen, um ihren Unmut gegen die aktuelle Corona-Politik und eine Impfpflicht zum Ausdruck zu bringen. In Vorpommern-Greifswald wurden Versammlungen in Greifswald, Pasewalk und Penkun angemeldet. In den vergangenen Wochen gab es auch immer wieder Corona-Demos in Anklam und Torgelow, die selten oder gar keinen Anmelder hatten.

Demo in Anklam verboten

Der Landkreis Vorpommern-Greifswald hatte am Montag nichtangemeldete Versammlungen in Anklam verboten. Die Polizei unterband am Abend erstmals den Protestzug durch die Stadt. Rund 200 Personen hatten sich laut Polizei am Marktplatz eingefunden. In den vergangenen Wochen zogen teils über 350 Menschen durch Anklam und demonstrierten gegen die Corona-Maßnahmen und eine Impfpflicht.

Am Montag hatte der Landkreis den regelmäßigen Corona-Protestzug durch Anklam verboten, sollte sich kein Anmelder f (Foto: Mareike Klinkenberg)

Da sich kein Anmelder für den Protestzug fand, sperrte die Polizei den Anklamer Markt und die abführende Straßen und Wege ab und hinderte die Teilnehmer der Corona-Demo daran, wie in den vergangenen Wochen durch die Stadt zu ziehen. Die Polizei verkündete, dass eine stationäre Versammlung auf dem Markplatz möglich sei und erließ Auflagen, wie das Tragen von Mund-Nase-Masken. Ein Protestzug wurde nicht erlaubt.

Nix ging mehr für etwa 40 Minuten, auch wenn ein kurzer Versuch gestartet wurde, die Polizeiabsperrungen zu umgehen. Gegen 18.20 Uhr waren nach Polizeiangaben noch rund 100 Menschen auf dem Marktplatz. Fünf Personen wurden von der Polizei festgestellt, die der Maskenpflicht nicht nachkamen. Gegen sie wurde eine Anzeige wegen Ordnungswidrigkeit gestellt. Nach und nach verließen immer mehr Menschen einzeln den Marktplatz, gegen 18.35 Uhr löste die Polizei die Absperrungen auf, da zuvor die meisten Teilnehmer den Platz verließen. Aus Sicht der Polizei war die "stationäre  Versammlung" hiermit beendet.

Laut einem Polizeisprecher wurde anschließen in der Fischstraße eine Gruppe von 50 Personen festegestellt, die sich Form "eines untersagten Aufzuges bewegte". Einsatzkräfte sprachen die Gruppe per Lautsprecher an und wiesen auf einen Verstoß gegen die Versammlungsauflagen hin. Mehrere Personen entfernten sich daraufhin, insgesamt 23 Personen kamen laut Polizei den Auflagen wie der Maskenpflicht nicht nach. Bei den Personen wurde die Identität festgestellt und Anzeige wegen Ordnungswidrigkeiten gestellt.

Ein Teilnehmer leistete laut Polizei aktiven Widerstand gegen die Feststellungsmaßnahme und erhielt zusätzlich eine Strafanzeige wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Eine angemeldete Mahnwache des Bündnisses „Anklam ist bunt” fand von 17.45 bis 18.30 Uhr direkt vor dem Rathaus wie schon in den Vorwochen unter dem Motto ""Solidarität, Demokratie und Gewaltfreiheit" statt und fand rund 20 Unterstützer. Im Unterschied zur Vorwoche wurden dieses Mal nicht mit hunderten Kerzen den Corona-Toten gedacht.

Die angemeldete Mahnwache vor dem Rathaus für Solidarität in der Pandemie des Bündnisses „Anklam ist bunt (Foto: Mareike Klinkenberg)

Teilnehmerzahlen in Greifswald leicht rückläufig

In der Universitäts- und Hansestadt Greifswald fanden auf dem Marktplatz zwei angemeldete stationäre Versammlungen statt, eine dritte Versammlung wurde anschließend in Form eines angemeldeten Aufzuges durchgeführt. Unter dem Motto: "Mein Körper, meine Wahl – für echte Impffreiheit und verhältnismäßige Politik" versammelten sich bei der wiederkehrenden, stationären Versammlung ca. 450 Teilnehmer. Die Auflage zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung wurde nicht von allen Teilnehmern eingehalten. Die Versammlungsteilnehmer wurden zusätzlich aktiv von den Einsatzkräften angesprochen und zum Tragen einer Maske aufgefordert. Die Versammlung wurde gegen 20.15 Uhr ohne weitere Störungen beendet.  Im Vergleich zu den letzten Demonstrationen, waren die Teilnehmerzahlen leicht rückläufig.

Am Montag kamen zur angemeldeten Demo gegen die Pandemie-Politik rund 450 Teilnehmer nach Greifswald. Bei den Redebeiträgen ging es auch um die Ukraine-Krise und Bundespräsident Steinmeier. (Foto: Maximilian Lill)

Die Gegendemonstration des Bündnisses „Greifswald für alle“ machte unter dem Motto "Solidarität statt Hass und Hetze!" lautstark auf sich aufmerksam. Aus Lautsprechern tönte Rapmusik mit Aufrufen sich Impfen zu lassen. An der stationären Versammlung nahmen in der Zeit von 19 Uhr bis 20.15 Uhr laut Polizei in der Spitze knapp 120 Personen teil. An die erteilten Auflagen der Versammlungsbehörde, darunter auch eine medizinische Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, hielten sich alle Teilnehmer dieser Versammlung.

Auch die Themen der Kritiker der Pandemiemaßnahmen haben sich leicht gewandelt. Wo die letzten Wochen noch allein Corona die Themen der Redner bestimmte, waren diesmal auch Beiträge zur Ukraine-Krise und die Wiederwahl Frank-Walter Steinmeiers als Bundespräsident Thema. Andreas Pieper, der Veranstalter der Demonstration, begründete das Ganze damit, dass man versuche in einem sekundären Narrativ "auch die Russland-Hetze Steinmeiers" zu thematisieren.

Sitzblockaden bei Protestaufzug

Eine dritte Versammlung fand im Anschluss als angemeldeter Aufzug statt. Unter dem Motto "Lasst uns wieder WIR sein!" starteten gegen 20.20 Uhr ca. 600 Menschen vom Marktplatz durch das Greifswalder Stadtgebiet. Die überwiegende Anzahl der Teilnehmer aus der zuvor beendeten stationären Versammlung "Mein Körper, meine Wahl – für echte Impffreiheit und verhältnismäßige Politik" nahm an diesem Aufzug teil. Der Auflage zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung kamen zahlreiche Teilnehmer des Aufzuges nicht nach, sodass die Polizei den Aufzug gegen 20.35 Uhr in der Walther-Rathenau-Straße stoppte. Anschließend wurde Kontakt zur Versammlungsleitung aufgenommen, welche anschließend auf die Einhaltung der Maskenpflicht hinwies. Die Versammlungsteilnehmer wurden zudem aktiv von den Einsatzkräften angesprochen und zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung aufgefordert. Nachdem der überwiegende Teil der Personen dieser Aufforderung nachkam, durfte sich der Aufzug wieder in Bewegung setzen, teilte die Polizei am späten Abend mit.

Gegen 21 Uhr kam es entlang der Aufzugsstrecke im Bereich der Karl-Krull-Straße zu einer Sitzblockade mit ca. 50 Personen, an der der Aufzug vorbeigeführt wurde. Der Aufzug erreichte gegen 21.30 Uhr den Markplatz in Greifswald und wurde beendet.

Video von Greifswalder Corona-Demo und Gegenprotest:

Bis auf wenige Pöbeleien mittels Megaphonen zwischen den beiden Versammlungen, blieb es allerdings ruhig.

Mehre Demos in Südvorpommern

Etwas weniger Demonstranten als in den Vorwochen sind am Montagabend in Pasewalk und Penkun gegen Corona-Politik und -Maßnahmen auf die Straße gegangen. Rund 300 Teilnehmer schätzte Organisator Dirk Stegemann zu Beginn der Veranstaltung auf dem Marktplatz in Pasewalk. Mehr als 80 hatte Heinz Timm in Penkun gezählt.

Bei vorangegangenen Demos hatten sich in Pasewalk bis zu 500 Menschen versammelt, in Penkun waren es knapp 100. Die Ursachen für den leichten Rückgang sah Heinz Timm in den Ferien und dem Valentinstag. Manche seien verreist, andere hätten am Tag der Liebe etwas anderes zu tun als politisch aktiv zu werden. Mit-Organisatorin Swietlana Lewicka trug dann auch ein großes, rotes Herz durch die Stadt. Dirk Stegemann in Pasewalk rechnete damit, dass sich unterwegs noch weitere Teilnehmer anschließen würden.

Neben ihm ergriff auch Demo-Teilnehmer Jens Gunkel aus Krugsdorf das Wort. „Wir sollten spazieren gehen, Sport treiben, feiern und Spaß machen“, sagte er. Das halte gesund, wohingegen Corona-Maßnahmen krank machen würden.

Dirk Stegemann erinnerte an der Grundsätze der Initiative „Pasewalk steht auf“. „Wir stehen für eine freie Impfentscheidung für alle Menschen und gegen eine partielle wie auch allgemeine Impfpflicht, den Schutz unserer Kinder und die Abschaffung von Masken- und Testpflicht und die Wahrung und Wiederherstellung unserer Grundrechte.“ Außerdem fordere die Initiative, dass die Bevölkerung stärker in politische Entscheidungen einbezogen wird, die Abschaffung von 2G- oder ähnlichen Regeln und Einhaltung des Datenschutzes. Für das und mehr wolle man friedlich auf die Straße gehen.

Video von Demo gegen Corona-Maßnahmen in Pasewalk:

Mit Trommeln, Trillerpfeifen, Fackeln, Fahnen und Plakaten gingen die Demonstranten in Pasewalk unter dem Motto "Stoppt den Maßnahmenterror" nach dem Beginn auf dem Marktplatz Richtung Volkskulturpark. Rund dreieinhalb Kilometer lang war ihre Route durch die Stadt. Auf Transparenten war unter anderem zu lesen, „Lieber gefeuert als geimpft“, „Weg mit der Zwangsimpfung, weg mit dem Mundschutz“ oder „Wieder lachen ohne Maske, Großeltern umarmen ohne Angst“.

Der Mediziner Heinz Timm wies in Penkun auf den Impfstoff Valneva hin, der im April zugelassen werden solle. „Das ist ein echter konventioneller Ganz-Virus-Totimpfstoff. Hierzu könnte ich, der ich kein genereller Impfgegner bin, notfalls ‚Ja‘ sagen, allerdings auch mit Bauchschmerzen, da er in nur zwei Jahren entwickelt wurde.“ Normalerweise dauere die Entwicklung eines Impfstoffs sechs bis 15 Jahre. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht am vergangenen Freitag den Eilantrag gegen die Impfpflicht in Gesundheitsberufen abgelehnt, das bedeute jedoch nicht, dass auch die Verfassungsklage abgelehnt werde.

Bei sieben Personen der Pasewalker Demo führten Polizei-Einsatzkräfte eine Identitätsfeststellung durch, da sich die Teilnehmer dauerhaft weigerten, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. In allen Fällen wurden Ordnungswidrigkeitenanzeigen auf Grund des Verstoßes gegen Auflagen nach dem Versammlungsgesetz erstattet, teilte die Polizei am späten Abend mit.

Die Organisatoren Heinz Timm und Swietlana Lewicka der Penkuner Corona-Demo. (Foto: Susanne Böhm)

In Torgelow liefen von 17.15 bis 18.50 Uhr rund 120 Demo-Teilnehmer wie in der Vorwoche durch die Stadt, Start und Ende war auf dem Markplatz. Die Polizei hätte ihr Möglichstes versucht. Doch trotz reichlich guten Zuredens gelang es Einsatzleiter Sven Fiske und Gruppenführer René Exner am Abend wieder nicht, dass die Torgelower Spaziergänger einen Versammlungsleiter aus ihrer Mitte benannten. Die Demonstranten fanden sich erneut kurz vor 17 Uhr am Markt ein und wollten ihren Protest gegen die Corona-Maßnahmen kundtun. Am Ende galt die Versammlung wieder nicht angemeldet.

Die Polizisten ließen die rund 120 Teilnehmer – als etwa 30 weniger als in der Vorwoche – trotzdem losmarschieren, unter der Auflage, dass alle Masken tragen. Sie durften aber nur auf dem Bürgersteig gehen. So begleiteten die Beamten die Personen durch die Bahnhofstraße, die Karlsfelder und viele andere Straßen. „Jugend gegen den Corona-Wahnsinn“, stand auf einem Banner. „Widerstand“, erschallte es immer wieder durch Megafone. Und es wurde der Rücktritt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gefordert.

Laut Polizei führten Einsatzkräfte bei drei Personen eine Identitätsfeststellung durch, da diese sich dauerhaft weigerten, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Gegen die Betroffenen wurden Ordnungswidrigkeitenanzeigen auf Grund des Verstoßes gegen Auflagen nach dem Versammlungsgesetz erstattet. Zudem wurde bei einem Teilnehmer Pyrotechnik festgestellt, gegen ihn wurde eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz erstattet. Darüber hinaus wurde wegen der Durchführung einer nicht angemeldeten Versammlung ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet.

Mehr lesen: Polizei ermittelt nach Demo in Torgelow

Die Demonstration war wie in Anklam nicht angemeldet, konnte aber stattfinden. (Foto: Eckhard Kruse)

Übersicht im Nachbarkreis: ▶ Corona-Proteste in der Seenplatte am Montag


Diese Demo-Übersicht wurde im Laufe des Abends mehrmals aktualisiert.