Unternehmer macht die Kartoffel wieder hip
Greifswald / Lesedauer: 5 min

Die meisten Menschen lieben sie und ihre vielfältigen Zubereitungsformen: die Kartoffel. Egal, ob als Püree, Pommes oder ganz klassisch als gekochte Salzkartoffeln – für viele sind die Knollen ein fester Bestandteil des Speiseplans. Nicht jedoch bei jenen, die sich Low Carb ernähren und damit den Anteil der Kohlenhydrate an der täglichen Nahrung reduzieren.
Abitur nachgeholt mit der Abschlussnote 1,0
Ihre Mahlzeiten bestehen hauptsächlich aus Gemüse, Milchprodukten, Fisch und Fleisch. Auf Kartoffeln, die zwar wenig Kalorien, aber mit 15 Gramm pro 100 Gramm einen relativ hohen Kohlenhydratgehalt haben, wird weitestgehend verzichtet. Bis jetzt zumindest. Denn Andreas Moll, ein BWL-Student aus Greifswald, hat zusammen mit seiner Freundin lange darüber nachgedacht und viel ausprobiert, um Kartoffelprodukte wie Gnocchi oder Kartoffelbrei auch Low Carb genießen zu können. Nun möchte Moll die Firma „Hanse Deeg – Die Low Carb Werft“ gründen, um die Produkte in den Verkauf zu bringen.
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Und wie kam es zu dieser Produktidee? „Das ist vor allem persönliches Interesse. Ich ernähre mich seit mehr als zehn Jahren Low Carb. Das ist für mich der Weg, um Gewicht zu reduzieren und auch zu kontrollieren – denn ich habe auch schon mal 20 Kilogramm mehr gewogen“, berichtet der 35-Jährige. „Doch je stressiger das Leben ist, umso schwieriger ist auch die Low-Carb-Ernährung. Die frische Zubereitung kostet oft viel Zeit und die muss man erst einmal haben.“ Dass er mal eine Firma gründen würde, hätte Moll selbst nicht gedacht. Geboren in Greifswald, aufgewachsen im dortigen Neubau-Stadtteil Schönwalde, machte er zunächst den Realschulabschluss. „Damals war das in meiner Familie das Nonplusultra. Ich hätte zwar die Möglichkeit gehabt, aufs Gymnasium zu gehen, aber wenn man zwei ältere Geschwister hat, dann möchte man nicht großartig anders sein“, erzählt Moll.
Gesündere Alternative zu anderen Fertigprodukten
Nach der Schule ist er deshalb auch zur Marine gegangen, wie sein Bruder, und war für acht Jahre Zeitsoldat. Anschließend kam er nach Greifswald zurück, machte eine Ausbildung in einer Bank und wurde zum jahrgangsbesten Bankkaufmann der IHK Neubrandenburg gekürt. Für seinen Bildungsweg sollte es das aber noch nicht gewesen sein. Andreas Moll holte sein Abitur nach – mit der Abschlussnote 1,0! – und studiert mittlerweile im neunten Semester Betriebswirtschaftslehre an der Greifswalder Universität. „Ich hätte eigentlich schon fertig sein können, habe aber nebenbei noch einen Master in Gesundheitsmanagement angefangen. Im Januar würde ich mit meiner Diplomarbeit beginnen und danach die Unternehmensgründung weiter vorantreiben“, berichtet Moll von seinen Plänen.
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Doch woraus fertigt er seine Low-Carb-Produkte? Der Jungunternehmer möchte nicht zu viel verraten, zu groß ist die Sorge, dass ein Konkurrent die Idee aufgreifen könnte. Denn patentieren lassen sich seine Rezepte nicht, wie er sagt. „Die Idee an sich ist einfach. Wir arbeiten mit besonderen Bestandteilen der Kartoffel und Mehlen aus der Low-Carb-Küche, wie zum Beispiel Leinmehl. Das hat deutlich mehr Proteine und Ballaststoffe. Und daraus bauen wir die Produkte wie zum Beispiel die Gnocchi“, erklärt der 35-Jährige.
„Das heißt, das erste, das wir auf den Markt bringen wollen, sind Pulvermischungen, die mit Wasser angerührt und dann in Kochtopf oder Pfanne zubereitet werden.“ Eines betont Andreas Moll immer wieder: „Wir vergleichen unsere Produkte mit anderen Fertigprodukten aus dem Supermarkt, das sind unsere direkten Konkurrenten, zu denen wir eine gesündere und geschmacklich bessere Alternative darstellen wollen. Wir möchten nicht mit Gerichten konkurrieren, die aus frischen Kartoffeln hergestellt werden.“
Puffer mit Erythrit gesüßt
Neben den Gnocchi werde auch an Kartoffelpüree und Klößen gearbeitet. „Außerdem wollen wir eine Tassen-Kartoffelsuppe anbieten, gerade in der kalten Jahreszeit, als Pendant zum klassischen Eiweißshake im Bereich Sportlernahrung“, erklärt Moll. Und es soll auch ein Produkt für Naschkatzen geben, eventuell eine Art Kartoffelpuffer, die mit Erythrit gesüßt sind. Dieses Süßungsmittel, das in der Low-Carb-Küche gern verwendet wird, hat fast keine Kalorien.
Nach der monatelangen Produktentwicklung in der heimischen Küche, zunächst noch auf der Basis von Blumenkohl, möchte Andreas Moll nun auch Experten an seiner Seite wissen, die ihn bei den weiteren Schritten unterstützen. „Deshalb war der diesjährige Sieg beim hochschulübergreifenden Businessplan-Wettbewerb ‚Segel setzen!‘ auch ein guter Startschuss. Es gibt gerade auch eine Kontaktanbahnung mit dem Neubrandenburger Zentrum für Ernährung und Lebensmitteltechnologie. Die begleiten an der dortigen Hochschule die Studiengänge der Lebensmitteltechnologie und darüber haben wir unter anderem die Möglichkeit zu testen, was in der Produktion funktioniert und was nicht“, berichtet Moll.
Zusammenarbeit mit einem Spitzenkoch
Außerdem will er mit einem Greifswalder Spitzenkoch zusammenarbeiten. „Er hat schon mal Gnocchi und Klöße für uns zubereitet, damit wir hochwertige Produkte für die Feinabstimmung haben. Es geht dabei nicht nur um den Geschmack, sondern auch um Aussehen und Konsistenz. Im Januar wollen sie noch einmal zusammen kochen: das Restaurant-Produkt gegen das Low-Carb-Produkt. „Dadurch möchten wir erfahren, was wir gegebenenfalls noch ändern müssten – für das bestmögliche Produkt.“
Das Unternehmen möchte also bei seinem Markteintritt, der Mitte kommenden Jahres geplant ist, mit insgesamt fünf Produkten an den Start gehen und diese über einen Online-Shop vertreiben. Neben den Pulvermischungen gibt es auch die Idee, Tiefkühlprodukte auf den Markt zu bringen und zwar in Form von kohlenhydratreduzierten Pommes. „Aber das ist noch Zukunftsmusik“, so Moll. „Dafür bräuchten wir Gelder, um dieses Produkt weiterzuentwickeln.“
Was bedeutet eigentlich der Firmenname Hanse Deeg? „Hanse bezieht sich natürlich auf unsere norddeutsche Heimat. Und der Begriff Deeg bedeutet auf Plattdeutsch Teig, aber auch gut und fit. Und da war uns sofort klar, das passt perfekt zu uns und unseren Produkten. Unser Logo wird ein pflanzliches Steuerrad sein, dass auch den veganen und nachhaltigen Aspekt unseres Unternehmens mit aufnimmt.“