Musikfestival

Von New York nach Usedom – Philharmonie beendet Corona-Pause

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Für die Gastgeber auf der Ferieninsel Usedom ist es ein Coup: Die New Yorker Philharmoniker kommen nach Peenemünde. Und nicht nur das.
Veröffentlicht:14.05.2022, 07:44
Aktualisiert:

Von:
  • Author ImageSusanne Schulz
Artikel teilen:

Lange bevor in diesem Jahr der erste Ton des Usedomer Musikfestivals erklingt, landen die Gastgeber einen Coup ganz besonderer Art: Ihr erstes Europa-Gastspiel nach zweijähriger Auslandsabstinenz geben die New Yorker Philharmoniker jenseits großer klassischer Konzertbühnen just auf der nordostdeutschen Sonnen- und Kulturinsel, lassen den drei großen Konzerten im Kraftwerk Peenemünde gar noch kammermusikalische Begegnungen in Heringsdorf und Wolgast folgen.

Lesen Sie auch: Rätsel vom Strand in Ahlbeck auf Usedom ist gelöst

Festival-Programm für Usedom steht

Diese Residenz-Reihe ist zu Recht der ganze Stolz der Usedomer Festivalveranstalter, die seit Jahren beharrlich um den hochkarätigen Besuch geworben hatten. Intendant Thomas Hummel habe als Visionär mit „Ideen, die man zunächst gar nicht zu denken wagt“, alle Mitstreiter „infiziert“, sagt Hotelier Rolf Seelige-Steinhoff, Vorsitzender des Fördervereins Usedomer Musikfreunde. Das Gastspiel des New York Philharmonic kröne nun das saisonverlängernde Profil zwischen den Usedomer Literaturtagen im Frühjahr und dem Usedomer Musikfestival im Herbst, das diesmal vom 17. September bis 8. Oktober stattfindet. Am Sonnabend beginnt der Vorverkauf für die Veranstaltungen, die in diesem Jahr im Zeichen Estlands stehen.

Große Versprechen für Musik-Fans

Einmal mehr erweise sich da, „dass kleine Länder oft musikalische Riesen sind“, verheißt Festivalsprecher Alexander Datz. Dramaturg Jan Brachmann macht neugierig auf die vielschichtige Kultur des nördlichsten baltischen Landes. „Wir wollen den ganzen geschichtlichen Reichtum Estlands abbilden“, verweist er auf die wechselvolle, unter anderem deutsch, dänisch und russisch beeinflusste Geschichte des seit 1991 wieder unabhängigen Landes.

Lesen Sie auch: Wie schafft man mehr Akzeptanz zwischen Einheimischen und Touristen?

Vom „Ur-Instrument“ Kannel (eine Art Zitter), das am 2. Oktober unter dem Motto „Bach auf Estnisch“ im Atelier Otto Niemeyer-Holstein bei Koserow erklingt, reicht die Spanne über Spuren baltendeutscher Geschichte oder Musik aus Estlands erster Unabhängigkeitszeit in den 20er Jahren bis hin zur Deutschen Erstaufführung „Schoß des ungeheuren Lichts“ beim Abschlusskonzert am 8. Oktober mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester.

Sängerfest in Wolgast geplant

Zudem werde das Publikum „die namhaftesten Künstler der Gegenwart aus Estland“ erleben, kündigt Brachmann an und meint damit nicht nur Dirigent Kristjan Järvi, der im Sommer 50 Jahre alt wird und am 17. September das Eröffnungskonzert des Festivals mit dem Baltic Sea Philharmonic leitet. Erwartet werden zum Festival unter anderem auch die prominente Liedermacherin Mari Kalkun oder der Sportreporter und Jazzpianist Joel Remmel.

Mehr als 20 Spielstätten auf der Insel (darunter Kirchen und Hotels und auch das Kulturhaus im polnischen Swinoujscie) werden bedacht bei den rund 35 Konzerten mit gut 350 Mitwirkenden – fast 100 sind es allein beim estnischen Sängerfest am 24. September in Wolgast. Bewusst wurde dazu nicht ein Profi-Ensemble, sondern der Chor der Estnischen Akademie der Wissenschaften eingeladen, erklärt Brachmann: „Wir wollen zeigen, wie tief Estlands Kultur im Laienschaffen verwurzelt ist“; gerade in einem Volk, das lange Zeit seine eigene Sprache nicht sprechen durfte und über das der Komponist Jüri Reinvere sagte: „Worüber man nicht sprechen kann, davon kann man wenigstens singen.“

Lesen Sie auch: Ukrainerin mit Usedomer Literaturpreis ausgezeichnet

Ein weiteres Kapitel wird aufgeblättert, wenn Schauspielerin Martina Gedeck am 2. Oktober in Heringsdorf aus Viivi Luiks Roman „Der siebte Friedensfrühling“ liest: Entstanden in der Perestroika-Stimmung der 80er Jahre, erzählt er von der frühen Stalin-Zeit in Estland aus der Perspektive eines kleinen Mädchens, das – so die Gastgeber – „allem Schrecklichen mit frecher Unbefangenheit ins Auge sieht“.

Musikpreis geht an jungen estnischen Geiger

Ein musikalisches Experiment mit einem Strandkonzert in Ahlbeck gehört ebenso zum Festivalprogramm wie eine musikalische Inselrundfahrt ins Usedomer Achterland, eine Synagogentour bis nach Dargun und Stavenhagen oder Projekte mit Schülern – und, nicht zu vergessen, der Usedomer Musikpreis. Den erhält der 23-jährige Hans Christian Aavik, laut Brachmann „gegenwärtig eine der größten Geigenbegabungen in Europa“. Gemeinsam mit seiner Klavier- (und Lebens-)Partnerin Karolina Zhukova wird er in Karlshagen und Heringsdorf zu erleben sein.

Das Festivalprogramm ist veröffentlicht unter www.usedomer-musikfestival.de. Karten gibt es ab Sonnabend bei allen Vorverkaufsstellen mit dem Ticketportal reservix.de, in den Kurverwaltungen der Insel Usedom sowie im Festivalbüro in der Villa Irmgard in Heringsdorf, Maxim-Gorki-Straße 13.