Weitblick und Waldblick auf der Insel Usedom
Heringsdorf / Lesedauer: 4 min

Unendliche Weiten. Egal in welche Richtung man sich dort oben in luftiger Höhe wendet, der Blick ist fantastisch. Auf einer Seite liegt einem die Ostsee zu Füßen, auf der gegenüberliegenden schaut man ins Hinterland der Insel Usedom bis zum Achterwasser.„Bei klarem Wetter ist sogar die Insel Rügen zu erkennen“, sagt Projektleiter Mathias Gütersloh.
Unter seiner Führung hat die Erlebnis Akademie AG aus dem bayrischen Bad Kötzting in den vergangenen Monaten einen 33 Meter hohen Aussichtsturm in Heringsdorf errichtet. Und nicht nur das. Denn der Turm ist ausschließlich über einen rund 1 350 Meter langen Baumwipfelpfad zu erreichen. Dieser schlängelt sich auf einer Höhe von bis zu 23 Metern durch den Wald und präsentiert den Besuchern die sie umgebende Natur aus einer ganz neuen Perspektive. Die Eröffnung von Usedoms neuester Sehenswürdigkeit ist für das Frühjahr geplant.
Schon länger gab es die Idee, auf der Insel einen Baumwipfelpfad zu errichten. Konkreter wurde das Vorhaben, als Heringsdorf 2016 mit der Erlebnis Akademie AG Kontakt aufnahm. Doch nicht jeder vor Ort war sofort von diesem geplanten Projekt begeistert. Unter anderem wurden zu starke Eingriffe ins Landschaftsbild befürchtet. Im Rahmen der Standortwahl gab es auch eine Prüfung von Alternativen, die jedoch alle verworfen wurden. Denn gerade was die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr betrifft, erwies sich der jetzige Standort direkt hinter dem Heringsdorfer Bahnhof als perfekt. Und so konnte vor etwa einem Jahr endlich mit den Bauvorbereitungen begonnen werden.
Überraschende Entdeckung im Boden
Doch durch Corona-bedingte Einschränkungen kamen die Arbeiten nicht so rasch voran wie gewöhnlich. Normalerweise würden sie für den reinen Pfad- und Turmbau nur drei bis vier Monate benötigen, erklärt Mathias Gütersloh. Auch beim Besucherzentrum, das neben dem Ein- und Ausgang die Büroräume, ein Restaurant und einen Shop beherbergt, gab es unvorhersehbare Verzögerungen.
Zunächst sollte die ehemalige Strandkorbhalle in ihrer Form erhalten bleiben und nur innen ausgebaut werden. Dann entschieden sich die Verantwortlichen doch für einen Neubau. Nach dem Abriss des Gebäudes kam eine alte Mülldeponie zum Vorschein und der belastete Boden musste aufwendig ausgetauscht werden, bis die Bauarbeiten weitergehen konnten.
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Nun gehen die Arbeiten so langsam in Richtung Zielgerade. Turm und Pfad sind fertiggestellt. Das Besucherzentrum steht kurz vor dem Ende der Rohbauphase und auch im Inneren wird bereits fleißig gewerkelt. In den kommenden Wochen wird noch die Außenanlage gestaltet, ein Spielplatz errichtet und oben auf dem Pfad sollen Lernstationen aufgebaut werden, die unter anderem Wissenswertes über die heimische Flora und Fauna vermitteln.
Nervenkitzel für Schwindelfreie
Auch verschiedene Erlebnisstationen laden zum Mitmachen ein. Wer traut sich um Beispiel ein Balancieren in luftiger Höhe zu? Noch mehr Nervenkitzel bietet das 50 Quadratmeter große und begehbare Netz auf der obersten Turmplattform. Der viereckige Aussichtsturm ist übrigens der alten Bismarckwarte nachempfunden. Diese wurde im Juni 1907 nur unweit vom Baumwipfelpfad auf dem Präsidentenberg eingeweiht. Im Mai 1946 fiel der Turm einer Sprengung durch die Sowjetarmee zum Opfer.
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Wichtig ist dem Unternehmen bei all seinen Projekten, den Eingriff in die Natur so gering wie möglich zu halten. So bestehen Pfad und Aussichtsturm vor allem aus Douglasien- und Lärchenholz. Diese Holzkonstruktion soll sich optisch in den Waldbestand einfügen. Nur einzelne Elemente sind aus Stahl.
Die Bayern investieren rund acht Millionen Euro in den Pfad. Förderung erhält das Projekt von der EU aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung in Höhe von rund 1,9 Millionen Euro. Derzeit laufen schon Bewerbungsgespräche für die 23 Dauerarbeitsplätze, die mit dem Baumwipfelpfad geschaffen werden.
Weiterer Baumwipfelpfad im Norden geplant
Baumwipfelpfade sind beliebte Ausflugsziele. Und so wundert es auch nicht, dass immer mehr von ihnen errichtet werden. Die Erlebnis Akademie AG zählt dabei zu den führenden Anbietern und hat sich auch international im naturnahen Freizeit- und Erlebnisbereich einen Namen gemacht. Allein in Deutschland wurden bereits vier solcher Baumwipfelpfade eröffnet: im Schwarzwald, im Bayrischen Wald, an der Saarschleife und auf der Insel Rügen. Mit Heringsdorf sind es also bald fünf. Einen sechsten Pfad will das Unternehmen noch in diesem Jahr bei Bad Doberan in Angriff nehmen.